Kapitel 27

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[5 Seconds of Summer - Long Way Home]

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Hannah's Pov

"Fährst du jetzt bei mir mit?", kam es von hinten und ich wirbelte zu Maxi herum. Er war gerade dabei, sich am Nacken zu kratzen, und das sieht verdammt niedlich aus, da er so verlegen wirkt. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen und natürlich sage ich zu. Augenblicklich verändert sich auch sein angespannter Gesichtsausdruck und ein Schmunzeln umringt seine Lippen. Während die anderen sich schon auf ihre Bikes schwingen, reicht mir mein Gegenüber einen Helm, den ich dankend annehme. Maxi band sich noch seine Schuhe. Inzwischen setze ich mir den Helm auf, hatte aber Schwierigkeiten, ihn zuzumachen. Irgendwas klemmte.
"Brauchst du Hilfe?", fragt Maxi und sieht mich leicht belustigt an. Was gibt es denn da zu lachen? Aber ich kann auch nicht anders, als meine Mundwinkel anzuhaben.
Nachdem ich ihm zugenickt hatte, machte ich einen Schritt auf ihn zu, damit er besser an den Helm rankam. Er hat die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen, die ich nur bewundern und von denen ich nicht wegsehen kann. Maxi greift unter mein Kinn und hebt es mit seinen Fingern leicht an, damit er die Schnalle besser sehen kann. Dabei breitet sich ein Kribbeln auf meiner Haut aus. Sobald er den Verschluss geschlossen hat, stehen wir gegenüber und sehen uns tief in die Augen. Ich höre Motorgeräusche neben mir und vermute, dass die anderen ihre Räder gestartet haben, aber ich kann mich nicht von seinen braunen Augen abwenden.
"Kommt ihr dann nach?" Ich bilde mir ein, dass das Marlon gesagt hat, bin mir aber nicht zu hundert Prozent sicher. Ich nehme nur wahr, wie Maxi mit dem Kopf nickt und ich es somit auch automatisch tue.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie die anderen an uns vorbeifahren, und mir ist erstaunlicherweise ziemlich egal, was sie jetzt denken.
"Alles klar?", hinterfragt Maxi, und ich weiß nicht ganz, was er meint, dennoch nicke ich. Erneut. Unser intensiver Blickkontakt hat mich irgendwie sprachlos gemacht. Ich bringe kein Wort heraus. "Weißt du was, ich gebe dir meine Jacke, der Fahrtwind wird sicher kühl sein." Während er das sagt, zieht er seine Jacke aus und ich kann ihn nur still dabei beobachten. Kann nicht widersprechen, denn ich würde nur zu gerne seine zu große Jacke tragen.
"Bereit?" Maxi sitzt schon auf seinem Motorrad, als er mich das fragt. Als Antwort, steige ich hinter ihm auf und halte mich an ihm fest. Er lacht und setzt sich dann auch seinen Helm auf, startet und fährt langsam los.

Während der Fahrt fällt mir auf, wie ich seine Nähe, zu sehr genieße. Wird mich das irgendwann in Schwierigkeiten bringen? Werde ich mich zu sehr auf ihn einlassen und etwas wird zerbrechen? Wie unsere Freundschaft oder mein Herz? Vielleicht auch Seins?
Seine Hand streift meine, als er merkt, dass ich mich nicht mehr richtig festhalte. Meine Gedanken haben Abstand zwischen uns gebracht. Wortwörtlich.
"Hannah, bitte fall mir nicht runter", kommt es gedämpft von meinem Vordermann und er löst die Berührung wieder, um den Lenker zu umfassen. Der kurze Körperkontakt sprüht Funken durch meinen Körper und holt mich wieder in die Gegenwart zurück. Das Ganze beweist mir einfach, dass ich mehr von seiner Nähe will. Ich klammere mich nach seiner Bitte fester an ihn und will ihn gar nicht mehr loslassen. Beginne zu grinsen, als ein Vibrieren durch seinen Körper geht. Er lacht. Nickt dann aber zur Seite und erst jetzt bemerke ich den wunderschönen Sonnenuntergang, der sich neben uns in voller Pracht ausbreitet. Das Grinsen, welches ich sowieso schon auf den Lippen hatte, breitet sich nur noch mehr aus. Ich bekomme es gar nicht mehr weg. Was solls. Dann tun mir nachher eben meine Wangen weh.
Während ich den untergehenden Orangen- und Rosatönen entgegenblicke, nehme ich den starken, salzigen Meergeruch wahr, gemischt mit Maxis Geruch. Er riecht nach Zitrusfrüchten, wie Grapefruit, gemischt mit einem rauchigen und holzigen Duft. Erinnert mich an Bleu de Chanel. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er dieses teure Parfüm gerade wirklich trägt. Mir ist noch nie aufgefallen, wie gut er eigentlich riecht.
Wie der Geruch noch nicht verblassen konnte, wundert mich aber. Wenn ich einen Duft auftrage, ist der gefühlsmäßig nach 10 Minuten wieder weg. Bei Männern hält das einfach länger. Das ist mir bei meinem Bruder schon aufgefallen. Das Gleiche mit Duschgel. Das ist unfair. Ich sollte mir Männer Hygieneartikel zulegen. Bei diesen unsinnigen Gedanken muss ich kichern, Maxi bekommt das mit und dreht leicht seinen Kopf zur Seite.
"Was gibt's da zu lachen?", will Maxi wissen, blickt aber wieder auf die Straße vor uns.
"Ach nichts, mir kam nur ein blöder Gedanke, nichts Wichtiges", gebe ich ihm als Antwort und er nickt verständlich.

Nachdem wir schon ein Stück gefahren sind und meine Gedanken immer wieder zu dem heutigen Tag gewandert sind, merke ich, wie wenig Zeit ich mit Maxi am Strand verbracht habe. Ich meine, ja, jetzt sind wir zusammen und das macht mich unfassbar glücklich, aber wir haben, seit die anderen mich abgeholt haben, kaum ein Wort miteinander gesprochen. Was ich echt schade finde. Vielleicht ist es ihm auch aufgefallen, und das war der Grund, weshalb er wollte, dass ich mit ihm fahre. Denn eigentlich war ausgemacht, dass ich wieder bei Nessi mitfahre. Ich hoffe, wir finden dann noch die Zeit, um zu quatschen.
Als Maxi ruckartig an einem Stoppschild stehen bleibt, rutsche ich automatisch am Sitz des Motorrads etwas nach vorne und pralle nicht ganz so sanft an seinem Rücken auf.
"Tut mir leid, ist alles okay?", erkundigt sich Maxi und dreht sich ein wenig zu mir um. Er blickt mir schon wieder so tief in die Augen, als würde er dort die Antwort suchen. "Alles gut, kein Problem."
Auch wenn ich nur seinen Augen entgegenblicken kann, sehe ich sein Lächeln und mache es ihm nach. Heute lächle ich wirklich viel zu viel.
"Gut. Kann es weitergehen?" Ich nicke und er dreht sich wieder nach vorne, sieht einmal nach links und dann nach rechts. Fährt wieder los. Ich kann erkennen, dass Maxi einen Umweg fährt. Die Fahrt zum Strand war kürzer. Ich wundere mich, habe aber nichts dagegen einzuwenden. Je mehr Zeit ich mit ihm verbringe, desto besser.
Sobald ich das Lindos Straßenschild erkenne, weiß ich, dass wir nicht mehr lange brauchen, und augenblicklich wünsche ich mir, er wäre einen noch größeren Umweg gefahren.

Zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt