3. Lando

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Die ‚kleine Konferenz', die mein Bruder einberufen hat, findet in einem kleinen Restaurant statt. Der Tisch liegt im hinteren Teil und ich bin kurz dankbar, dass uns auf dem Weg durch den Laden keiner angesprochen hat. Charles und Carlos laufen hinter mir, als würden sie aufpassen, dass ich nicht weglaufe. Jetzt wo ich so übers weglaufen denke.. währe das keine schlechte Idee. Ich stelle mich innerlich schon auf die unangenehmste Fragerunde ein. Charles und Carlos wissen vermutlich nur Bruchstücke, die Henry ihnen erzählt hat und erwarten Erklärungen von mir persönlich.

Ich lasse mich auf den Stuhl fallen, der mit dem Rücken zu den andren Gästen steht. Ich habe absolut keine Lust, dass ich mein verkatertes Gesicht auch noch in der Presse sehen muss. So können sie nur von hinten Bilder machen.
Ohne mein Gesichtsausdruck zu verändern, ziehe ich meine Sonnenbrille aus und lege sie auf den Tisch. Henry sitzt bereits an dem Tisch, unsere Blicke treffen sich direkt und die anderen setzen sich ebenfalls.

Die Stimmung ist spürbar angespannt, aber ich kann's keinem an diesem Tisch verübeln. Henry hat mich immer wieder drum gebeten es ‚Mit Mona nicht zu verkacken', was ich aber getan habe. Charles und Carlos, meine besten Freunde seit Kindheitstagen, habe ich nichtmal über meine Presse-Rolle informiert. Ich lüge sie theoretisch bereits mehrere Jahre an..

Ich seufze und rutsche noch ein Stück tiefer im Stuhl, in der Hoffnung, ein Loch öffnet sich unter mir und ich kann einfach verschwinden. Natürlich passiert das nicht und ich bekomme einen dicken Kloß im Hals, denn ich weis das ich jetzt über alles sprechen muss. Mein einziger Ausweg aus diesem unangenehmen Mittagessen ist die Wahrheit. Das Gefühl daran, über alles zu sprechen lässt mich erglühen. Meine Gefühle wechseln Sekündlich und ich überlege kurz die Sonnenbrille nicht doch nochmal aufzusetzen..

„Kannst dir bestimmt vorstellen warum wir hier sind, nh?" klafft Henry. Er ist sauer.. so richtig..
Nach Monaco sind wir zum nächsten Rennen, nach Kanada geflogen. Eigentlich haben wir seitdem nicht wirklich miteinander gesprochen.

Ich schlucke um das Gefühl des Kloßes in meinem Hals los zu werden. „Ansatzweise" sage ich schwächer als in meinem Kopf vorgenommen.

Carlos stößt Luft aus und schüttelt den Kopf, als er ein Schluck Wasser trinkt. Oh fuck, sind sie alle sauer? Ich schaue in Charles Gesicht, welcher neben mir sitzt. Er sieht mich bemitleidet an. Okay er hat wirklich keinen Plan was abgeht.

„Okay Jungs, ich hab's verkackt. Ich spiele lieber die Rolle des Badboys und Arschlochs für die Presse, als zu sehen wie Sie in der Presse zerrissen wird!" sage ich etwas lauter.

„Ach Bullshit!" winkt Henry ab.

„Was ist hier überhaupt los?" fragt Charles neutral.

Bevor ich antworte kommt Henry mir zuvor. „Lando spielt der Presse lieber vor, jedes mal eine andere Frau zu ficken, anstatt sein wahres Gesicht zu zeigen und endlich zu dem zu stehen, was er will. Dabei werden die Frauen bloß bezahlt um ein paar lächerliche Fotos für die Presse mit ihm zu machen."

Carlos spricht direkt weiter. Er sieht mich dabei nicht an. „Oh und nicht zu vergessen, hat er damit einen wichtigen Menschen grundlos verloren."

Charles sieht mich an. Sein Blick versetzt mir einen richtigen Stich. Der Kloß in meinen Hals wird wieder dicker und die Wut steigt. Schnell balle ich meine Fäuste unter dem Tisch. Ich kann's mir hier nicht erlauben auszurasten.

„Die Rolle spiele ich nur für die Presse, man." versuche ich mich ansatzweise zu verteidigen, aber ich weis, dass ich mein Verhalten nicht entschuldigen kann. „Hast du gelesen was sie alles über Mona geschrieben haben?" frage ich in die Runde. Meine Stimme ist belegt.

Carlos senkt den Kopf und Henrys Blick ist etwas weicher geworden. „Was meinst du wie es bei mir und Alexandra ist?" fragt Charles mich sarkastisch. Kein passender Moment für Sarkasmus..
Ich äffe seine Worte stumm nach und drehe mich zu Henry. Ich bin Charles und Carlos irgendwie dankbar, dass sie mir nicht böse sind, das ich sie nicht über mein öffentlich Erscheinungsbild informiert habe. Ich glaube aber auch, dass sie eine Vorahnung hatten. Immerhin habe ich die Frauen nie wirklich mit die Hotels oder Unterkünfte genommen..

„Ernsthaft man, ich will jetzt wissen was bei dir Sache ist." nimmt mich Henry in die Realität zurück.

Direkt blicke ich auf den Boden und ich spüre die Blicke auf meiner Haut. Glücklicherweise kommt der Kellner und nimmt die Bestellungen auf.

„Keine Ahnung." gebe ich zu, nachdem der Kellner wieder verschwunden ist.
„Ich habe keine Ahnung was mit mir los ist. Ich mag Mona und ich verbringe gerne Zeit mit ihr. Zumindest habe ich das, aber ich habe mich eben dagegen entschieden." Ich höre mich an wie der dümmste Mensch auf dieser Welt. Ich weis, das ich Mona mag. Ich habe es auch bei ihr gespürt. Sie lässt mich so lebendig fühlen wie sonst niemand. Aber für meine Karriere ist es einfach nicht machbar meine Gefühle zu zeigen..

Eigentlich ist das auch nur meine Ausrede, denn ich möchte meine Gefühle für Mona nicht öffentlich zeigen, weil ich Angst habe..

Ich bin ein fucking Angsthase.. Henrys Geste mit der Hand gibt mir zu verstehen, dass er es aufgibt, mit mir über dieses Thema zu sprechen. „Du untermauerterst deine Aussagen so unlogisch, dass es absolut keinen Sinn mehr macht, mit dir darüber zu diskutieren." sagt er kalt.
Zu meiner Überraschung fühle ich Charles Hand auf meiner Schulter. Er drückt zu und sieht mich wieder an.

„Lando man.." sagt er leise. „Es ist noch nicht zu spät um was zu ändern." fuck, fuck, FUCK!
Ich reibe mir übers Gesicht, nehme die Kappe vom Kopf und setze sie mir direkt wieder auf. Ich muss hier raus.

Kurzerhand stehe ich auf und gehe einfach aus dem Landen. Ich brauche dringend frische Luft. Ich lasse Henry, Charles und Carlos zurück und bin ein bisschen von mir selbst überrascht. Ich kann mich meinen Gefühlen jetzt einfach nicht auseinander setzen.. mit gesenktem Kopf und Sonnenbrille auf der Nase verlasse ich fast laufend das Restaurant.

Mein Bruder und meine besten Freunde machen sich nach dem Essen auf den Weg nach Monaco, wo das nächste Rennen stattfindet. Jedoch brauche ich erstmal Zeit für mich allein. Ich beschließe noch eine Nacht länger in Kanada zu bleiben.

Meilenweit entfernt (Teil2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt