Vierundzwanzig

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Die verlassene Karaoke- bar

22:24 Uhr

Die Nacht war still, nur das gelegentliche Rascheln der Blätter im Wind durchbrach die gespenstische Stille. Ein schwaches Licht schimmerte durch die zerbrochenen Fenster der alten Karaoke-Bar, die tief im Herzen der Stadt lag. Die Neonlichter, einst strahlend und einladend, waren nun verblasst und blass, als ob sie die düstere Vergangenheit der Bar reflektierten.

Als ich die Tür öffnete, knarrte das Holz wie ein Protest, als ob es mich warnen wollte, nicht weiterzugehen. Der Raum war in Dunkelheit gehüllt, die Wände waren mit verblassten Bildern von fröhlichen Gästen geschmückt, die in besseren Zeiten hier gesungen hatten. Der Geruch von Schimmel und abgestandenem Bier lag in der Luft und vermischte sich mit einer seltsamen, süßlichen Note, die ich nicht einordnen konnte.

Ich trat vorsichtig ein, meine Schritte hallten durch die leeren Räume. Kurz streifte mein Blick dem von Rio, dann Nirei, Sakura raunzt die Stirn, sieht sich um, Suo stand dicht neben mir. Die Bühne, auf der einst die Stars von morgen gesungen hatten, war nun von Staub und Spinnweben bedeckt. Ein Mikrofon stand einsam in der Mitte, als ob es auf den nächsten mutigen Sänger wartete. Ich fühlte mich von einer unsichtbaren Kraft angezogen und näherte mich nun dem Flur, den privaten Räumen.
Nährte mich dem Raum, in dem mein Bruder gestorben ist.
Rio stand wie versteinert vor der Tür, sein Körper angespannt und bereit, doch sein Geist schien in einem Strudel aus Angst gefangen. Ich konnte das Pochen meines eigenen Herzens hören, das in meiner Brust hämmerte, als würde es versuchen, sich einen Ausweg aus diesem Albtraum zu bahnen. Was erwartete ich hinter dieser Tür? Was würde mir die Dunkelheit offenbaren, die sich wie ein schleichender Nebel um uns legte?

Die Fragen schwirrten in meinem Kopf, während ich Rio beobachtete, der die Hand auf die Klinke legte. Sein Gesicht war blass, die Züge angespannt. Panik durchströmte mich, als ich sah, wie sein Atem flach wurde, als würde er die Luft anhalten, um den drohenden Schrecken nicht zu spüren. Mein Blick richtete sich auf die Tür, die wie ein schwarzes Loch in die Ungewissheit führte. Der schwache Lichtstrahl meiner Taschenlampe schnitt durch die Dunkelheit und fiel auf die Kante der Tür, die wie ein schützender Vorhang der Realität wirkte.

„Rio...", murmelte ich, doch meine Stimme klang kaum wie ein Flüstern. Die Stille um uns herum war erdrückend, als wäre die Welt für einen Moment zum Stillstand gekommen. Schließlich öffnete er die Tür, doch er verharrte, als wäre er von einer unsichtbaren Kraft zurückgehalten. Ich sah in seine Augen, die vor Angst weit aufgerissen waren, und ich spürte, wie das Blut in meinen Adern gefror.

In diesem Moment wurde mir klar, dass es nicht nur die Dunkelheit war, die uns umhüllte, sondern auch etwas viel Dunkleres – etwas, das in den Schatten lauerte und darauf wartete, sich zu offenbaren. Der Schweiß lief ihm über die Schläfen, während ich mich unwillkürlich näherte, die Lampe in der Hand fest umklammert. Mein Körper schien von einem eigenen Willen geleitet zu werden, als ich die Schritte auf die Tür zuschob.

„Rio, was ist los?", fragte ich, doch die Worte blieben mir im Hals stecken, als ich sah, wie sich die Tür langsam öffnete und die Dunkelheit sie verschlang.

Ich trat vor, das kalte Licht meiner Lampe durchbrach die Finsternis und beleuchtete den Raum. Der Anblick, der sich mir bot, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Mein Bruder, sein Kopf lag regungslos auf dem Tisch, die Augen geschlossen und das Gesicht blass wie der Mond in einer nebligen Nacht. Der Raum war erfüllt von einem Geruch, der eine Mischung aus alten, abgestandenen Erinnerungen und einem fauligen Hauch des Verfalls war.

»Nein...«, entkam es mir, ein verzweifelter Schrei, der in der Stille verkam. Ich stürzte vorwärts, die Lampe in der Hand zitterte, während ich mich dem Bild des Grauens näherte. Mein Herz schlug wie ein wild gewordener Vogel in meiner Brust, und ich fühlte, wie die Klinge der Verzweiflung sich in mein Inneres bohrte. „Was ist hier passiert?", fragte ich, doch die Antwort war nur das Echo meiner eigenen Stimme in der leeren Dunkelheit. Der Raum schien zu atmen, das Holz des Tisches knarrte unter dem Gewicht der Trauer, und ich begriff, dass ich in die tiefste Dunkelheit geblickt hatte. Die Dunkelheit, die nicht nur mein Herz, sondern auch die Seele meines Bruders verschlungen hatte.

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