Kapitel 11

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Der Raum ist erfüllt von angespannter Stille, und ich stelle mir die Herausforderung vor, die vor mir liegt. Sanzu verlässt das Zimmer, und ich bleibe allein zurück, während sich die düsteren Gedanken um meine Aufgabe und die drohende Gefahr in meinem Kopf wirbeln.
Unsicherheit und Furcht begleiten mich, als ich mich darauf vorbereite, eine Rolle zu spielen, die ich nie gewählt habe.

„Bist du fertig? Dann komm", sagt Sanzu beinahe schon genervt. Ich verlasse das Zimmer und steuere auf den Papierhaufen zu, wo der andere Typ sitzt und nicht mehr an seinem Taschenrechner tippt.

Das ist also sie? Wegen ihr habe ich gestern auf die Haitani Brüder gewartet – und das nicht gerade wenig. Mir wurde gesagt, sie sei hässlich", sagt der Typ. Das muss wohl dieser Koko sein. Ich erinnere mich schwach an den Namen, aber ich weiß, dass da doch etwas war. Die Brillenschlange hatte zu Ran gesagt, dass da jemand wartet.

„Kokonoi, check sie ab und bring alles an", fordert Sanzu ihn auf. Kokonoi passt irgendwie nicht zu ihnen, zu allen irgendwie nicht. Er hat einen femininen Touch und wirkt viel aufgeblühter. Und er ist der Erste, der nett ist und mir sogar ein Kompliment macht.

Wahrscheinlich wegen des Kleids, das ich trage, was mich anders wirken lässt. In meinem normalen Aufzug hätte er bestimmt anders gedacht. Kokonoi kommt näher, zieht ohne jegliche Vorwarnung mein Kleid hoch, und mit einem Schrei gebe ich bekannt, dass ich mich erschrocken habe und es mir nicht gefällt.

Ruhig bleiben, guck weg, ich will dich nur verwanzen. Wir wollen ja schließlich alles mithören", sagt Koko und lacht. Verwanzen? Oh, die meinen irgendwo ein Kabel, womit sie jedes meiner Wörter hören können?

Scheiße, hören die wirklich alles, was ich sage? Das gefällt mir gar nicht. Überhaupt gar nicht. Also muss ich mir noch mehr Mühe geben.

Dieser Typ da, ich mag ihn auch nicht. Keine Sorge", flüstert Koko und zeigt auf Sanzu, der uns den Rücken gekehrt hat. Seine Geste und seine Worte lassen mich aufatmen – wahrscheinlich das erste Mal vom Herzen. Aber ehe ich es getan habe, bereue ich es auch schon.

Was lachst du so? Was gibt's da zu lachen?" fragt Sanzu mich, und schon wieder kommt er auf mich zu. Ich weiß nicht wieso, aber ich habe mich direkt hinter Koko versteckt.

Sachte, mein Freund, wir brauchen sie noch. Entstell sie doch nicht direkt wie die anderen", sagt der Freundliche. Okay, das war zu viel des Guten. Jetzt bin ich von allem überzeugt, dass mit Sanzu alle Vorsicht der Welt geboten ist.

Kokonoi fuchtelt noch etwas an mir herum, zupft mich hier und da zurecht und beendet alles mit den Worten: „Fertig, meine Hübsche. So kannst du dich sehen lassen." Meine hübsche ich glaube der sollte sich dringend die Brille von Rindou leihen.

Sanzu, der seine Maske inzwischen nicht mehr trägt, schaut mich komisch von unten bis oben an. Allerdings kann ich seine Blicke nicht deuten, denn er ist eine größere Laune der Natur als Ran es ist. Ach, Ran. Ich weiß nicht, wieso ich ausgerechnet jetzt an ihn denke, aber ich vermisse ihn in der Gegenwart von diesem Narbengesicht. Selbst die Sticheleien von Rindou fehlen mir.

Im Vergleich zu den Haitani Brüdern ist die Anwesenheit von Sanzu die Hölle. Ich denke, er und ich werden niemals miteinander klar kommen.

„Wir müssen los, beeil dich", sagt diese Narbenfresse, als wäre ich sein Haustier, das er Gassi führen möchte. Ich nicke und folge seinen Worten. Genervt blicke ich ihn an, was ihn jedoch nicht zu stören scheint. Rindou warnte mich noch davor, ihn nicht einmal schräg anzuschauen.

Schicksal in Bonten: Zwischen Macht und VergeltungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt