5. Mateo - Der Stalkerfan

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Als ich das Spielfeld betrat, ging ein Raunen durch die Fans. Klar, ich war der Neue. Viele Mädchen kreischten und hielten irgendwelche Schilder hoch. Seit bekannt wurde, dass ich für Spanien spielen würde, hatte ich das Interesse vieler Menschen geweckt. Doch das lag bisher zum Großteil an meinem Look. Zugegeben, ich sah nicht schlecht aus und natürlich pushte es mein Selbstbewusstsein, dass andere das auch so sahen. Aber ich wollte, dass sie mich für mein Talent bewunderten, nicht für mein Aussehen. Und genau deshalb stand ich jetzt hier.

Genau deshalb gab ich bei jeder Ballaktion 120%. Ich musste mich beweisen. Nicht nur den Fans. Auch dem Team. Den Leuten, die nicht an mich geglaubt hatten. Meinem Vater. Ganz Europa. Der ganzen Welt. Nur kein Druck...

Es klappte nicht schlecht. Ja, Deutschland war gut. Aber dem Team fehlte irgendwie das gewisse Etwas. Ich wusste nicht, ob wir es hatten. Aber ich gab auf jeden Fall mein Bestes, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Doch gerade, als ich das Gefühl hatte, weiterzukommen und mich durch die Abwehr hindurch zu dribbeln, riss mich schon wieder etwas von den Füßen. Jemand. Ich kannte ihn vom Sehen.
Antonio Rüdiger. Eigentlich war er mir immer sympathisch gewesen, aber als ein Stechen durch den gleichen Knöchel fuhr, der mich beim Spiel gegen Barça schon im Stich gelassen hatte, verfluchte ich ihn in auf allen Arten, die mir einfielen.

Kaum fünfzehn Minuten auf dem Platz und schon wieder runter. Wie sollte ich mich so beweisen? Fluchend humpelte ich vom Platz. Das Einzige, was mich tröstete, war, dass wir durch das Foul gegen mich einen Elfmeter bekamen und so 1:0 in Führung gingen. „Das muss untersucht werden, niño. Ich will in den nächsten Spielen mehr von dir sehen," sagte Luis und verwies mich zum Sanitätsraum. Ein kleines Hochgefühl des Triumphs machte sich in mir breit. Es wurde jedoch schnell durch die Sorge ersetzt, dass ich, wenn ich Pech hatte, bei den nächsten Spielen gar nicht mitmachen konnte. Fuck.

Missmutig und von zwei Sanitätern gestürzt kam ich schließlich in einem kleinen Raum an. Und als wäre es noch nicht beschissen genug, war ich nicht mal allein, um im Selbstmitleid zu versinken. Mir gegenüber saß ein Mädchen, was mich aus großen, braunen Augen anstarrte. Das erste, was mir auffiel war, wie wunderschön sie aussah. Doch dann sah ich Erkenntnis in ihrem Blick. Sie erkannte mich. Oh nein. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. „Sorry, aber ich geb jetzt keine Autogramme und auch keine Fotos bitte," murmelte ich erschöpft, aber bestimmt auf Englisch. Ich wusste, wie es ablief. In den letzten Wochen war es nicht selten, dass uns als Team oder auch mir allein Fans auflauerten und nachliefen. Sie warf mir einen verständnislosen Blick zu. Konnte sie kein Englisch? Ich musterte sie kurz und wieder mir fiel auf, wie hübsch sie war. Nicht dieses 0815 hübsch. Sie hatte so eine gewisse Art an sich, die sie einfach...schön wirken ließ. Ihre Haare waren im Oreo-Look, halb blond, halb dunkelbraun. Mein Mund wurde trocken. Sie trug eine tiefsitzende Baggy Jeans und ein enges Trikot. Ein Deutschlandtrikot. Moment mal. Falsches Team.

„Du denkst ernsthaft Ich bin deinetwegen hier? Falls es dir nicht aufgefallen ist, ich war hier zuerst." Ihr Englisch hatte einen leichten deutschen Akzent. Es klang irgendwie süß. „Aber das hier ist nur für Spieler. Warum solltest du sonst hier sein?", fragte ich matt. „Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Mr. Celoso. Das Mädchen hier ist umgekippt und die anderen Räume waren voll mit irgendwelchen betrunkenen Fans, die sich geprügelt haben," sagte der Arzt, der gerade zur Tür hereinkam. Oh. Und ich hatte sie auch noch angeschnauzt. Erst jetzt realisierte ich, wie blass sie war. Verdammt, ich war so mit mir beschäftigt gewesen, dass ich all das Offensichtliche nicht gecheckt hatte. Na super. Was sie jetzt wohl von mir dachte? Eigentlich konnte es mir egal sein, schließlich war sie nur eine Fremde.

„Es geht schon wieder, ich würde mir gern den Rest des Spiels ansehen," murmelte das Mädchen und schlüpfte schnell aus der Tür. Ich wusste nicht warum. Wieso. Oder was auch immer mich dazu bewegte, aber ich folgte ihr nach draußen. Vielleicht dieser Blick in ihren Augen. Vielleicht die Tatsache, dass ich mich wie ein Arsch verhalten hatte. Oder vielleicht die Art, wie sich ihre Hüften beim Weggehen hin und her bewegten. Sie war zierlich und definitiv sportlich, aber dennoch hatte sie genau an den richtigen Stellen Kurven. „Warte!", rief ich dem schönen Mädchen hinterher, dass die Rückennummer 7 trug. Havertz. Noch ein deutscher Fußballer, den ich ab heute nicht mehr mögen konnte. Denn auch wenn es bescheuert war. Ich wollte, dass sie mein Fan war. Dass sie meinetwegen in diesem Raum gewesen wäre.
Dass sie mich genau so attraktiv fand, wie ich sie.
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my sunshineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt