Linus
Marlon nahm mich fest in den Arm und redete beruhigend auf mich ein, während ich das Gefühl hatte zu Ersticken.
Er strich mir durch die Haare, was mich jedes Mal dazu brachte etwas ruhiger zu werden. Und dies tat er solange bis meine Panikattacke vorbei war.
"Geht es wieder?", fragte er.
Ich nickte als Antwort und er ließ mich langsam los.
Es war die zweite Panikattacke innerhalb von sechs Tagen. Das war eigentlich gar nicht so schlecht, ich hatte sonst öfters Panikattacken gehabt.
Marlon hatte Steve Bescheid gegeben, dass ich wieder zuhause bin. Er soll entscheiden wann er es meiner Mutter erzählt. Er meinte sie entspannt sich gerade das erste Mal richtig und er würde es ihr kurz vor Ende des Urlaubs erzählen. Das war für mich vollkommen okay, denn so langsam wurde mir klar, wie sehr meine Mutter gelitten haben muss.
"Meinst du ich kann morgen wieder mit dir in die Schule?", fragte ich.
"Ich weiß nicht... Was ist, wenn du in der Schule Panik bekommst?"
"Das habe ich nie. Ich glaube sie werden besser, wenn ich wieder einen Alltag habe. Außerdem habe ich total viel Stoff verpasst. Ich muss das unbedingt nachholen."
"Mach dir darüber keine Gedanken. Die Themen sind nicht schwer, ich werde dir das alles erklären. Außerdem wissen die Lehrer ja, dass du vermisst wurdest. Sie werden bestimmt Rücksicht nehmen."
Ich seufzte und lehnte mich ans Bett an. "Mir wird wirklich langweilig."
"Das ist gut. Dein Körper braucht diese Ruhe. Ich muss mich fertig machen."
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand ins Badezimmer. Denn anders als ich, durfte er zur Schule gehen.
Den Vormittag verbrachte ich meistens mit einer Runde joggen und einer Runde Schlafen. Wenn Marlon Mittags nach Hause kamen aßen wir was und schauten dann eine Serie. Oder er machte Hausaufgaben und ich schaute ihm über die Schulter um was zu verstehen.
Luises Freude, dass ich zurück bin hielt sich in Grenzen. Sie war natürlich erleichtert, dass mir nichts passiert ist, aber ich glaube so richtige Freunde werden in diesem Leben nicht mehr.
Gelangweilt saß ich also jetzt in der Küche und schlürfte meinen Energydrink, als Marlon und Luise nach Hause kamen.
"Wann hörst du auf dieses ungesunde Zeug zu trinken?", begrüßte Marlon mich.
"Zwing mich doch dazu."
Er schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und lachte.
Dann machte er für uns Drei Sandwiches. Ich wollte ihm gerade helfen, als Ethan, der Chef des Clubs mich anrief.
"Ja?"
"Du bist also wirklich raus."
"Ja."
"Warum? Du warst gut."
"Ich will meinen Abschluss machen."
"Kannst du doch trotzdem. Du kannst dir so am Wochenende was dazu verdienen. Linus, die Leute fragen nach dir."
"Welche Leute? Der alte Sack?"
Ethan lachte. "Ja, der auch."
"Sorry, Ethan aber ich will mich nicht länger prostituieren."
Erst als ich Luises geschockten Blick sah, merkte ich, dass es keine gute Idee war dieses Gespräch in der Küche zu führen.
"Gut, da kann ich wohl nichts machen. Aber falls du es dir anders überlegst melde dich."
"Ja, werde ich."
Nein, werde ich nicht. Diese Scheiße mache ich nicht wieder.
"Konntest du so einfach austreten?", fragte Marlon.
"Ich hatte ja nie einen richtigen Vertrag. Hab da schwarz gearbeitet."
"Ehrlich?"
"Naja, so kommt zumindest nicht so schnell raus, dass wir alle zugekokst waren."
"Kein Wort darüber verlieren, Luise.", warnte Marlon sie. "Die Zeiten sind vorbei."
"Zumindest die Zeiten mit dem koksen.", murmelte ich.
Marlon schüttelte nur lachend den Kopf und stellte mir die Sandwiches hin.
Er beugte sich beim Essen über sein Schulbuch und kritzelte was auf sein Block.
"Machst du jetzt schon Hausaufgaben?", fragte ich ihn.
"Geht ganz schnell. Muss nur was abschreiben."
"Abschreiben? Hast du etwa Scheiße gebaut?"
Marlon lachte. "Ne, ist eine Vorbereitung für die Unterrichtsstunde morgen."
"Streber."
Für diesen Spruch bekam ich den Kullideckel an die Stirn. Ich lachte und warf ihn zurück.
Nachdem ich aufgegessen hatte, entschied ich mich wieder ins Zimmer zu gehen.
"Seid wann verstehst du dich so gut mit ihm?", hörte ich Luise aus der Küche.
"Schon länger."
Ich blieb stehen und hörte mir das Gespräch weiter an.
"Er hat Drogen genommen, Marlon. Und er kifft."
"Ja und?"
"Nachher machst du das auch noch."
"Sei nicht albern. Er hat echt was durchgemacht in den letzten Wochen. Das war alles nicht einfach für ihn. Ich versuche nur zu helfen."
"Er ist ein schlechter Mensch."
"Nein, ist er nicht."
"Julian hat mir was erzählt..."
Eine kurze Stille entstand.
"Was?", fragte Marlon zweifelnd.
"Dass er und du... also-"
"Das ist Bullshit. Wieso erzählt er dir sowas?"
"Keine Ahnung. Er hat es auf dem Festival erzählt."
"Da war er betrunken und eifersüchtig. Du darfst nicht immer alles glauben."
"Also stimmt es nicht."
"Natürlich nicht."
Das Gespräch brach hier ab, da Luise aus der Küche kam. Ich war allerdings schon die Treppen hinauf verschwunden, sodass sie nicht mehr mitbekam, dass ich gelauscht habe.
Kurze Zeit später kam Marlon in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
"Wieso bist du hier und nicht in meinem Zimmer?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Dachte vielleicht brauchst du mal eine Auszeit von mir."
Er fing an zu Lachen. "Niemals, könnte ich eine Auszeit von dir brauchen."
Er schmiss sich zu mir aufs Bett und holte seine Schulsachen raus.
"Du?", fragte ich und schaute auf meine Finger.
"Ja?"
"Hab ich dich verletzt?"
"Wie meinst du das?"
"Als ich gesagt habe, dass ich nie wieder was mit dir zu tun haben will. Ich hab es nicht so gemeint..."
"Ist okay."
"Nein, ich war ein Arschloch."
"Du warst an deinen Grenzen. Ich bin froh, dass du jetzt wieder da bist."
"Stimmt es, dass ich dir wichtig bin?"
Jetzt wurde es still zwischen uns und er drehte sich zu mir um. Ich schaute jedoch immer noch auf meine Hände und kniff in diese. Seine Hände legten sich über meine und strichen über meine Finger.
"Ja."
"Hast du oft an mich gedacht?"
"Jeden Tag."
"Hattest du Angst um mich?"
"Jede Sekunde."
"Bist du... Bist du verliebt?"
"Ja."
"In mich?"
Er legte seine Hand auf meine Wange, was mich dazu brachte ihn anzuschauen.
"Ja."
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Trust me
RomanceAls Linus mit seiner Mutter zu ihrem neuen Liebhaber und seinen zwei Kindern zieht, fällt eine Welt für ihn zusammen. Er kämpft mit mentalen Problem, die er nach außen hin nicht zeigt. Langsam verliert er sich selbst immer mehr. Und dann ist da noch...