44. Kapitel - Valerie

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„Danke, Jungs! Echt!", ich runzle genervt die Stirn: „Hättet ihr wenigstens den Anstand, das Gekicher zu unterbinden?"

Meine drei Freunde nicken eifrig und beißen sich dabei auf die Zunge, um nicht laut loszuprusten.

Ich seufze und werfe Lyall einen bitterbösen Blick zu. Der grinst bloß und wendet sich schnell ab, um nicht zu lachen.

So dämlich sehe ich also aus?

Ich seufze nochmal und zupfe an den klitschnassen Ärmeln meiner Jacke.

„Wenn ich mich erkälte, ist das eure schuld!"

Wieder beherztes Nicken und unterdrücktes Kichern.

Göttin, warum mussten die mich auch von Kopf bis Fuß mit Schnee einreiben? Als hätte die Schneewehe davor nicht schon gereicht!

Ich tropfe auf den Weg und meine Haare kleben mir im Gesicht. Ich wische mir mürrisch ein paar Strähnen aus den Augen und beiße die Zähne zusammen, um sie vom Klappern abzuhalten.

Eric bemerkt es trotzdem und schaut mich das erste Mal seit geschlagenen 15 Minuten an, ohne in einen Lachkrampf auszubrechen.

„Wir beeilen uns besser und besorgen dir was Heißes zu trinken!"

Silas muss die Besorgnis in seiner Stimme aufgefallen sein und dreht sich zu mir um: „Bist du dir sicher, dass du noch mit in die Stadt willst? Wir können auch alle zurück!"

Ich schüttele den Kopf. Mein Stolz hat mich vorher davon abgehalten umzukehren, als es noch näher zum Lager war als zur Stadt.

Jetzt ist es zu spät und ein heißer Becher Kakao in der Hand ist besser als den ganzen Weg zurückzustampfen und ein warmes Bad zu genießen. Morgen werde ich diesen Gedankengang bestimmt bereuen, wenn ich mit laufender Nase und Fieber im Bett liege.

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

Seit wann betrachte ich eigentlich Erics Lager so sehr wie ein zu Hause? Alle Szenarien und Bilder der letzten Gedankengänge haben in Erics Hütte stattgefunden, nicht in meinem eigentlichen Lager.

Ich mustere Erics Rücken vor mir und lege mir nachdenklich eine Hand auf den Bauch. Es ist so warm dadrinnen und es zieht. Bekomme ich etwa meine Tage?

„Wir sind da, Valerie!", Lyall winkt mir vor den Augen herum und ich blinzle ihn verwirrt an.

„Schon?", ich richte meinen Blick nach vorne und sehe die Häuser, die links und rechts vor uns aufragen. Wie habe ich denn bitte verpassen können, dass wir in der Stadt angekommen sind?

Silas hakt sich bei mir unter und deutet die Straße herunter auf ein kleines Gebäude: „Das Café dort ist fantastisch! Die machen da die beste heiße Schokolade weit und breit!"

Eric greift meine freie Hand und steckt sie zusammen mit seiner in die Jackentasche: „Ich kann Silas nur zustimmen! Und der Schokokuchen ist ein Traum!"

„Na dann, worauf warten wir noch?", Lyall verflechtet seine Finger mit Silas und zieht uns voran.

„Darauf, dass ich aufhöre zu tropfen, vielleicht?", ich löse mich kichernd von meinen Begleitern: „Ich spaziere doch nicht in ein nettes, kleines Café und sorge für einen Wasserschaden! Ich warte hier, ihr geht und bringt mir eine heiße Schoki und ein Stück von dem legendären Schokokuchen mit, verstanden?"

„Bist du sicher?", Erics Hand schwebt noch zwischen uns, unsicher ob er mich allein lassen soll. Ich ergreife sie kurz und drücke sie: „Absolut sicher!"

Ich winke dem Trupp hinterher, als sie davon spazieren und lehne mich dann gegen eine Straßenlaterne. Verdammt, mir ist kalt und ich würde wahrscheinlich gerade auch mein erstgeborenes Kind an eine Hexe verkaufen, wenn ich dadurch wieder meine Zehen spüren könnte!

Ich hauche meine halb-eingefrorenen Hände an und verfluche mich dafür, keine Handschuhe mitgenommen zu haben.

Die wenigen Passanten, die an mir vorbeilaufen ignoriere ich, genauso wie die seltsamen Blicke.

Was, noch nie einen begossenen Pudel gesehen?

Oder eher, begossener Wolf? Ich kichere leise, als sich eine schwere Hand auf meine Schulter legt.

Ich blicke auf und das erste, das ich bemerke, ist das große Pflaster über einer geschwollenen Nase, unter dem sich blau-schwarze Flecken ausbreiten.

„Was...", beginne ich, bevor ich den Mann genauer mustere und mir die Stimme vor Angst versagt.

Göttin, warum kann mich dieser Jäger nicht einfach in Ruhe lassen?

„Du bist das Mädel! Wo hast du denn den Rest von eurem mordenden Pack gelassen?", die Augen des Jägers huschen suchend nach links und rechts, als würde er erwarten, dass gleich ein Wolf aus den Büschen hinter mir bricht.

Du bist der Mörder!", fauche ich, als die Bedeutung seiner Worte durch meine Angst sickert.

„War der Wolf also wirklich einer von euch? Gut! Ich war mir nicht sicher!", er grinst hämisch.

Ich grinse hämisch zurück: „Wie geht's deiner Nase?"

Dann rucke ich mit dem Kopf vor und grabe meinen Schädel in sein Gesicht.

Meine Stirn pocht schmerzhaft. Bei genauerer Betrachtung hätte ich vielleicht eher meine Faust nehmen sollen.

Ich reiße mich von seinem Griff an meiner Schulter los, drehe mich um und stürme die Straße herunter.

Zumindest tue ich das, bis ich gegen die breite Brust eines zweiten Mannes laufe.

Ich muss das Schießpulver an seiner Kleidung gar nicht riechen, um zu verstehen, dass er ein anderer Jäger ist.

„Gut, dass du da bist!", bringt der erste Jäger hinter mir zwischen qualvollem Stöhnen hervor: „Das ist eines der Biester, die mich angegriffen haben!"

Der Mann hält mich zwar am Arm fest, mustert mich aber erstmal kritisch: „Das ist doch bloß ein Mädchen..."

„Das ist ein Monster! Wir nehmen sie mit!", der erste Jäger packt mich wieder an der Schulter und zerrt mich hinter sich her.

Der zweite folgt im still.

Ich schreie und schlage wild um mich, trotzdem gelingt es mir nicht seinen Griff zu lockern.

„Wohin bringt ihr mich? Was soll der Scheiß, du Mörder!", als ich keine Antwort erhalte, schreie ich frustriert auf.

Ein junges Paar kommt vorbei und beobachtet meinen Aufstand.

„Helft mir! Er will mich umbringen! Oder schlimmeres!", rufe ich den beiden zu und die Frau kommt erschrocken ein paar Schritte näher. Der Jäger, der mich nicht umklammert hält, läuft zu ihnen und sie wechseln mehrere Worte. Dann wirft sie mir einen kurzen Blick zu, lächelt und winkt. Und geht.

Ich blinzle mühsam die Tränen weg, die meine Sicht verschleiern.

Ich werde eher sterben, als zu weinen!


Und Action! Endlich passiert mal wieder was...

Valerie und Silas haben meines Erachtens bis jetzt am meisten abbekommen, während Lyall gemütlich am Rande der Handlung chillt... mal schauen, ob das so bleibt ;)

Wir sehen uns Sonntag 😊


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