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"Sollten wir uns nicht so langsam tarnen?" fragte ich meinen Drachen Gefährten, als wir nicht mehr all zu weit vom Lycaner Territorium entfernt waren. Als Antwort schnaubte er nur und schon glitzerte es um uns herum in orangenem Feenstaub.

"Warn mich doch vor, Yeosang..." beschwerte ich mich, als ich zum dritten Mal niesen musste, da ich weder Mund, noch Nase geschützt hatte, weswegen nun wahrscheinlich auch meine Zähne wunderschön orange funkelten. 

"Das ist so aber viel lustiger." hörte ich den Drachen kichern, weswegen ich einen Schmollmund machte. 

"Also, die Lycaner können uns nun nicht mehr wittern, oder sehen? Hören sie uns denn?" fragte ich, damit ich mich vorbereiten konnte.

"Sie wittern uns nicht, sie sehen uns nicht aus der Ferne, oder am Himmel, aber wenn wir direkt vor einem stehen, wird er uns schon sehen können. Hören können sie uns auch, also solltest du beim Anflug an euer Gebiet lieber leise sein." erklärte er mir.

Den Rest des Fluges sprach keiner von uns, wir wollten nicht Gefahr laufen, dass die Lycaner, die Patrouille liefen, uns mit ihrem extrem guten Gehör aufspüren würden. Keine zehn Minuten später spürte ich, wie wir die Grenze überflogen, das vertraute Gefühl von Heimat, die Wärme, die meine Familie in mir auslöste, strömte durch meinen Körper und erst da wurde mir bewusst, wie sehr ich sie vermisste. Leider würde ich sie wohl heute nicht wieder sehen, wir wollten nur das Gebiet auskundschaften und Informationen sammeln, allerdings hoffte ich, vielleicht einen meiner Eltern zu sehen. Yeosang flog über das Dorf und kreiste Geräuschlos darüber während wir beide die Umgebung genau abscannten. Wachen schienen keine im Dorf zu sein, die waren wohl tatsächlich alle an den Grenzen, aber auch sah ich kaum jemanden draußen so spät in der Nacht. 

"Das Rudelhaus des Alphas ist hell erleuchtet und der Musik und dem Geruch nach zu urteilen, feiern die da drin mit Alkohol... ich denke, es ist sicher, wenn wir landen und uns in den Schatten aufhalten. " hörte ich Yeosangs Stimme nun in meinem Kopf und war wieder mal erstaunt, wie er alle Fähigkeiten, die die verschiedenen Völker beherrschten, in sich vereinte.

"Lande auf der Lichtung hinter dem Sonnenblumenfeld, von dort kann uns niemand sehen." antwortete ich in meinem Kopf und er befolgte meine Anweisung sofort, was mich schmunzeln ließ, da sonst immer er den Ton angab.

"Bekomm keinen Höhenflug." flüsterte er, als er seine Gestalt gewechselt hatte, küsste mich dann besitzergreifend, bevor er sich wieder umwandte und sich umsah.

"Das da hinten sieht aus wie ein Kerker, nur über dem Boden." bemerkte er Stirn runzelnd und ich folgte seinem Blick.

"Das nennen wir Gefängnis... Lycaner haben keine Keller, wir hassen es, unter der Erdoberfläche zu sein." erklärte ich und spürte seinen mitleidigen Blick. Sicher erinnerte er sich daran, wo er mich aufgelesen hatte und wie lange ich im Kerker der Hexen eingesperrt gewesen war.

"Lass uns nachschauen, vielleicht ist meine Großmutter dort." forderte er mich dann auf und ich nickte. Auch dieses Gebäude war nicht bewacht, was mich den Kopf schütteln ließ, der Alpha fühlte sich viel zu sicher in seiner Haut, dachte wohl kein Stück daran, dass hier ein Angriff statt finden könnte, allerdings kam uns seine Selbstüberschätzung zu Gute. Wir schlichen einmal um das Gebäude, ehe wir die Tür, die zu den Zellen führte so leise wie möglich öffneten. Im ersten Raum waren zwei Zellen untergebracht, eine war leer, doch in der anderen konnte man eine Gestalt sehen, die zusammengerollt auf dem mit Stroh bedeckten Boden lag. Da war sonst nichts, keine Pritsche, kein Bett, nur der kalte Boden mit ein wenig Stroh als Unterlage, was mich sofort wütend machte. Yeosang ging näher und betrachtete die Person, die sich nun langsam aufrichtete, die Blicke auf sich bemerkend. Es war weder Yeosangs Großmutter, noch die Luna, die wir zu sprechen gehofft hatten, statt dessen blickte mir nun ein alter Freund mit warmen Augen entgegen, in denen Tränen standen, als er mich sah.

"Yunho..."

Hidden MoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt