30. Zu spät

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Song: Atlantis - Seafret

Als ich um 12 Uhr an der Haustür warte und Vince die Treppe runterkommt, bin ich nervös. Wie wird er wohl reagieren?

Er lächelt mich an und wir gehen gemeinsam zu seinem Motorrad.

Wir halten an dem Hochhaus, wo wir uns das zweite Mal geküsst haben.

Oben angekommen, versuchen wir beide, erstmal wieder zu Atem zu kommen.

„Hier haben wir uns das erste mal geküsst.", murmelt Vince.

„Nein."

„Was?"

„Wir haben uns auf deiner Party das erste mal geküsst."

Er lächelt. „Du erinnerst dich."

„Ich habe mich die ganze Zeit erinnert. Ich dachte nur, es wäre vielleicht besser, es zu vergessen."

„Bereust du es?"

„Nein.", sage ich. Ich zögere kurz. „Vince, ich muss dir etwas sagen."

„Ja?"

„Am Winterball hat Kai mir seine Gefühle gestanden und ich habe ihm versprochen, dass ich uns eine Chance gebe."

Vince sieht mich ungläubig an. „Fuck." Er tritt gegen die Mauer.

„Es tut mir leid, wenn das komisch für dich ist."

„Es war immer er, oder?", ruft Vince. Er sieht verletzt aus. Auch wenn ich da meinen Augen nicht ganz traue. Er wollte doch nur Spaß. Er wollte nur meinen Körper. Also warum interessiert es ihn jetzt, wenn ich mich für einen anderen entscheide? Verletzt es nur sein Ego?

Ich breite die Arme aus. „Was stört dich so daran? Du bist derjenige, der mir immer wieder gesagt hat, dass es nie mehr als Spaß zwischen uns sein würde."

„Was mich stört? Was mich verdammt nochmal stört, ist, dass du ihm gehörst. Das hast du schon immer. Es war immer Ella und Kai. Und ich ertrage es nicht, wenn alles, was ich will, ist, dass du mir gehörst."

Er will, dass ich ihm gehöre? Wie soll ich das verstehen? Er will nichts Ernstes mit mir, aber er will auch nicht, dass ich mit jemand anderem glücklich bin.

„Das reicht mir aber nicht.", rufe ich sauer.

„Bitte sag, dass du mir gehörst." Seine Stimme zittert vor Emotionen.

„Das kann ich nicht.", sage ich resigniert. „Es ist zu spät."

Vince drückt seine Augen fest zusammen und fasst sich mit der Hand an den Nasenrücken. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, er unterdrückt Tränen.

„Du musst mich gehen lassen, Vince.", sage ich. „Wenn dir auch nur irgendetwas an mir liegt, dann lass mich glücklich sein."

Er nickt immer noch mit geschlossenen Augen. Einen Moment später öffnen sie sich. Der Blick, der vorher noch voller Emotionen war, ist nun kalt. Emotionslos. Verschlossen.

Vince will mir nicht mehr seine verletzliche Seite zeigen und ich weiß nicht, ob ich sie je wieder sehen werde. Schmerz durchfährt mich wie ein eiskalter Schock und ich zittere.

„Dir ist kalt. Ich bring dich nach Hause.", sagt Vince.

Dann zieht er seine Lederjacke aus und legt sie um meine Schultern. Es ist eine süße Geste, aber in ihr liegen keinerlei Emotionen.

Wir machen uns auf den Weg runter vom Dach. Schweigend.

Dann fahren wir nach Hause und ich habe das Gefühl, einen Teil von mir verloren zu haben.

Consume Me (Neue Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt