9. Mona

142 5 0
                                    

Ich liege seit Stunden wach und stelle mir jegliche Situationen mit Lando nochmals in meinem Kopf vor, als Rebecca mich mit klopfen an der Tür aus meinem Gedankenstrom löst.
„Er ist oben, bei Carlos, möchtest du ihn sehen?" fragt sie leise, nachdem ich ihr die Tür aufgeschlossen und wir uns aufs Bett gesetzt haben. Für meinen Zeitvertreib habe ich bereits das Bett ordentlich gemacht und man könnte denken, in diesem Zimmer hätte keiner übernachtet.
Ich presse die Lippen zusammen. Will ich Lando sehen?

„Nach meinem emotionalen Ausbruch gestern, wäre das wohl keine gute Idee. Ich habe ihm alles an den Kopf geworfen, ohne Rücksicht auf seine Gefühle. Ich habe ihn nichtmal zu Wort kommen lassen."

Rebecca sieht mich intensiv an und ich habe das Gefühl sie kommt nicht hinterher. In diesem Moment klafft die Lücke zwischen unseren Welten wieder auf und mir wird klar, dass Rebecca vermutlich keine Ahnung hat, was bereits alles vorgefallen ist. Aber anders als meine Erwartungen, nimmt sie mich in den Arm und ich kann meinen Kopf auf ihre Schulter legen. Sie streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht und nimmt tief Luft.

„Eure Situation ist schwierig und vorallem nach gestern, ist es vielleicht vorerst nicht schlecht, dass ihr euch nicht seht. Auf der anderen Seite müsst ihr miteinander reden um.. naja um nicht meilenweit auseinander zu driften.."

Ihre Worte treffen ins Schwarze und lösen meine Gedanken von vorhin direkt auf. Zwischen unseren Welten liegt vielleicht doch nicht so viel Unterschied. Schließlich sind wir alle Menschen und leben dieses Leben zum ersten Mal..

——————————

Ich brauche dringend Kaffee! Tatsächlich hat mir Rebecca noch vorgeschlagen eine Shopping/ Sightseeingtour zu machen und am Nachmittag trifft mich die Müdigkeit wie ein Schlag ins Gesicht!
Wir schlendern in ein kleines Café und ich als wir sitzen schreibe ich Leah eine Nachricht. Ich fühle mich ihr gegenüber ein bisschen schuldig und habe das Gefühl sie wenigstens zu informieren, dass es mir gut geht. Wir verabreden uns für heute Abend.

Wortlos, aber mit einem Lächeln stellt mir Rebecca ein Croissant vor die Nase.
„Du hast noch nichts gegessen, oder?" ihr Blick ist eine Mischung aus Befehl und Mitleid. Mir war es garnicht aufgefallen, aber ich hatte auch keinen richtigen Appetit. Rebecca lenkt mich mit ein paar lustigen Geschichten aus ihrem Model-Leben ab und ich höre ihr gespannt zu, während ich am Croissant knabbere. Es tut gut, mich für ein paar Minuten nicht mit meinen Gefühlen auseinandersetzen.
Unser Gespräch wird unterbrochen und zwei jugendliche Mädchen fragen Rebecca um ein Foto mit ihr. Kurzerhand biete ich mich als Fotograf an und mache ein paar Fotos. Es ist ein komisches Gefühl und ich kann diese Erfahrung noch nicht so richtig einordnen. Rebecca ist noch lange nicht so  berühmt wie ein Formel 1 Fahrer selbst, aber die Auswirkungen die eine Beziehung mit einem Fahrer hat ist für mich unbegreifbar.

Nach dem Skandal in Spanien, was nicht wirklich ein Skandal war, sondern nur mein persönlicher Horror, konnte ich mir ein erstes Bild machen. Ich habe seitdem nicht mehr viel Zeit in das lesen von Kommentaren gesteckt, was aber auch daran liegen könnte, dass Lando mich nach dem Abend am Strand eiskalt abserviert hat.. Das Leben in der Öffentlichkeit ist nichts für schwache Nerven und durch die sozialen Medien sind die Handlungen und Reaktionen von manchen Menschen einfach ekelhaft. Natürlich sind sie nicht alle so, die zwei Mädels von vorhin haben respektvoll nach einem Bild gefragt, aber ich weis einfach, dass auf manchen Gossip-Instagramseiten bereits Paparazzi Fotos von unserem Café Besuch existieren. Das Thema beschäftigt mich irgendwie doch mehr als erwartet.

„Wie kommst du damit klar?" frage ich Rebecca und sie weis direkt worauf ich hinaus wollte.

„Es war grade am Anfang nicht leicht. Ich meine, durch mein Beruf als Model habe ich den Umgang mit der Öffentlichkeit gelernt, aber es war etwas anderes als ich mit Carlos zusammen gekommen bin. Es fordert unheimlich viel Selbstdisziplin nicht jeden Tag nicht über den Hass nachzudenken, aber ich möchte mein Leben nicht in Negativität verbringen und die Leute haten, ganz egal was ich mache!" Rebecca lacht am Ende.

Ich merke wie sie strahlt und ich bin unheimlich stolz auf ihre Gedanken darüber, auch wenn ich sie eigentlich garnicht kenne. Ich habe das Gefühl, die Zeit mit ihr fühlt sich gut an und ich freue mich das erste mal, seit der Landung, hier in Monaco zu sein.

Meine Wangen glühen und ich grinse sie an. „Ich beneide dich ein wenig für deine Sichtweise. Du wirkst so gefestigt!" Rebecca legt den Kopf zur Seite und erwidert mein Lächeln.

„Hör mal, meine Schwester kommt heute Abend noch vorbei und wir wollten abends noch an den Strand gehen und Pizza bestellen, hättest du nicht Lust dazu zu kommen?" während sie mich fragt, tippt sie auf ihrem Handy herum, danach sieht sie mich fragend an.

„Oh, Ich bin heute Abend mit meiner Freundin Leah verabredet.."
Bevor ich weiter reden kann, unterbricht Rebecca mich wieder. Sie hält mir ihr Telefon vor die Nase und auf dem Bildschirm sehe ich einen offenen Kontakt. „Kommt doch beide, so lange Leah nichts dagegen hat. Hier, trag deine Handynummer mal ein, damit ich dir schreiben kann wo wir sind."

Routiniert nehme ich das Handy und trage meine Daten ein. „Ich werde sie gleich mal fragen."

————————

„Natürlich habe ich nichts dagegen! Pizza, Stadt und gute Leute? Da bin ich dabei!" Leah klatscht einmal in die Hände und lacht.

Während wir auf die Nachricht von Rebecca warten, kläre ich Leah über die letzte Nacht auf. Dabei fahren meine Gefühle wiedermal Achterbahn und ich beschließe innerlich, dass ich dringend mit Lando reden muss, um dieses Chaos wenigstens los zu werden, egal wie das Gespräch ausgehen wird...

Meilenweit entfernt (Teil2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt