Etwas unbeholfen waren Eva und ich bei der Auswahl der Speisekarte dann schon, aber verübeln konnte uns das keiner. Schließlich gehen wir nicht regelmäßig in Restaurants dieser Art. Eher machte sich Charles sogar lustig darüber. Er war von seinem Erscheinungsbild viel freier geworden und verstellte sich nicht mehr. Er erzählte von seinen Anfängen mit der Presse und gab uns tatsächlich einige hilfreiche Tips mit auf den Weg. Alexandra steuerte dem bei und wir lauschten Evas ersten visuellen Vorstellungen des Studios, welches wir aufbauen wollen.
"Das ist ja großartig. Ich komme euch gerne besuchen, wenn ihr dann ein passenden Raum gefunden habt!" schlägt Alexandra vor.
Ich grinse, denn je öfter ich die Idee in meinem Kopf abspiele, desto besser gefällt sie mir. Ich hätte kein schlechtes Gewissen mehr, in einem Nachtclub zu arbeiten und könnte ganz nach meinem Geschmack Kurse anbieten.. vielleicht für Kinder, oder für Erwachsene..
Das Summen von Alexandras Handy auf dem Tisch lässt meine Schwärmerei verschwinden. Vorallem als sie bei dem Anblick auf das Display, das Lächeln verliert. Schnell drückt sie den Anruf weg und schenkt mir nur ein flüchtiges Lächeln. Da ich neben Eva sitze und Alexandra und Charles mir gegenüber, vermute ich, dass sie ihn in den Oberschenkel gekniffen hat, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, denn er sieht sie mindestens genau so besorgt an. Es dauert keine weitere Minute, dann summt auch sein Handy. Es verunsichert mich etwas, weil mein Bauchgefühl ziemlich genau weiß, wer bei ihnen Anruft.
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter und schaue auf meinen noch leeren Teller. Diese ganze Lando Sache ist so groß geworden. Sie gleitet mir aus den Fingern und ich habe das Gefühl, ich kann nichts dagegen machen. Die vergangenen Tage haben klar gezeigt, dass, wenn Lando etwas will, das er sich es nimmt, ganz egal wie...
"Mhmm, Bai" Eva stupst mich so sachte an, dass ich sie und ihr flüstern fast nicht mitbekommen hätte. Ihr Blick ist auf den Eingang gerichtet, der durch ein paar mit Blumen bepflanzten Abtrennungen, verdeckt ist. Ich kann den Lockenkopf direkt identifizieren.. uns seinen absuchenden Blick, der über die Tische schweift.
"Fuck" ich fluche viel zu laut und ziehe dabei Alexandras und Charles Aufmerksamkeit auf mich. Da Eva und ich immer noch zum Eingang sehen, tuen beide uns das gleich. Charles bietet sich direkt an und ist schon dabei aufzustehen. "Ich Regel das, Bailey." sagt er streng.
"Nein!" ich springe förmlich auf und sehe Charles an. "Das ist sehr lieb von dir, aber ich glaube er wird sich damit nicht Zufrieden geben.." Ich atme schwer aus, sammle innerlich Kraft und sehe in Landos Richtung, "Das hier muss ich alleine machen." Im Augenwinkel sehe ich wie sich Charles eher widerwillig wieder setzt. Ich weis seine Art sehr zu schätzen, aber bei der Art wie Lando seinen Blick auf mich fixiert hat, hätte er ihm auch keine Ruhe gelassen. Ich hoffe einfach nur, dass Lando hier keinen Aufstand macht. So ein Chaos wie in seinem Haus kann ich bei dieser Einrichtung nicht verzeihen..
Meine Beine bewegen sich im Schneckentempo auf ihn zu, denn sie fühlen sich an wie Blei. Plötzlich habe ich das Gefühl meine Heels wären Kilometer lang und ich bewege mich auf Eierschalen. Meine Knie, Wackelpudding. Scheinbar spiegelt sich das unsichere Gefühl auch in meinem Gesicht wieder, denn Landos Blick wird weicher, je näher ich ihm komme. Meine Fingerspitzen sind eiskalt, als er mir zwei Schritte entgegen kommt und der Kellner sich von ihm abwendet.
"Bailey, du siehst.." beginnt er aber ich unterbreche ihn. Ich kann die Blicke in meinem Rücken spüren. Die Leute, die hier Essen haben vermutlich alle einen wohlhabenden Status und sind Formel eins Fahrern schonmal begegnet, aber sie kennen mich nicht. Ich will mich ihnen nicht unbeholfen zum Fraß vorwerfen. Ich muss die Kontrolle behalten...
"Nicht hier drinnen." meine Stimme ist kalt und bestimmend, was ich nicht geplant hatte, also hänge ich ein flüchtiges "Bitte" hinterher. Schnell gehe ich Richtung Ausgang, nicke dem Mitarbeiter, der mir und Lando die Tür öffnet lächelnd zu und biege direkt rechts ab. Erst als ich zum stehen komme, habe ich wieder das Gefühl Atmen zu können. Ich halte mir eine Hand an die Brust, als müsste ich meinem Körper beweisen, dass er auch wirklich von selbst Atmet.
Landos warme Hände berühren leicht meine Oberarme. Er ist vorsichtig, versucht mich nicht zu überfordern. Sein Körper berührt mich nicht, aber ich kann seine dichte Anwesenheit hinter mir fühlen. Da wir so keinen Augenkontakt haben, sondern hintereinander stehen, merke ich weniger Druck innerlich. Seine Hände fahren langsam über den Stoff meines Kleides und legen sich auf meine Schultern. Nach einigen Sekunden beginnt er diese langsam zu Massieren.
Ich schließe meine Augen. "Was machst du hier?" Er stoppt nicht und nimmt sich einen Moment bevor er antwortet. Die Nervosität von eben scheint bei beiden verschwunden zu sein. "Ich muss mich bei dir Entschuldigen. Es war nicht richtig von mir, dich unter einem Vorbehalt zu sehen. Ich hätte dich damals einfach fragen sollen, aber ich hatte zu viel Angst." sagt er ruhig und leise.
Angst? Er hatte also Angst? Er fährt jedes Wochenende Rennen gegen andere Menschen ohne Angst und sagt mir jetzt hier, er hatte Angst mich zu fragen? Dabei ist er grade in diesem Moment so mutig wie noch nie. Langsam drehe ich mich zu ihm um und sehe ihm in die Augen. Ich weis nicht was ich erhofft hatte zu sehen. Vielleicht, dass er ein dickes Grinsen auf den Lippen hat und mich verarscht, oder dass, er selbst so verwirrt aussieht, wie ich mich grade fühle.
Bei dem Anblick seiner Augen werde ich aber eines besseren Belehrt. Direkt verschwindet die Veranda um uns herum, der Ausblick ist halb so wunderschön und ich verliere mich in seinen Augen. Sein Blick ist nichts von dem, was ich erwarte. Er sieht so aufrichtig und ehrlich aus, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Wieder werden meine Knie zu Wackelpudding.. Was machst du mit mir?
Er sieht nach unten, zieht die Augenbrauen kurz zusammen, bevor er sich sichtlich einen Ruck gibt und meine Hände nimmt. "Sag bitte was, Bailey.." flüstert er so flehend, dass sich in meinem Magen alles dreht. Ich versuche mein inneres davon zu überzeugen, dass ich diesen Mann hasse, aber mein Herz sagt mir genau das Gegenteil. Ich bin hoffnungslos aufgeschmissen.
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Wenn er wüsste
FanfictionIhre Welten könnten nicht unterschiedlicher sein. Er- lebt ein leben in der Öffentlichkeit, ein erfolgreicher Rennfahrer in der F1 auf dem direkten weg die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Sie- lebt ein leben in der Dunkelheit, aufsteigende Nachtclub...