Kapitel 38

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Der Abend legt eine unheimliche Stille über die Villa. Die Luft ist schwer, fast erstickend, und ich kann das beklemmende Gefühl in meiner Brust nicht abschütteln. Nachdem ich mich neben Ran gesetzt habe, bleibt es still zwischen uns. Eine seltsame Ruhe, die eher wie die Ruhe vor einem Sturm wirkt.
Ran sitzt neben mir, schweigend, seine Hände ruhen locker auf seinen Knien, doch ich spüre, dass in ihm etwas brodelt. Etwas, das er nicht aussprechen will – oder kann. Sein Blick ist in die Ferne gerichtet, als würde er über etwas nachdenken, was ich nicht verstehe.
Plötzlich vibriert mein Handy in meiner Tasche. Das Geräusch durchbricht die Stille und ich zucke zusammen. Ohne viel nachzudenken, greife ich danach und lese die Nachricht.

Unbekannte Nummer: **„Bleib wachsam. Sie beobachten dich."**

Mein Herz setzt für einen Moment aus. Wer? Was? Ich werfe einen schnellen Blick zu Ran, der mich nicht ansieht, aber seine Haltung wirkt angespannter, als hätte er das Vibrieren bemerkt und wüsste, dass etwas nicht stimmt.
Ich stecke das Handy hastig weg, meine Finger zittern leicht. Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf. Wer schickt mir so etwas? Und warum? Wer beobachtet mich?
Ran scheint es entweder nicht bemerkt zu haben oder ignoriert es bewusst. In letzter Zeit ist sein Verhalten so unberechenbar, dass ich nicht mehr weiß, ob ich ihm trauen kann oder nicht. Seine Nähe ist greifbar, fast spürbar auf meiner Haut, aber dennoch ist da diese Distanz – ein undurchdringlicher Schleier aus Geheimnissen.
Ohne ein weiteres Wort steht Ran plötzlich auf und verlässt das Zimmer. Sein Verschwinden hinterlässt eine Leere, und ich fühle mich seltsam verloren. Ich greife wieder nach dem Handy und lese die Nachricht erneut.

Unbekannte Nummer: **„Sie wissen, dass du zu viel erfahren hast. Sei vorsichtig."**

Mein Herz rast. Ich beginne, mich im Raum umzusehen, suche nach versteckten Kameras oder Mikrofonen. Wird hier wirklich alles überwacht? Ist es möglich, dass jemand mich die ganze Zeit beobachtet? Vielleicht sogar hier, in der Villa? Der Gedanke lässt mich erstarren. Plötzlich wirkt jeder Schatten bedrohlich, jede Ecke des Raumes wie ein Versteck für jemanden, der mich im Blick hat.
Ich kann nicht still sitzen bleiben. Etwas stimmt nicht, und ich muss es herausfinden.
Langsam stehe ich auf und schleiche zur Tür. Mein Atem geht flach, als ich mich vorsichtig hinaus bewege. Jeder meiner Schritte hallt in der Stille der Villa wider, und ich kämpfe gegen die aufkommende Panik.
Draußen im Flur ist es dunkel, nur die schwachen Umrisse der Möbel sind im Dämmerlicht erkennbar. Ich spähe um die Ecke und sehe niemanden. Doch die Warnung in der Nachricht lässt mich keine Ruhe finden. Wer auch immer mir diese Warnung geschickt hat, weiß mehr, als ich.
Plötzlich höre ich Schritte hinter mir. Schnell ziehe ich mich in eine dunkle Nische zurück und beobachte, wie eine Gestalt den Flur entlanggeht. Es ist Rindou. Sein Gang ist zielstrebig, seine Hände stecken in den Taschen, und er sieht aus, als wüsste er genau, wohin er geht. Ich halte den Atem an, als er an mir vorbeigeht, ohne mich zu bemerken. Wohin geht er um diese Uhrzeit? Und was hat er vor? Wieder vibriert mein Handy, und mein Herzschlag setzt aus.

Unbekannte Nummer: **„Folge ihm, wenn du leben willst."**

Meine Hände zittern. Ist das eine Falle? Oder eine echte Warnung? Aber ich habe keine andere Wahl. Wenn ich herausfinden will, was hier vor sich geht, muss ich das Risiko eingehen.
Leise wie ein Schatten folge ich Rindou durch die dunklen Gänge der Villa. Ich halte genügend Abstand, um nicht entdeckt zu werden, aber nah genug, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Die Villa ist riesig, und die vielen verwinkelten Korridore machen es leicht, sich zu verstecken – oder sich zu verirren.
Die miese Brillenschlange biegt plötzlich um eine Ecke und verschwindet durch eine Tür, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Mein Herz hämmert in meiner Brust, als ich mich der Tür nähere. Was verbirgt sich dahinter? Ich muss es herausfinden.
Langsam öffne ich die Tür und trete in einen dunklen Raum. Der Geruch von Staub und Metall schlägt mir entgegen. Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter und drehe mich erschrocken um.
„Was glaubst du, was du hier machst?" Rindous Stimme ist kalt, und sein Griff fest.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht, aber ich weiß eins: Ich stecke in etwas viel Größerem, als ich jemals gedacht hätte.
Rindou steht direkt vor mir, sein Griff um meine Schulter wird fester, als würde er mich an Ort und Stelle festnageln wollen. Sein Blick ist durchdringend, kalt – genau wie seine Stimme. „Was hast du hier zu suchen, Y/N?" fragt er leise, aber bedrohlich.
Mein Puls rast, aber ich zwinge mich, ruhig zu bleiben. „Ich... wollte nur frische Luft schnappen", murmele ich, obwohl mir klar ist, dass diese Ausrede lächerlich klingt. Rindou hebt skeptisch eine Augenbraue, und sein Griff löst sich nicht.
„Frische Luft?" wiederholt er langsam und spöttisch, als würde er meine Worte wie ein Rätsel auseinandernehmen. Er lässt mich los, dreht sich um und geht ein paar Schritte in den Raum hinein. Der schwache Lichtschein aus dem Flur beleuchtet nur seine Silhouette.
„Du weißt gar nichts, oder?" sagt er dann, ohne sich umzudrehen. Es klingt fast... enttäuscht. „Es gibt Dinge, Y/N, die du besser nicht erfahren solltest."
Ich spüre, wie mir die Kehle eng wird. Was weiß er? Was verheimlicht er? Die Nachrichten auf meinem Handy, die verschlossenen Türen in dieser Villa... alles beginnt, ein düsteres Bild zu ergeben, und ich bin mittendrin, ohne eine Ahnung, wem ich trauen kann.
„Was verheimlicht ihr?" Meine Stimme klingt fester, als ich es mir vorgenommen habe, doch innerlich kocht eine Mischung aus Angst und Wut in mir hoch. „Warum fühle ich mich hier wie eine Gefangene? Was spielt ihr für ein Spiel?"
Rindou bleibt einen Moment still, dreht sich dann langsam zu mir um. Sein Blick ist schwer zu deuten, als er die Hände in die Taschen steckt. „Ein Spiel?" Er lacht kurz, trocken und ohne echte Freude. „Das hier ist kein Spiel, Y/N. Das ist viel größer, als du es dir vorstellen kannst. Und du bist..." Er hält inne, mustert mich von oben bis unten, „... ein Teil davon, ob du willst oder nicht."
Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ein Teil wovon? Diese kryptischen Andeutungen machen mich verrückt, und ich habe das Gefühl, immer weiter in ein Netz aus Lügen und Geheimnissen gezogen zu werden.
„Was meinst du damit?" Meine Stimme ist heiser vor Anspannung, und ich mache einen Schritt auf ihn zu, obwohl mein Körper schreit, wegzulaufen. „Erklär es mir. Jetzt." Rindou zuckt nur mit den Schultern, als würde er es nicht für nötig halten, mir eine Erklärung zu geben. „Vielleicht solltest du Ran fragen. Er hat dich in diese Sache gezogen, nicht ich."
Ran. Natürlich. Er ist das Zentrum all dieser Verwirrung, all dieser Geheimnisse. Plötzlich fühle ich eine Welle der Frustration über mich hinwegrollen. „Ran sagt mir gar nichts!" fauche ich, meine Stimme bricht fast. „Er redet in Rätseln, hält mich fern von allem. Aber ich bin nicht blind, Rindou. Ich sehe, dass hier etwas Größeres vor sich geht." Rin seufzt tief, als hätte er auf diese Reaktion gewartet. Er tritt näher an mich heran, sein Gesicht nur noch eine Handbreit von meinem entfernt. „Du solltest wirklich vorsichtiger sein, Y/N", sagt er leise, seine Stimme fast ein Flüstern. „Es gibt Leute hier, die dich lieber tot als lebendig sehen würden. Und Ran..." Er hält inne, als würde er überlegen, wie weit er gehen kann. „Ran versucht, dich zu schützen. So gut er eben kann." Bevor ich etwas sagen kann, dreht sich Rindou um und geht zur Tür. „Geh zurück in dein Zimmer", sagt er mit einem Tonfall, der keine Widerrede zulässt. „Und bleib da, bis Ran zurückkommt." Ich bleibe einen Moment lang wie versteinert stehen, das Adrenalin pocht in meinen Adern. Dann, ohne weiter nachzudenken, folge ich ihm zur Tür. Bevor er den Raum verlässt, drehe ich mich noch einmal um, als würde ich erwarten, dass die dunklen Schatten im Raum mir Antworten geben könnten. Aber da ist nichts – nur die Leere. Als ich zurück in mein Zimmer gehe, sind meine Gedanken ein Wirrwarr aus Angst, Wut und Verwirrung. Rindous Worte hallen in meinem Kopf wider. Wer würde mich tot sehen wollen? Und was bedeutet das alles?
Im Zimmer angekommen, werfe ich mich aufs Bett, starre an die Decke und versuche, das alles zu verarbeiten. Der Druck auf meiner Brust wird stärker, die Panik droht wieder hochzukommen. Ich schnappe mir mein Handy und sehe auf den Bildschirm.
Keine neuen Nachrichten.
Mein Herz zieht sich zusammen. Was, wenn die Nachricht von heute Nacht... eine Warnung war? Eine echte Warnung?
Ich liege auf dem Bett, starre in die Dunkelheit und mein Kopf ist ein einziges Chaos. Rindous Worte klingen immer noch in meinen Ohren nach. „Es gibt Leute hier, die dich lieber tot als lebendig sehen würden." Was zum Teufel bedeutet das? Wer sind diese Leute? Und wieso bin ich hier so verwundbar?
Mein Handy liegt neben mir auf dem Bett, still, keine neuen Nachrichten, kein Anruf von Ran. Ein unangenehmes Gefühl breitet sich in meiner Magengegend aus. Warum meldet er sich nicht? Wieso lässt er mich so im Ungewissen? Ich spüre, wie sich die Anspannung in meinem Körper wieder aufbaut, die Panik, die ich schon heute Morgen gefühlt habe, kehrt langsam zurück.
Mein Herz rast, mein Atem wird flacher. Ich setze mich im Bett auf und versuche, mich auf etwas anderes zu konzentrieren, irgendetwas, das mich von diesen wirren Gedanken ablenkt. Doch es funktioniert nicht. Alles dreht sich um Ran, Rindou, dieses verfluchte Haus und das Gefühl, dass hier mehr im Spiel ist, als ich jemals erahnen könnte.
Ich entscheide mich, aus dem Bett zu steigen. Meine Beine fühlen sich schwer an, fast wie Blei, als ich langsam zur Tür gehe. Ich weiß nicht, was ich tun soll oder wohin ich gehen soll, aber ich kann einfach nicht mehr hier sitzen und warten. Nicht auf diese Art.
Als ich die Tür leise öffne und in den Flur trete, ist das Haus still. Zu still. Irgendwo weit entfernt höre ich das Ticken einer Uhr, aber sonst herrscht völlige Ruhe. Der dunkle Flur liegt vor mir, er wirkt endlos und bedrohlich. Trotzdem zwinge ich mich, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Ich weiß nicht, was ich hier suche – vielleicht Antworten, vielleicht einfach nur ein bisschen Klarheit.
Gerade als ich die Treppe hinuntergehen will, höre ich Schritte. Sie sind schnell, energisch, und kommen aus der Richtung des Wohnzimmers. Panik schießt durch meinen Körper, aber ich bleibe wie angewurzelt stehen. Die Schritte nähern sich, bis plötzlich eine Gestalt aus dem Dunkeln auftaucht – es ist Ran.
Er bleibt vor mir stehen, sein Blick durchbohrt mich sofort. Seine Augen funkeln im Halbdunkel, und für einen Moment herrscht eine unbehagliche Stille. Dann bricht er sie mit seiner ruhigen, aber eindringlichen Stimme.
„Was machst du hier draußen?" fragt er, seine Augen lassen mich keinen Moment aus den Augen.
Ich versuche, meine Fassung wiederzufinden, aber meine Stimme zittert leicht, als ich antworte. „Ich... konnte nicht schlafen."
Ran mustert mich, sein Blick durchdringt mich, als würde er meine Gedanken lesen. Er tritt näher an mich heran, und die Luft um uns herum scheint sich anzuspannen. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst im Zimmer bleiben," sagt er leise, aber seine Stimme hat eine bedrohliche Kälte. „Es ist nicht sicher für dich, hier herumzulaufen."
Ich schlucke schwer, versuche mich zu rechtfertigen. „Ich... ich wollte nur frische Luft. Ich kann nicht einfach herumsitzen und warten, während ihr alle..."
Ran unterbricht mich abrupt. „Während wir alle was?" Seine Augen funkeln gefährlich. „Glaubst du, wir machen das aus Spaß, Y/N? Glaubst du, das hier ist ein Spiel?"
Seine Worte treffen mich härter, als ich erwartet habe. Natürlich weiß ich, dass das kein Spiel ist. Aber ich verstehe nichts. Nicht die Hintergründe, nicht die Zusammenhänge. Ich fühle mich wie eine Spielfigur, die auf einem Schachbrett hin- und hergeschoben wird, ohne zu wissen, was die Regeln sind.
„Du verstehst das nicht," murmelt er, fast als hätte er meine Gedanken gelesen. „Es gibt Dinge, die du nicht wissen sollst. Nicht jetzt. Und vielleicht... nie." Seine Stimme ist gefährlich leise geworden, und ich spüre, wie mein Herz wieder schneller schlägt.
„Ran, ich kann nicht..." Meine Stimme bricht ab. „Ich kann nicht einfach im Dunkeln gelassen werden. Was ist hier los?"
Er macht einen Schritt auf mich zu, so nah, dass ich seinen Atem spüren kann. Seine Augen sind intensiv, als er mich anblickt. „Manchmal ist es besser, nicht alles zu wissen, Y/N. Es gibt Dinge, die du nicht ändern kannst. Die nicht einmal ich ändern kann."
Seine Worte lassen mich frösteln. Etwas Dunkles hängt über uns, und ich habe das Gefühl, dass, egal was es ist, es mich irgendwann verschlingen könnte.
Bevor ich reagieren kann, dreht Ran sich abrupt um. „Komm. Geh zurück in dein Zimmer. Und bleib dort, bis ich dir sage, dass du rauskommen kannst."
Ich bleibe wie erstarrt stehen, die Angst und die Verwirrung ziehen mich in alle Richtungen. Was ist hier nur los?

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Einige werden bestimmt gemerkt haben, dass ich die Geschichte grade etwas umändere. Ich will diese Story so gerne fertig kriegen, jedoch war ich so lange in einer Blockade, da das grade der einzige Weg für mich ist, die Story fortzuführen.

Viel Spaß beim lesen und würde mich freuen, wenn ihr mir mal ein Feedback geben könntet, ob es so in Ordnung für euch ist. <3

Schicksal in Bonten: Zwischen Macht und VergeltungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt