9. Ziemlich süß

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Es gibt doch nichts entspannteres, als lange Schlafen und spät frühstücken, oder? Eva und ich sitzen entspannt am Tisch im Restaurant in dem Hotel. Unser Frühstück ist für alle anderen Gäste das Mittagessen, denn wir haben heute morgen ausgesetzt und länger geschlafen. Das schöne an dem Tag heute ist aber tatsächlich, dass wir erst heute Abend die erste Teamsitzung angesetzt haben. Der "Dienstplan" für diese zwei Wochen kam heute morgen per Mail und wir waren erstaunt, wie viel Freizeit wir doch haben werden. Um ehrlich zu sein habe ich mir meinen ersten größeren Auftritt stressiger vorgestellt. Naja, umso besser.

Nach dem Essen habe ich Lust auf eine Entdeckungstour. Ich will mir diese Rennstrecke ansehen und vielleicht bin ich auch etwas neugierig, wie diese Bühne für die Eröffnungsfeier aussieht. Es ist natürlich die Frage ob diese schon Aufgebaut ist, aber bei dem Trubel auf der Strecke gestern Abend kann ich mir das schon gut vorstellen.  Ich erkläre ihr mein Plan und warum ich mich dafür Interessiere. "Kommst du mit?" Eva gähnt und schüttelt den Kopf. "Ich lege mich nochmal hin, in Ordnung?". Ich stöhne und lege meine Kopf spielerisch in den Nacken. Ich kann mein spiel nicht lange aufrecht halten und lache etwas. Der Flug war echt anstrengend und ich kann ihr den Schlafmangel nicht verübeln.

In meinem Zimmer beschließe ich mich nochmal umzuziehen. Ich brauche etwas gemütliches, zudem ist es hier wärmer als erwartet. Meine Jogger tausche ich gegen eine Jeans-Shorts und das Tshirt gegen ein Top. Ich ziehe leise die Tür hinter mir zu, um Eva nicht zu stören und gehe danach zum Aufzug. Als dieser bei meiner Etage anhält und sich die Türen langsam öffnen, muss ich schmunzeln. Vier Männer, allesamt in knall orangen Shirts, verlassen in einer Schlange den Aufzug. Ich lächle jetzt richtig und als ich realisiere, was ich grade tue, lasse ich meine Mundwinkel schnell wieder fallen. Wieso lache ich? Ich sollte absolut nicht lachen! Ich sollte keiner meiner wertvollen Gedanken an dieses Team und vor allem an diesen Egoisten verschwenden! Im Aufzug atme ich tief durch und schließe kur die Augen. Ich frage mich warum ich so oft an Lando denken muss. Er antwortet mir nicht mal und auf eine Antwort komme ich auch nicht wirklich.

Ich nicke dem Rezeptionist lächelnd zu und gehe aus dem Hotel. Direkt knallt die Sonne und ich strecke mein Gesicht in ihre Richtung um ihre wärme zu spüren. Wenn das Wetter nächstes Wochenende auch so ist, wird das eine schwitzige Eröffnungsfeier. Auf dem Weg zur Rennstrecke  scrolle ich etwas auf Instagram herum. Mein Profil hat unheimlich viele neue anfragen und ich kenne keine einzige Person davon persönlich. Auf meiner Timeline taucht wieder diese Formel 1 Gossip Seite auf, aber ich zügle mich, mir diese Seite nochmals anzuschauen.

Die Strecke ist abgesperrt und ich kann mir nur durch das Gitter einen Überblick verschaffen. Ich schlendere am Zaun entlang und beobachte etwas. Mitarbeiter laufen Hecktisch hin und her und die Lautstärke ist unangenehm laut. Einige Meter weiter sehe ich eine Brücke die über die Strecke führt und als ich diese erreiche, freue ich mich, denn diese ist offen und ich kann sie betreten. Oben sehe ich einige Firmen, die verschiedene kleine Häuser aufbauen. Die ersten stehen bereits und sehen sehr hochwertig aus. Sie bestehen viel aus Glas und an jedem dieser Häuser prahlt das Logo der jeweiligen Teams. Ich google und stelle fest, dass diese Häuser Hospitality genannt werden. Ich mache ein paar Fotos davon, um sie später Eva zu zeigen. Eins davon packe ich direkt in meine Story. Hüpfend verlasse ich die Treppenstufen der Brücke und mache mich auf den Weg zurück zum Hotel. Ich bekomme leider nicht das zu sehen, was ich mir erhofft hatte.

Es dauert nur ein paar Minuten, als ich eine Nachricht bekomme. Landos „geheimer" Account erkenne ich nur an den vorherigen Nachrichten. Ich war verwirrt, da ich den Namen des Accounts nicht zuordnen konnte.

„Das ist mein Eisberg, nicht deiner."

So richtig verstehen, kann ich seine Nachricht nicht. Ich blicke kurz hoch und bleibe stehen, um meinem Hirn zu signalisieren, dass es jetzt besser beginnt zu denken. Wir haben über „Eisberge" nach unserem aufeinandertreffen gesprochen, aber auch nur sehr kurz.. und vorallem als Synonym über sein Macho Gehabe. Ich werde aus seiner Nachricht nicht schlau und beschließe kurzerhand nachzufragen.

„Was meinst du damit?"

„Was machst du in Barcelona?"

„Beantworte meine Frage nicht mit einer Gegenfrage!"

„Mein Eisberg, meine Regeln."

Gott ist der anstrengend. Ich stöhne und gehe weiter. Die Konversation ist zu sinnlos um mich dafür richtig konzentrieren. Ich will mein Handy eigentlich schon wieder in die Hosentasche schieben, als er nochmal schreibt.

„Ich bin nicht bereit abzutauchen.."

Oh.. Ich muss nicht nach oben scrollen um zu sehen, dass er auf meine letzte Frage, von vor gefühlt 2 Wochen, geantwortet hat.

Ich verstehe seine Intension, aber verstehe trotzdem nicht, warum er mir jetzt erst antwortet. Ich denke für einen momentlang nach und gehe gedankenversunken weiter, als mich ein Mitarbeiter anmault. Seine harschen Worte lassen mich aufschrecken und ich gehe automatisch schneller, während ich mich bestimmt drei mal Entschuldige. Nichts wie weg hier!

Nachdem ich die Stecke verlassen hatte, ging ich den Bürgersteig entlang und es sah so aus, als würde ich mich einem Dorf oder einer kleinen Vorstadt nähern. Absolut nicht zu vergleichen mit den Staaten, aber irgendwie gefällt mir der Charme des Ortes. Von den Grundstücken ranken einige Blumen über mir über die Mauern. Autos mit Luftmatrazen und Fahrradfahrer mit Strandtaschen fahren an mir vorbei und ich kombiniere, dass der Strand nicht mehr weit entfernt sein muss. An Landos Nachricht werde ich erst erinnert, als ich in eine schmale Einkaufsstraße abbiege. 

Eigentlich wollte ich mir einen Kaffee holen, werde aber stattdessen von gefühlt 20 Männern, deren Bilder an einer langen Schnur zwischen den Häusern aufgehängt wurden, angegafft. Es sieht so aus, als würden immer zwei zusammen gehören. Zumindest haben immer zwei die gleichen Anzüge an. Ich lasse meinen Blick über alle schweifen, bleibe kurz vor Landos Plakat aber bei einem jungen Mann in einem roten Anzug hängen. Seine Haare sind etwas länger und sehen so aus, als hätte er sie nicht gekämmt.. ziemlich süß.. Eigentlich schaue ich mir diesen 'Charles' nur an, weil ich die Marke aus seinem Bild erkenne. 

Wenn er wüssteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt