Art Deco - Lana Del Rey

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POV: Seoyeon

Ich schluchzte leise vor mir hin. Bitte Chan, ich will mich nicht von Seungmin trennen müssen. Bitte sag zu, ich will mich nicht verabschieden. Ich will ihn nicht verlieren. Ich kann ihn nicht verlieren.

Ich will nicht jeden Tag traurig sein weil er weg ist, ich will ihn nicht vermissen müssen. Ich möchte Yumi nicht leiden sehen müssen, ich möchte sie nicht traurig oder weinend sehen. Ich will sie nicht trauernd sehen.

Mit meiner einen Hand hielt ich Yumis, da sie ebenfalls mit den Tränen zu kämpfen hatte, meine andere lag auf Seungmins Hand, der diese bereits auf meinem Oberschenkel abgelegt hatte.

Ich sah erwartungsvoll zu dem Leader. „Gut, wir machen es" seine Worte waren wie einer Erlösung. Wie eine Rettung. Ich atmete erleichtert auf. Ich vernahm auch ein aufatmen Seungmins. Wir mussten uns nicht trennen, Seungmin bleibt bei mir und ich bei ihm.

„Na dann.. sehen wir uns wohl morgen." meinte JYP daraufhin und sah uns drei genau an. Chan nickte nur und stand auf, was und das Signal gab, ebenfalls aufzustehen. Seungmin zog sich eine Jacke über, da es mittlerweile schon kalt war und wir gingen raus, ohne seine Hand loszulassen lief ich neben ihm her.

Zwar waren es nur ein paar Gänge bis zum Dorm, trotzdem brachte mich die extreme Kälte dazu zu zittern. Diese ganzen Gänge waren immer gut belüftet wegen den Tanzräumen wo sie ihre Dance Practice Aufnahmen. Immerhin musste es dort angenehm kühl sein. Nachts kam es jedoch eher an Nordpol heran.

Ohne etwas zu sagen zog Seungmin sich seine Jacke aus und legte sie mir über die Schultern. Ich lächelte ihn etwas an was er knapp erwiderte, bevor er wieder seinen nachdenklichen Blick aufsetzte.

Zwischen uns allen lag schon wieder diese bedrückende Stille. Natürlich waren wir froh, dass wir erstmal bleiben durften, allerdings war die Stille trotzdem unerträglich. Das einzigste was zu hören war, war unser Atmen und unsere Schuhe, die auf dem kalten Gangboden traten.

Im Dorm angekommen, wünschten wir uns alle eine gute Nacht und gingen dann in unsere Zimmer. Mit Minji und Yumi machten wir noch eine Gruppenumarmung. Es tat gut die beiden mal wieder zu umarmen. „Ich hab euch lieb" meinte Minji dann. „Wir dich auch" antworteten Yumi und ich gleichzeitig und lachten dann kurz auf.

Ich ging noch ins Bad um mich fertig zu machen und sah erneut in den Spiegel. Ein bleiches Gespenst starrte mich an. Ich sah fertig nein, ich sah krank aus. Ich hatte mich lange nicht mehr so bleich gesehen. Meine Augen waren jedoch hellrot, was mich schon beinahe tot aussehen ließ. Mit zitternden Händen drehte ich den Wasserhahn auf und lies kaltes Wasser über meine Handgelenke laufen.

Ich putzte schließlich wie in Trance meine Zähne und packte mit mechanischen Bewegungen meine Produkte auf meinen Körper. Es fühlte sich gerade alles so surreal an. Alles was passiert war. Der Fakt wieviel hate wir bekamen, das ich erkannt wurde, das im Raum stand das wir sie verlieren würden, all das fühlte sich so verdammt surreal an.

Da es mittlerweile Abgewöhnung war, strich ich mir meine Tagesklamotten vom Körper und stieg auf die Waage. 35 Kg. Nicht mehr viel, nur noch ein bisschen. Nur noch zwei Kilo, dann hatte ich es geschafft. Ich schob sie zurück unter den Schrank und sah mich noch ein letztes Mal an, bevor ich aus dem Bad ging.

Mit leisen Schritten schlich ich in Seungmins Zimmer und öffnete die Tür, um reinzugehen. Wie gewohnt saß er auf dem Bett und sah mich an. „Ich brauch bald neue Klamotten, diese werden zu weit. Gehst du mit mir einkaufen?" Fragte ich und er nickte. "Bald" gab er als Antwort und lächelte etwas.

Wie jeden Abend setzte ich mich zu ihm, um mit ihm zu reden. "Ich hatte Angst heute.." begann er und sah mich durchdringend an. Sein Blick durchbohrte mich nahezu. Ich nickte leicht. "Ich auch" gab ich zu. Ich gab selten zu, dass ich vor etwas Angst hatte. Ich war generell kein großartig ängstlicher Mensch, aber heute hatte ich Angst. Große Angst.

„Ich hatte Angst dich zu verlieren.. Dich nie wieder zu sehen..Das.. hätte ich nicht verkraftet" er nahm meine Hand und drückte sie etwas. Ich seufzte. „Ich doch auch nicht Seungmin. Ihr seit mir so wichtig, ich kann nicht mehr ohne euch.. ohne dich." gab ich zu und kämpfte schon wieder mit den Tränen.

Der Tag heute war belastend. Ich hatte nicht viel getan, außer herumliegen und Kommentare lesen. Es wurden mehr Hate Kommentare, viel mehr. Vor allem wurden sie Fieser. Ich kann über viele hinwegsehen, manche trafen mich aber doch schon hart.

Härter trafen mich aber die, die über Yumi geschrieben wurden. Der Fakt das sie gehasst wurde und ich nichts dagegen tun konnte, tat mir weh. Früher konnte ich sie vor allem beschützen. Jeder der ihr wehgetan hatte, dem hatte ich wehgetan. Jetzt geht das nicht mehr so einfach. Ich wusste das sie die Kommentare gelesen hatte, ich wusste wie verletzt sie war.

Ich fühlte mich so unglaublich schwach. Sie wurde gehasst und beleidigt und ich kann rein gar nichts dagegen tun. Diese Realisation war wie ein Schlag ins Gesicht von der Realität höchstpersönlich. Ich kann viel über diese Leute die solche Kommentare schreiben rausfinden, sehr viel sogar. Ich könnte ihre ganze Familie finden, ihr Alter ihr Aussehen, mit etwas Glück sogar in etwa ihren Wohnort. Natürlich könnte ich sie irgendwann finden und fertig machen.

Aber ich würde sie niemals von allem befreien könnten. Selbst wenn der Hate irgendwann aufhört, ich weiß genau, dass sie sowas nicht so schnell vergisst. Es wird sie begleiten. Es wird in ihr hängen bleiben, und das tötete mich innerlich. Zu wissen das sie verletzt war und ich rein gar nichts dagegen tun konnte.

Der Hate wurde auch nicht weniger, im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl es wurde nur mehr und mehr. Als würde der ganze Hass versuchen uns zu ersticken. Er schaffte es zwar nicht mich zu töten, er war aber stark genug um mir ordentlich die Lungen zuzuschnüren.

Seungmin zog mich zu sich und umarmte mich erneut. Es war eine kurze Stille während er mich einfach nur umarmte und über den Rücken strich. Es war keine unangenehme oder bedrückende Stille wie vorhin, es war irgendwie angenehm und beruhigend. Es war eine schöne Stille.

"Aber ganz ehrlich..?" Entschied er dann die Stille zu unterbrechen. Ich musste ihn nicht ansehen um zu wissen das er grinste. Ich wusste zwar nicht genau warum er grinste, aber gut. "Du wärst ein verdammt cooles Idol, so richtig mit tanzen, singen, Rappen und modeln. Das würde dir bestimmt stehen." Meinte er.

Ich lachte leicht. "Nein, ich werde kein Idol, niemand von uns dreien wird das. Wir werden euch nur beistehen. Von Idol redet da niemand" erklärte ich ihm mit einem leichten grinsen im Gesicht.

Idol. Das war ein Begriff der nicht auf mich zutraf. Wie kurz davor war ich schon bei einer Audition teilzunehmen? Ich hatte aber nie das Selbstbewusstsein. Jetzt hatte ich es zwar, allerdings machte mir mein alter einen Strich durch die Rechnung. Jetzt war es zu spät und ich bereute es.

Wie gerne würde ich einmal auf der Bühne stehen und meinen Fans winken, wie gerne würde ich eine Collaboration mit anderen Idolen machen, wie gerne würde ich meinen Fans auf Fanmeetings erzählen wie schön sie sind, wie gerne würde ich Songs schreiben, tanzen, singen und Rappen, wie gerne würde ich meine eigenen Musikvideos drehen und wie gerne würde ich einmal richtig modeln?

All das, war mein Traum. Doch es war zu spät. Ich war zu alt um zu debütieren. Die Zeit ist vorbei. Nichts bereute ich mehr als damals nicht zur Audition gegangen zu sein. Per Video hatten sie mich sogar genommen, ich tanzte und rappte und sie nahmen mich und luden mich für die auditions ein. Allerdings hatte ich nicht den Mut dort wirklich aufzukreuzen. Jetzt war alles zu spät.

„Doch, für mich bist du ein Idol. Du bist sogar mein Ultimate Bias, seit ich euch drei kenne." er grinste, was auch mich etwas zum Lächeln brachte. Sein Lächeln war so verdammt ansteckend. Vor allem war es schön. Er hob mein Kinn an und küsste mich kurz, was ich natürlich erwiderte.

Ich grinste leicht und legte mich dann wieder zwischen seine Beine während er seine Arme um mich legte und mir über den Rücken strich. Ich fühlte mich wohl in seiner Anwesenheit. Ich fühlte mich einfach sicher, als würde man auf mich aufpassen.

Es war ein schönes Gefühl, was mich dann auch dazu brachte einzuschlafen.

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