Kapitel 32

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Als wir endlich den langen Gang entlang gehen, spüre ich die Anspannung in der Luft. Ran murmelt: "Komm jetzt, wir sind viel zu spät", und zieht mich am Arm mit sich.
Ich muss zugeben, dass sich bei Ran nicht viel verändert hat, was seine Art betrifft. Er ist immer noch ein wenig einschüchternd, und dieses ständige Ziehen am Arm kommt mir echt bekannt vor. Aber ich bin froh, dass seine Haare nun kürzer sind. Der Schnitt passt definitiv besser zu ihm, auch wenn die langen Haare irgendwie attraktiv aussahen.
Am Ende des Ganges erwartet uns eine riesige schwere Tür. Vor ihr stehen zwei Leute, einer mit lila Haaren, vermutlich Rindou, und die pinkhaarige Narbenfresse. Mein Gott, warum ausgerechnet die beiden? Ich atme tief durch, und mein ganzer Körper beginnt vor Angst zu zittern. Immerhin bin ich damals abgehauen, und ich war lange weg. Niemand außer Ran und Kaku kann ich derzeit abschätzen.
"Da seid ihr ja endlich", sagt Rindou offensichtlich genervt. Kann der Typ auch mal was anderes als ständig genervt sein? Sanzu grinst einfach nur blöd in die Runde und sieht eher so aus, als hätte er irgendwelche Drogen genommen, denn grinsend kenne ich ihn nicht. Im Gegenteil, damals war er so ruhig und still, dass es schon eher einschüchternd gewesen ist.
Die drei nicken sich zu und öffnen die Tür, in die drei treten vor, gefolgt von mir. Der Raum sieht aus wie ein Konferenzraum, ein riesiger Tisch in der Mitte, endlos lang und umgeben von vielen edlen Stühlen. Das Licht ist düster gehalten, und die Wände sind mit alten Bildern verziert. Ein riesiger Kronleuchter hängt genau in der Mitte über dem Tisch, was den Raum noch edler und geräumiger wirken lässt. "Ihr habt Glück, Manjiro ist noch nicht hier", murmelt eine vertraute Stimme. Es ist Koko.
Ran drängt mich dazu, mich zu setzen, und in dem Moment taucht der Kopf von Koko vom Bildschirm auf. Er lächelt mir freundlich zu und nickt dabei, obwohl Koko kaum wiederzuerkennen ist mit seiner neuen Frisur, merkt man direkt, dass er immer noch der Selbe ist. Seine langen weißen Haare fallen ihm sanft über die Schultern, und auch er hat das Tattoo, das ich schon bei den anderen gesehen habe, an der Seite seines Kopfes tätowiert. Koko hat immer noch die leichten femininen Züge wie damals, und ein wenig bin ich erleichtert über sein Lächeln.
Nach und nach treten auch die anderen ein. Vor uns saß nur Koko am Tisch, und ich vermute, er sitzt dort schon länger als geplant.
Ich erkenne Takeomi, und Kakucho hatte ich ja vorher schon gesehen. Alle sitzen nun an ihren Plätzen, und ich direkt zwischen Ran und Rindou. Gelegentlich merke ich, wie Rindou genervt zu mir rüber schaut, aber ich ignoriere ihn bewusst und lasse mich nicht noch mehr stressen als ich es schon bin. Meine Kehle ist schon ganz trocken vor Angst, und vergeblich versuche ich, meine Angst zu unterdrücken.
Ran legt mir eine Hand an meinen Oberschenkel, was mich kurz aufschrecken lässt. Ich blicke ihm direkt in seine lila Augen. Er lächelt verschmitzt und nickt, wahrscheinlich um mir damit zu sagen, dass ich keine Angst haben brauche. Doch leichter gesagt als getan. Mein Puls rast, und die Angst lässt mich nicht los.
Die Spannung im Raum ist greifbar, als Manjiro endlich den Raum betritt. Alle stehen auf, um ihn zu begrüßen. Ich bleibe sitzen, bis Ran mich anstupst, um mir zu signalisieren, dass ich ebenfalls aufstehen soll. Zögernd erhebe ich mich und verbeuge mich ebenso wie die anderen. Manjiros Blick streift kurz über mich, bevor er sich wieder abwendet, als wäre nichts geschehen.
Als wir uns alle hinsetzen, verkündet Manjiro mit einer tiefen Stimme: "Die Versammlung beginnt hiermit." Sein Blick bleibt für einen Moment auf mir ruhen, und ich spüre, wie meine Angst sich verstärkt. Sein Blick ist undefinierbar, und ich kann nicht einschätzen, was er denkt oder plant.
Ran legt beruhigend eine Hand auf meinen Rücken, aber seine Geste kann meine Angst nicht vertreiben. Ich fühle mich wie gelähmt, unfähig, mich zu entspannen, während die Versammlung ihren Lauf nimmt. Jedes Wort von Manjiro scheint mir wie ein Schlag ins Gesicht zu sein, und ich kann nur hoffen, dass ich diese Situation unbeschadet überstehe.
Manjiro richtet seinen Blick auf die Runde und fragt: "Was ist diese Woche alles passiert?"
Takeomi ergreift das Wort: "Die Leute in Tokyo haben mittlerweile Angst vor uns. Unsere Präsenz allein reicht aus, um sie in Schach zu halten."
Manjiro nickt zufrieden, bevor er Kokonoi ansieht: "Und was ist mit den Finanzen?"
Kokonoi räuspert sich und antwortet: "Wir haben ein Problem. Das Geld in der Kasse wird knapp, und wir müssen etwas unternehmen, um mehr Geld einzutreiben."
Sanzu, der bisher schweigend dagesessen hat, fügt hinzu: "Ich kann dafür sorgen, dass mehr Frauen herangeschafft werden, um zu arbeiten."
Ein unangenehmes Schweigen erfüllt den Raum, während alle die Worte von Sanzu aufnehmen. Ich spüre, wie sich meine Angst verstärkt, als ich mir vorstelle, was das bedeuten könnte. Ran legt seine Hand wieder beruhigend auf meinen Rücken, aber seine Geste kann meine Ängste nicht vertreiben.
Manjiro nickt zustimmend: "Das klingt nach einem Plan. Sanzu, kümmere dich darum."
Sanzu nickt und lehnt sich entspannt in seinem Stuhl zurück, als wäre für ihn alles in bester Ordnung. Ich kann die Angst in mir kaum noch kontrollieren, während ich die Konversation weiter verfolge. Die Atmosphäre im Raum ist düster und bedrückend, und ich fühle mich wie in einem Albtraum gefangen.
Manjiro richtet seinen Blick auf mich, und ich spüre, wie mein Puls in meinem Hals hämmert. Sein Blick ist intensiv und durchdringend, und ich kann nicht anders, als ihm ausweichen. Es ist, als ob er direkt in meine Seele blicken könnte, und ich fühle mich unendlich verletzlich und ausgeliefert in seiner Gegenwart.
"Und du, Y/N? Hast du etwas beizutragen?" Manjiros Stimme durchdringt die Stille, und ich fühle mich wie gelähmt, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen. Ran gibt mir einen sanften Stoß mit dem Ellbogen, und ich schlucke schwer, bevor ich antworte: "N-nein, ich... ich habe nichts zu sagen."
Manjiro nickt kurz und wendet sich dann wieder den anderen zu, aber sein Blick bleibt für einen Moment auf mir haften, und ich kann nicht anders, als mich unwohl zu fühlen. Die restliche Versammlung verläuft in einem Wirbel aus Worten und Plänen, aber ich bin kaum in der Lage, zuzuhören. Meine Gedanken kreisen um die unheimliche Atmosphäre und die bedrohlichen Pläne, die hier geschmiedet werden.
Schließlich, als die Versammelung ihrem Ende zugeht und alle aufstehen, um den Raum zu verlassen, spüre ich eine Erleichterung, die mich fast überwältigt. Aber als ich aufstehe und mich umdrehe, um zu gehen, steht Manjiro plötzlich direkt vor mir, seine Augen funkeln mit einem undefinierbaren Ausdruck. Ich halte den Atem an, und mein Herz beginnt wild zu pochen, als ich darauf warte, was er sagen wird. Sein Blick durchdringt mich, und ich fühle mich wie ein Kaninchen, das von einer Schlange hypnotisiert wird.
"Y/N", sagt er schließlich, seine Stimme ruhig und kontrolliert. "Können wir uns gleich kurz unterhalten" fährt er fort. Mein Magen verkrampft sich, und ich schlucke schwer. Was will er von mir? Was wird er sagen? Die Angst kriecht wieder hoch in mir, und ich kann nur hoffen, dass es ein gutes Ende nimmt und ich standhalten kann, denn sonst war alles die letzen Jahre umsonst.
Ran führt mich ins Büro von Mikey, und als die Tür sich öffnet, betreten wir einen Raum, der mir den Atem raubt. Der Raum strahlt Eleganz aus, mit dunklen Holzmöbeln, einem massiven Schreibtisch aus poliertem Mahagoni und goldenen Verzierungen, die das Licht der Deckenleuchten reflektieren. Die Wände sind mit Kunstwerken geschmückt, und in einer Ecke steht eine edle Minibar.
Ran deutet auf einen bequemen Ledersessel neben dem Schreibtisch und sagt: "Warte hier. Mikey wird gleich da sein."
Ich nicke stumm und setze mich in den Sessel, während Ran den Raum verlässt und die Tür hinter sich schließt. Die Spannung in der Luft ist greifbar, und ich kann spüren, wie mein Puls in meinen Ohren hämmert. Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber die Gedanken an die Versammlung und Manjiros Blick lassen mich nicht los.
Die Zeit vergeht langsam, und jede Sekunde fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Ich versuche, ruhig zu bleiben, aber die Anspannung in mir wächst mit jedem Moment, der verstreicht. Meine Hände sind feucht vor Schweiß, und ich kann das Pochen meines Herzens bis in die Spitzen meiner Finger spüren.
Ich zwinge mich dazu, tief durchzuatmen und meine Gedanken zu sammeln, aber die Angst sitzt tief in meinem Magen. Ich weiß nicht, was Mikey von mir will, aber ich fürchte mich davor, was er sagen könnte. Die ungewisse Zukunft und die Bedrohung, die von der Versammlung ausgeht, lasten schwer auf meinen Schultern, und ich kann nur hoffen, dass ich stark genug bin, um dem standzuhalten.

Schicksal in Bonten: Zwischen Macht und VergeltungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt