Kapitel 15

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Draußen angekommen, atmet Ayame erst einmal tief ein. Sie war jetzt seit mehreren Tagen da unten und hat die frische Luft vermisst. "Emiko, kannst du bitte fahren?", sagt Kayumi zu Emi, die nickt und in den großen LKW einsteigt, den Ayame fast nicht bemerkt hätte. Das Fahrzeug sieht aus, wie ein normaler Lastwagen und ist sogar mit Werbungen ausgeschmückt. Allerdings ist der größte Kasten vollkommen leer. Kayumi führt den Rest hinten in den Wagen. "Hier drin werden wir die Leute transportieren. Es sind eine ganze Menge, deshalb mussten wir leider den LKW nehmen.", erklärt Kayumi und setzt sich hin. "Sollte Emiko denn vorne ganz allein sein? Was, wenn etwas passiert?", merkt Ayame an. "Mach dir keinen Kopf. Emiko kann sich gut verteidigen, sie könnte mit etwas mehr Übung und.. Empathie eine der besten Soldaten der Rebellen werden.", antwortet Kayumi lächelnd. Sie deutet neben sich und alle setzen sich hin. "Wir fahren etwas länger. Der Stützpunkt ist ein paar Kilometer entfernt, unter einer halben Stunde kommen wir da nicht weg.", fügt sie noch hinzu. "Die südliche Rettungsstation ist einer der wenigen Bunker, die nicht gefunden worden konnten, bisher zumindest. Sollte es stimmen und das FFH hat heraus gefunden, wo er sich befindet, hätten wir im südlichen Bereich nur noch einen einzigen Stützpunkt. Der ist allerdings ziemlich weit von hier.", erzählt Ryota. Aufmerksam hört Ayame zu, während Kayumi sich anlehnt und die Augen schließt. "Das wird schon. Die südliche Rettungsstation ist gut ausgestattet und enthält mehrere Störsignale. Wie sollten sie den Bunker finden? Woher sollten sie solche Infos bekommen?", murmelt sie, was Ayame etwas beruhigt. Wenn es wirklich so sicher ist, sollte doch alles klappen. An sich verlief die Fahrt ruhig. Niemand hat viel gesagt und ab und zu ruckelt der Wagen, wegen Ausbrüchen in der Straße, welche nicht gerade weniger wurden, als sie auf ländlichere Wege abbogen. Das Wackeln scheint die anderen jedoch nicht wirklich interessieren. Während sie sich entspannen, macht sich Ayame noch immer viel zu viele Gedanken. Die Nervosität will auch jetzt nicht verfliegen und die angespannte Stille hilft ihr auch nicht weiter. Der Wagen hält nach einer Zeit plötzlich an. "Wir sind da." Kayumi steht auf und weckt Aiko, die während der Fahrt einschlief. Ryota ist der erste, der aus dem Wagen tritt. Sie stehen abseits von einer eher kleineren Stadt. Ayame schaut über die flachen Häuser von Fujioka. "Wir müssen los. Zum Bunker.", unterbricht Emiko die Aussicht und schließt den Lastwagen ab. Kayumi und Ryota nicken. "Aiko, ich möchte, dass du auf Ayame achtest. Geht das klar für dich?", fragt Kayumi. Aiko nickt und legt ihre Hand auf Ayames Schulter. "Keine Sorge, ich bin perfekt für den Job!", ruft sie freudig. Kayumi weist noch ein mal darauf hin, dass alle unauffällig bleiben sollen und führt dann die Gruppe in die Stadt. Anders als das moderne Takasaki, sehen die Gebäude hier sehr heruntergekommen aus und die Straßen sind ziemlich leer. Ein paar Läden und Pflanzen verzieren die Gegend. Die Klingel läutet ein bisschen, als Kayumi die Tür zur Kneipe öffnet. "Ah! Stammgäste! Willkommen meine Freunde!", jubelt der Mann hinterm Tresen. "Stammgäste? Wie das denn? Ich dachte ihr seid eher selten hier.", flüstert sie Aiko zu. "Stimmt. Wir sind keine Stammgäste." Ihre Antwort verwirrt Ayame. "Herr Watanabe! Sie sehen gut aus wie immer.", begrüßt Kayumi den Herren ebenfalls. Der Mann lacht und Ryota, Aiko und Emiko verbeugen sich ein klein wenig. "Was kann ich für euch tun?", lächelt er. "Salz. Nur eine Prise Salz.", antwortet Kayumi und er nickt. Verwirrt versucht Ayame über den Tresen zu schauen, als der Barkeeper sich runter beugt. "Ihr müsstet mich einmal ins Lager begleiten. Als der Mann seine Position verlässt, bleibt eine Silhouette von ihm stehen. Auch Ayame scheint es nun doppelt zu geben. Die Figuren reden weiter miteinander, während der echte Mann die Gruppe zu einer Tür bringt. "Was ist das..? Warum waren wir da nochmal?", flüstert Ayame zur nächstgelegenen Person. "Illusionen. Herr Watanabe ist ebenfalls ein Hybrid, mit Fähigkeiten. Die Gäste sehen nur die Illusion, so können wir unauffällig davon schleichen.", antwortet Aiko. Etwas erstaunt schaut sie noch einmal zurück. "Illusionen...", murmelt sie vor sich hin. Sie kommen in einem leeren Zimmer an und nachdem Herr Watanabe einen Schalter umlegt und ein paar Knöpfe drückt, öffnet sich eine Treppe in der Mitte des Raumes, die tief nach unten zu gehen scheint. "Ihr könnt durch die Hintertür raus. Es wäre zu offensichtlich den normalen Ausgang zu nehmen. Meine Fähigkeiten sind leider nicht stark genug, um so viele Illusionen zu erschaffen, ich könnte nicht alle verstecken." Kayumi nickt und antwortet: "Keine Sorge, überlassen sie es einfach uns." Sie lächelt zuversichtlich und deutet auf die Stufen. Dicht hinter einander folgen sie der Treppe in den Untergrund. "Hier sieht es gar nicht so einladend aus, wie im Hauptbunker.", merkt Ayame an, als sie durch die Gänge schlendern. Es ist viel dunkler und kälter. "Das liegt daran, dass es eigentlich keine Rettungsstation sein sollte. Wir mussten sie umbauen nach dem Verlust der größeren Bunker.", erklärt Kayumi. "Diese Räume waren mal eine einfache Waffenkammer. Natürlich legen sie da keinen großen Wert auf Gemütlichkeit.", fügt Ryota noch hinzu. "Oh.. Macht Sinn, denke ich." Je länger sie laufen, desto lauter hört man die fern klingenden Geräusche. Nach ein paar Minuten, stehen sie vor einem Metallischen Tor, welches mit einem großen Schloss versehen ist. Recht daneben, an der Wand ist wieder ein kleines Touchpad angebaut, so wie in den Trainings räumen. Kayumi wendet sich diesem zu und kurz darauf öffnet sich die Tür auch schon. "Es sind die Rebellen!", ruft jemand, als sie eintreten. Zu sehen ist ein größerer Flur mit einigen Türen, aus denen nun auch Leute kommen. Der kleine Junge, der sie zu erst entdeckte lief sofort auf sie zu. "Seid ihr hier, um uns zu retten?", fragt er aufgeregt. Seine grauen Augen leuchten. Aiko nickt und kniet sich runter zu ihm, um durch seine schwarzen Haare zu wuscheln. Alles worauf Ayame achten kann, sind die kleinen Hörner, die aus seinem Kopf ragen, irgendwie niedlich. "Keine Sorgen, wir holen hier alle raus. Ihr werdet mit uns zum Hauptbunker kommen und dort vorerst verbleiben.", sagt Kayumi beruhigend zu ihm und weiteren Hybriden, die ihre Zimmer verlassen. Die Gruppe verteilt sich, um an jeder Tür einmal zu klopfen und Bescheid zu geben, dass sie nun mitkommen müssen. Zum Glück ist der Bunker nicht riesig und es sind nur um die 16 Türen, in denen Einzelne Personen aber manchmal auch Familien leben. Alle folgen ihnen in den Gang, in dem Kayumi ihre Liste raus holt. Nach und nach zählt sie alle Namen auf. "Alles klar. Keiner scheint zu fehlen. Wir können los.", nickt sie. Ayame läuft mit Ryota ganz hinten, während Aiko und Kayumi die Gruppe führt. Emi läuft immer wieder etwas vor, um das Gebiet sicher zu stellen. Wie von Herrn Watanabe geraten, nutzen sie die Hintertür, um nach und nach in die Freiheit zu gelangen. Um etwas Aufmerksamkeit kommen sie nicht herum, als sie mit so einer Gruppe von Leuten durch die Stadt gehen, jedoch starren nur zwei oder drei Personen, der Rest scheint es gekonnt zu ignorieren. Ein lauter Knall ertönt etwas weiter vor ihnen. Ein weitere folgt, genauso wie laute Schreie. Der Rauch der Explosionen weht in ihre Richtung.

A field of yellow carnationsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt