10. Lando

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Die Nacht war kurz, dafür das Gespräch mit Henry mehr als notwendig.
Ich habe endlich das Gefühl, wieder die Unterstützung meines Bruders zu haben. Es gibt mir Sicherheit und sichtet den Nebel in meinen Kopf wenigstens ein kleines bisschen.

Heute ist das erste Briefing für das Wochenende und ich habe tatsächlich keine Lust! Das Team ist bereits unheimlich fleißig und Monaco füllt sich minütlich mit immer mehr Menschen. Bei jedem blonden Zopf schaue ich genau hin, um sie vielleicht in den Massen zu sehen, aber ich weis weder ob sie dieses Wochenende arbeiten muss, noch ob sie überhaupt noch hier ist. Ich habe Mona seit dem Abend nicht mehr gesehen und sie nicht erreichen können. Tatsächlich hat sie mich auf Instagram blockiert, so dass ich ihren Account nicht mehr sehen kann. Ich habe zwar ihre Handynummer, traue mich aber nicht sie anzurufen..
Gott, bin ich ein Feigling...

Jegliche Mitarbeitende von McLaren kommen in der Team Farbe in den großen Raum geströmt und eine Unruhe und Gemurmel macht sich breit. Ein paar blicke fange ich auch auf und ich bin mir unsicher ob es sich um blicke wegen meiner Person oder wegen der Medien handelt. Zugegebenermaßen habe ich seit dem Abend auch keine Sekunde mehr online verbracht..
Nach meinem Gespräch mit Henry hatte dafür keinen Kopf mehr. Er ist jetzt bis zum Ende mein Manager, bis wir eine passende Alternative gefunden haben.
Ob das jetzt positiv oder negativ ist, wird sich noch zeigen, aber nach dem ich meinen alten gekündigt hatte, fühlte es sich richtig an..

Gesten Abend haben wir zusammen einen kleinen Vertrag aufgesetzt.. Henry halt, ohne Papierkram geht in seinem Leben nichts über die Bühne. Aber vorallem haben wir über Mona gesprochen. Den Kloß in meinem Hals bin ich die ganze Zeit nicht über los geworden. Ich muss dringend mit ihr sprechen.. vielleicht muss ich mich einfach zusammenreißen und sie anrufen. Ob sie dann abnimmt?

Oscar, mein Teamkollege, nimmt mich mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter aus meinen Gedanken. Er grinst breit, hinter ihm steht Lily, seine Freundin. Mit ihr habe ich noch kein Wort gewechselt, auch wenn sie jetzt schon ein paar Rennen von uns begleitet hat. „Hey mate!" begrüßt mich Oscar.
Ich ringe mich zu einem Lächeln. „Hi, wie geht's?"
„Gut, gut." wieder grinst er breit. Wie kann man so früh, schon so gute Laune haben?

Unser Teamchef betritt die Bühne und unterbricht jedes Gespräch in dem Raum. Es wird augenblicklich ruhig und alle blicke haften auf ihm. Meine Gedanken schweifen wieder ab und ich denke über Lily nach. Sie ist mit Oscar zusammen, lebt trotzdem sehr privat und über ihr Leben wird nicht viel in der Presse berichtet. Keine Sekunde später tausche ich mich mit Oscar aus und Mona ersetzt Lily. Der Gedanke macht mich direkt nervös. Es ist möglich.. es ist möglich, dass Mona mit mir zusammen kommt und ihr Leben nicht komplett aufgeben muss, nur wegen mir.

Ohne nachzudenken, ziehe ich mein Handy aus der Tasche und suche ihren Namen in den Kontakten. Ich würde sie jetzt am liebsten direkt anrufen, aber Oscar verpasst mir einen Seitenhieb mit seinem Ellenbogen und ich sehe ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Oscar hat seinen Blick stur gradeaus gerichtet und er nickt einmal kurz in die Richtung in die er schaut. Ich folge seinem Blick und der Teamchef sieht mich fies an. Langsam lasse ich meine Hand mit dem Handy sinken und stecke meinen Rücken durch. Der Anruf muss wohl warten, auch wenn ich unheimlich unruhig bin.

Je näher wir dem Ende kommen, desto unruhiger werde ich. Während des Briefings habe ich mir meine Worte gedanklich bereits zusammengelegt und ich bin fest entschlossen, dass ich genau weiß, was ich gleich sagen werde.

„Und damit beenden wir das heutige Briefing. Vielen Dank!" höre ich den Teamchef sagen, auch wenn ich die letzten 20 Minuten kein Wort mitbekommen habe. Dennoch ist dieses Schlusswort mein Zeichen und ich setze mich direkt in Bewegung. Die Leute machen um mich herum Platz, als hätte ich eine ansteckende Krankheit, mit der sich keiner infizieren möchte. Als wär ich ein Hai umgeben von kleinen Fischen, die nicht gefressen werden wollen.

Ich bin genervt von dem Fakt, dass das vermutlich für immer so bleiben wird, aber gleichzeitig froh darum, denn ich erreiche als erster den Ausgang. Das Gebäude, indem wir das Briefing hatten, ist nicht das gleiche sonst all die Jahre. Ich kenne mich nicht aus und mein Blick schnellt zu den Schildern um den Ausgang zu finden.

Ich überspringe immer eine Treppenstufe und ziehe noch währenddessen mein Handy aus der Hosentasche. Mein Herz rast und ich spüre die Schläge in meinem Kopf. Ich kann mein Blut förmlich rauschen hören. Unten angekommen erwartet mich ein Labyrinth aus Schilden.
„Fuck.." fluche ich vor mich hin und überfliege die Bezeichnungen. Endlich entdecke ich das Wort „Ausgang" und gehe los. Schnelle Schritte leiten mich von einem Flur in den anderen. Durch eine große Fensterfront erkenne ich den Innenhof und bin etwas erleichtert. Die letzte Treppenstufen laufe ich etwas hüpfend hinunter um somit schneller um die Ecke zu kommen, aber anders als geplant laufe ich unsanft gegen eine andere Person. Mein Handy prallt ab, fällt auf den Boden und rutschst einige Meter weiter. Der Person fällt ein eine Kiste aus der Hand und bei dem Aufprall auf den Boden, erahne ich das es Gläser sind.. naja waren.

Der Aufprall mit meinem gegenüber war heftiger als erwartet und anscheinend hat mich etwas in meine Magengrube getroffen, denn ein ziehender schmerz macht sich breit und ich muss mich einige Momente krümmen.
„Fuck.." stöhne ich erneut und blicke in meiner Benommenheit zur Seite.

Sofort ziehe ich die Luft scharf ein. Der blonde Zopf, nachdem ich die ganze Zeit Ausschau gehalten habe..

Meilenweit entfernt (Teil2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt