Die schweren Schritte vor mir stoppen abrupt.
Erschrocken bleibe ich auch stehen und spähe vorsichtig durch das Gebüsch, das mich versteckt. Ist Regina etwas passiert?
Sie steht auf einer kleinen Lichtung und schaut sich suchend um. Ich kann George nirgends sehen. Hat sie ihn auch aus den Augen verloren?
Regina seufzt und lässt das Gewehr sinken, dass sie davor noch bereit zum Schießen gehalten hat. Ich seufze auch. Wenn George entkommt, geht dieses Chaos in ein paar Monaten sicher wieder von vorne los. Daran will ich lieber nicht denken.
Davon abgesehen, dass ich immer noch Rache für meinen Vater will.
Das Gefühl ist schwächer geworden, nicht mehr konstant der erste Gedanke, wenn ich aufwache und nicht mehr der letzte Wunsch, bevor ich einschlafe. Aber jetzt ist es wieder hochgekocht, frisch wie am ersten Tag und ich kann nichts anderes mehr fühlen als diese Wut.
Und die Trauer.
Göttin, ich habe beides nicht vermisst.
Ich höre ein Rascheln von Zweigen links von mir und wende mich um. Vielleicht ist der Kampf vorbei und Valerie ist mich holen gekommen.
Hat die eine Gruppe sie eigentlich befreit oder ist sie den Jägern allein entkommen? Ich würde es ihr zutrauen.
Statt meiner Mate, sehe ich George mit erhobenem Messer auf Regina zustürmen.
Sie hat ihm dem Rücken zugewandt und dreht sich erst um, als sie die schnellen Schritte hört. Ihre Augen weiten sich erschrocken und sie reißt ihr Gewehr nach oben.
Nicht schnell genug.
Die Klinge bohrt sich in ihre Brust und Regina schreit auf.
Ich kann nicht mehr tun als zu starren. Da ist so viel Blut. Es ist so rot. So dunkel.
George zieht das Messer aus der Wunde und bei dem Geräusch dreht sich mein Magen um. Mehr Blut, immer mehr.
Er holt nochmal aus und heiße Wut strömt durch meine Muskeln. Ich bewege mich, bevor ich aktiv darüber nachdenken kann.
Noch vor meinem nächsten Gedanken graben sich meine Zähne tief in den Hals des Mörders.
Der Geschmack von Blut legt sich auf meine Zunge, rot und metallisch, und mir wird schlecht. Ich lasse erschrocken von George ab, der mich erstaunt ansieht. Fast schon abwesend greift er sich an den Hals, sein Gesicht voll Verblüffung.
Ich würge.
Die Hand an seinem Hals nützt nichts, da ist viel zu viel But in viel zu kurzer Zeit. Ich habe die Halsschlagader erwischt.
Mein Blick verhakt sich mit seinem und für einen kurzen Augenblick huscht ein Erkennen über seine Gesichtszüge. Ob er weiß, dass ich der Sohn des Wolfes bin, den er umgebracht hat? Ist es überhaupt bei einem Wolf geblieben?
Seine blutverschmierte Hand streckt sich nach mir aus und er geht einen wackeligen Schritt auf mich zu. Ich kann mich nicht rühren. Alle Wut ist aus meinem Körper gewichen, zurück bleibt nur eine fassungslose Starre. Sollte ich mich nicht gut fühlen? Zufrieden?
Mir steigen Tränen in die Augen und die Gestalt, die sich mir nähert, verschwimmt. Es tut mir leid, Papa. Ich habe ihn doch getötet.
Der Mörder sinkt vor mir auf die Knie. Der Mörder, der Jäger, der Mann. Im Tod scheinen sich nach und nach alle Titel abzuschälen. Was bleibt übrig?
Ein zitternder Mensch, auf den Knien, und so viel Blut, das es einen Ozean rot färben könnte.
George streckt seine roten, zitternden Fingern nach mir aus und ich kann mich nicht rühren. Da ist immer noch ein Messer in seiner Hand, immer noch eine Waffe in der Hand eines Mörders, aber er scheint sie vergessen zu haben.
Seine Augen fallen zu und er sackt nach vorne. Seine Finger fahren über mein Fell und hinterlassen blutige Spuren. Als hätte er mir noch mehr Wunden zugefügt.
Ich starre seine Gestalt im Schnee an und mein Körper wird heiß. Keine Wut, nur Scham.
Ich habe jemanden umgebracht. Was, wenn er Vater war? Was, wenn ich jemandem dasselbe Leid zugefügt habe, das er mir bereitet hat?
Ein Stöhnen neben mir reißt mich aus meinen Gedanken.
Regina ist auch zu Boden gesunken. Der Schnee um sie ist auch rot. Ich blinzle und hinter meinen Lidern ist wieder der kalte Körper meines Vaters.
Für einen Moment bin ich wütend, dann ist da wieder die Schuld, dann die Trauer. Göttin, warum fühlt sich töten an, wie jemanden zu verlieren? Sollte ich ihn nicht hassen? Darf ich ihn nicht hassen?
Regina stöhnt nochmal und meine Beine bewegen sich wieder. Ich hocke mich neben sie und presse meine Pfoten neben ihre Hand auf ihre Brust. Wie schlimm ist es?
Sie gibt ein ersticktes Kichern von sich. „Sollte ich nicht eigentlich dich das fragen?"
Ihre Stimme ist so dünn und leise, dass ich sie kaum höre. Noch weniger und sie bricht.
Hör auf mit den Scherzen! Spar deine Kräfte! Und bitte...
Bitte, stirb nicht.
Regina lächelt mich sanft an. Vielleicht hat sie verstanden, was ich meine. Vielleicht denkt sie auch an etwas völlig anderes und ich stehe bloß ihren Gedanken im Weg.
Sie schließt die Augen und seufzt leise.
Nein. Tu mir das nicht an! Du darfst nicht...
Ich drücke stärker auf ihre Brust, aber da ist immer noch Blut. Wie viel hat man davon eigentlich? Kann sie überleben, wenn so viel davon auf dem Schnee verteilt liegt?
Denk an deine Tochter! Scheiße, wehe du gibst auf!
Für einen Augenblick verzerren sich ihre entspannten Züge. Ja, bitte, kämpf weiter! Göttin, bitte!
Ihre Augen flattern wieder auf. Ihr Blick sucht meine und auf einmal ist da so viel Angst. Wenn sie jetzt doch stirbt, habe ich ihr ihre letzten Minuten zur Qual gemacht.
Sie zittert und meine Augen füllen sich wieder mit Tränen. Bitte, ich kann nicht noch jemanden verlieren. Nicht an George und seinen sinnlosen Krieg.
Ich spüre einen Körper neben mir und höre eine Stimme in meinem Kopf. Ich verarbeite kein Wort, schaue mich aber trotzdem um. Silas drückt sich an mich und ruft Hanako etwas zu, dass ich nicht verstehe.
Gleich kommt Hilfe, nur noch ein bisschen...
Regina erwidert meinen Blick, als ich mir ihr wieder zuwenden, aber ihre Augen schließen sich wieder Stück für Stück. Ihre zu Fast geballte Hand, öffnet sich und ihre Züge entspannen.
Ich heule laut auf.
Bitte, tu mir das nicht an.
So, sorry (mal wieder), ich hatte eine ernsthafte Schreibblockade ...
Naja, die Story wird nicht mehr lange gehen, also bear with me ;)
Bis zum nächsten Mal😊
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By your side
RomanceEric, der zukünftige Alpha seines Rudels, ist bisher eigentlich ziemlich zufrieden mit seinem Leben als Werwolf. Als zwei Rudel dann plötzlich vereint werden sollen, kommt es allerdings zu einem Haufen Probleme... Er findet seine Mate (aber auch irg...