Im Rhythmus gefangen | Capo

12| Oregano

— Aaliyah —

[Wenn du wach bist, komm zu Oregano.]

Ich las die Nachricht meines Onkels, nachdem ich mir das Gesicht und die Zähne geputzt hatte. Warum sollte ich aber um diese Uhrzeit zu unserem Stamm Italiener fahren?

Ein Blick auf meinen Homescreen verriet mir, dass es bereits 16 Uhr war. Ich habe so lange geschlafen?

Das kann nicht sein...

Der Jetlag hat mich dieses Mal wirklich mit genommen. Die letzten drei Tage habe ich bis 15, 16 Uhr geschlafen, als würde es mir an Ruhe mangeln, was nicht der Fall war. Ich muss meinen Schlafrhythmus wirklich in den Griff kriegen.

Überfordert, überlegte ich nicht länger, ging an den Kleiderschrank und nahm mir passende Klamotten heraus.

Hoffentlich hat es etwas mit der Arbeit zu tun. Die letzen Tage saß ich nur herum und machte mir meinen Tag in der Mall und mit kleinen Shopping-Einheiten schön.

Schnell zog ich mir etwas Entspanntes an, das trotzdem angemessen für ein Restaurant war. Eine gesunde Mitte zwischen lässig und elegant, perfekt für den Abend.

Nachdem ich mit meiner dezenten Schminke fertig war, die meine natürlichen Züge leicht betonte, bestellte ich mir einen Uber und fuhr zu Oregano.

Oregano war ein charmantes Lokal mit einer warmen, einladenden Atmosphäre und italienischem Essen. Die beleuchteten Fenster und das sanfte Stimmengewirr von drinnen ließen mich sofort wohlfühlen.

Ich trat ein und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, um den Tisch meines Onkels zu finden. Hoffentlich ist er nicht sauer, dass ich so spät bin.

Mit schnellen Schritten umkreiste ich den Laden, bis ich die laute Lache meines Onkels wahrnahm, die nur von ihm hätte kommen können.

„Sorry, dass ich zu spät bin," entschuldigte ich mich und merkte, dass zehn breitgebaute Männer mit meinem Onkel am Tisch saßen. Darunter Haftbefehl, Du Maroc, Ezad und auch... Capo.  Der capo... Er war hier? Und saß gegenüber von meinem Onkel.

Ich wäre vor Schock am liebsten umgekippt, versuchte es jedoch gekonnt zu verstecken, und hielt mein Pokerface aufrecht.

„Hi," lächelte Capo rau und zwinkerte mir zu, was mich sofort rot werden ließ. Seine zuvor blond gefärbten Haare waren wieder in ihrem vorherigen Schwarz getränkt, was ihm noch besser stand.

„Ihr beide kennt euch also auch," lachte mein Onkel und wies auf uns beide hin. „Ja, ich hab sie von der Straße aufgesammelt.",sagte Capo Desinteressiert und widmete sich seinem Handy, während mein Onkel seine Worte eher als Metapher aufnahm.

„Das ist sehr gut. Wirklich sehr..." hauchte mein Onkel geheimnisvoll, schon fast gruselig. Was hat er jetzt schon wieder vor? Ich zuckte misstrauisch meine Augenbraue und setzte mich an den Rand des Tisches, wo ich erstmal von der Bedienung begrüßt wurde, die mich fragte, was ich essen wollen würde. Ich gab nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte meine Bestellung auf und beteiligte mich anschließend  an den Gesprächen.

„Was studierst du denn?" fragte Haftbefehl, denn ich so gut wie garnicht kannte, plötzlich, nachdem mein Onkel den anderen erzählt hatte das ich für paar Wochen hier in Dubai bleiben würde.

„Ich studiere ni-," „Management. Sie studiert Management im letzten Semester," unterbrach mein Onkel mich und deutete mit einem verzogenen Gesicht darauf hin, nichts von meinem Studium Abbruch zu erzählen.

„Management?" rief er verblüfft. „Dann kannst du ja dem hier unter die Arme greifen. Der sucht nach einem Manager. Und ich glaube, der hat auch nichts gegen eine Managerin," lachte er laut, dass alle Blicke des Ladens auf uns landeten, und Capo sichtlich unwohl war und kein Wort von sich gab.

„Ach, der kriegt das glaube ich schon gut allein hin. Letzter Zeit läuft es doch ganz gut bei ihm. Der neue Song mit Mero ging doch durch die Decke," meinte ich grinsend und versuchte, nicht unfreundlich zu wirken, wobei meine Worte stark gegen die von Hafti sprachen.

„Ja und dann macht der einen Fehler und heult wieder rum," schüttelte er weiterhin belustigt den Kopf und schlug seinem Nachbar neben sich gegen die Schulter, der diesen nicht einmal eines Blickes würdigte.

Der Arme tat mir irgendwie leid. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihn aus dieser Situation befreien könnte, so wie er es bei mir und Ezad einst tat.

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Ich war mittlerweile schon fertig mit meinem Essen. Die Männer hatten angefangen, sich in der Weinecke zu vergnügen, und rauchten dabei die Vapes von Haftbefehl, der sich als Aykut herausstellte und die er großzügig in der Runde verteilte. Capo, der nach einigen Minuten des Schweigens wieder zu sich gefunden hatte, lächelte nun leicht, was mich etwas freute.

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und beobachtete die Szene mit einem zufriedenen Lächeln. Es war schön zu sehen, dass alle sich miteinander verstanden. Ich wartete jedoch immer noch darauf, etwas Arbeit zu bekommen. Ich will nicht nur dasitzen und gut aussehen.

Ich sah mich gelangweilt im Raum um, bis sich unsere Blicke trafen. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Capo hielt inne und schaute mir direkt in die Augen. Sein grimmiges Lächeln vertiefte sich und in seinen Augen lag eine Wärme, die mich tief berührte.

Ich lächelte zurück und nickte leicht. Der Augenkontakt dauerte nur wenige Sekunden, doch er fühlte sich sehr intensiv an, bevor er sich wieder den anderen zuwandte.

„Lass mal feiern gehen!" rief Ezad schon leicht angetrunken. „Was laberst du!" rief Aykut genervt und fuhr sich durch seinen Bart. „Club ist zu laut und stressig.", meckerte dieser, und stöhnte lustlos auf.

„Dann lass zu mir. Ich hab auch noch Alk da," schlug mein Onkel vor und hatte alle Anwesenden auf seiner Seite.

„Dann yallah zu Milo," brüllten alle freudig am Tisch, während ich nur den Kopf gegen den Tisch schlagen konnte. So wird das mit meinem Schlafrhythmus nichts mehr.