35: blutige Wiederbegegnung

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Wie vorher. Der Gedanke will mir nicht aus den Kopf gehen. 
Die Sonne steht schon tief und noch keine Spur von einer guten Nachricht. Der gesamte Palast versucht die Angst, die sich wie ein Mantel um alles legt, wegzureden. Shi Rougang und die Mädchen plappern eifrig und mit jedem, wobei sie am härtesten getroffen werden. Eine ihrer Freundinnen schwebt in Lebensgefahr. Sie wissen nicht einmal, ob sie noch lebt.
Auch Xiao Xingchen hat gehört, was er tun soll und ihm gefällt die Idee nicht: Er steht schweigend herum und rührt sich die ganze Wartezeit über kaum. 
Wei Ying auch nicht, aber er liegt im Koma und keiner weiß, was aus ihm werden wird. Vielleicht wird er für immer dort leben. Halb tot und noch an die Lebenden gebunden.

Ich verkrieche mich in meinen Gemächern und starre die Decke an und lausche der bekannten Lauschkulisse, die sich unten breit macht. Es wird Nacht. Bin ich hier schon so lange, dass ich so vertraut mit dem Leben hier bin?, frage ich mich und finde keine Antwort darauf. 
Ich habe keine Ahnung wie lange ich hier bin und vermutlich ist es auch irrelevant. Das einzige was relevant ist, ist der Krieg und wie wir mehr Opfer verhindern können.
Mitten in der Nacht wird es plötzlich still und ich schrecke aus meinen Bett auf und laufe die Treppen in die Eingangshalle hinunter. Die Schlangenfrau steht mit erhitztem Gesicht dort und sie ist alleine. Ich höre Shi Rougang aufheulen und das kann nur eins bedeuten. Jeder weiß was passiert sein muss. 
"Er hat sie umgebracht", verkündet die Krieger und die dunklen Vorahnungen werden Wirklichkeit. "Und er hat einwilligt sich morgen mit Xiao Xingchen zu treffen." 
Bei seinem Namen sehe ich mich nach ihm um, um seine Reaktion zu sehen, aber er ist nicht anwesend. Ich seufze. Dann werde ich es ihm nachher erzählen müssen. 
Keiner applaudiert. Diese Menschen sind wie eine Familie und wer jemanden herausreißt, wird ihre Rache zu spüren bekommen. 
"Bastard", zischt jemand hinter mir und drängt sich grob an mir vorbei. "Verzeiht", sagt er nur und stellt sich neben die Kriegerin. "FÜR DAS WAS ER UNSERER SCHWESTER ANGETAN HAT WIRD ER BLUTEN!", schwört er allen und die Meute stimmt jubelnd in seinem Kriegsschrei mit ein. 
Das lange dunkle Haar weht um seine schlanke trainierte Figur. Er zieht das Schwert und ich höre bereits das Klieren von Klinge auf Klinge, von Klinge auf Fleisch und Blut. Die anderen ziehen es nach. Das wird kein Duell werden, sie werden sich auf ihn stürzen wie hungrige Hyänen. 

Xiao Xingchen will nichts davon hören. Ich lege einen Hand auf die Schulter, um ihn aus seiner Meditation zu wecken. Erst als ich seinen Namen mehrmals wiederhole, öffnet er missmutig die Augen. 
"Hast du es gehört?", frage ich ihn. 
"Das ich ihn töten soll in einem Duell. Das stand schon von Anfang an fest." 
"Woher weißt du das?"
"Wenn man die Menschen kennt, sind sie leicht zu durchschauen", erwidert er und will wieder in Meditation versinken. 
"Er hat das Mädchen umgebracht, dass ihn die Botschaft überbracht hat", sage ich. Vielleicht ändert das seine Meinung. 
"Ich werde ihn töten", versichert er mir genervt, "aber der Preis wird teuer sein." Ich weiß wovon er spricht, aber ich kann ihn nicht helfen und Trost will er nicht.
"Der Weltfrieden ist wichtiger als eine Person, du hast Recht." Er nickt mir zu. "Holt mich wenn es soweit ist." 
Er versinkt wieder seine Meditation und lässt mich mit meinen eigenen Sorgen allein. 


Zwei Stunden später haben sich die Krieger vor dem Palast versammelt. Auf Xiao Xingchens Wunsch musste ich mich bereiterklären mitzukommen. Es wird kein fairer Kampf werden und alle sind hochmotiviert diesen Krieg zu beenden. Heute Nacht.
Xue Yang hat darauf bestanden uns beim dem Grabhügeln zu treffen. Ich weiß auch warum: Er kann die Leichen und Seelen steuern und als Waffen nutzen. 
"Sobald er tot ist, ziehen wir uns zurück", ordne ich an und die Krieger nicken. Auch sie wissen, was für eine Gefahr von Xue Yang ausgeht, auch wenn er tot ist.
Wir verstecken uns in den Wäldern die ringsrum um den Hügeln sind und beobachten wie Xiao Xingchen in die Mitte vom Berg tritt und nicht lange warten muss, bis Xue Yang kommt. 
"Xue Yang", sagt Xiao Xingchen gespielt gehässig. Ich höre jedes Wort, was sie austauschen.
"Du bist also auch wieder da", antwortet er und in seiner Stimme schwingt unüblicherweise kein Spott mit. Vielmehr ist es ehrliches Besorgnis. 
"Ja und du auch." 
"Willst du mir erklären das wir Feinde sind?" 
Er macht einen Schritt auf Xiao Xingchen zu, der zögernd zurückweicht. "Hast du Angst das ich dich töte?"
Langsam mache ich mir Sorgen, ob es eine gute Idee war, Xiao Xingchen zu schicken. 
"Du bist ein elender Massenmörder", wirft in Xiao Xingchen entgegen und kämpft mit seinen zwiegespaltenen Gefühlen. Die Frage ist ob seine Liebe oder sein Gerechtigkeitssinn stärker ist. 
"Na und." Er zuckt mit den Schulter und landet mit einem plötzlichen Satz vor Xiao Xingchen. "Du bist auch nicht besser."
"Vergleich mich nicht mit dir", sagt Xiao Xingchen. Xue Yang nimmt sein Gesicht in seine Hand und dreht es zur Seite.
"Du fühlst aber das gleiche." Er sieht sich um. "Haben sie dich wirklich ausgeliefert oder bist du gekommen um mich zu töten?"
Als er antworten will, unterbricht Xue Yang ihn: "Du kannst mich nicht töten, selbst wenn es wolltest. Du wirst es nicht über dich bringen." 
"Das werde ich." Seine Stimme zittert und er reißt sich von Xue Yang los und zieht die Klinge. Xue Yang steht reglos auf der Stelle und beobachtet ihn, was Xiao Xingchen verunsichert und zögern lässt. 
"Du bist das Monster", sagt Xue Yang und grinst ihn an. Er kommt wieder auf ihn zu, umfasst die Klinge und richtet es auf sich selbst. "Los töte mich." 
Xiao Xingchen starrt ihn nur an, während Xue Yang ihm immer näher kommt. Das soll kein Beginn einer süßen Romanze sein, es soll das Ende vom Krieg sein.

Er drückt seine Lippen auf die von Xiao Xingchen. Von den Gebüschen aus kann ich sehen, wie Xiao Xingchen die Hände zu Fäusten ballt und sich verspannt. Er legt eine Hand in Xue Yangs Nacken und mit der anderen richtet er die Klinge auf Xue Yangs Herz. 
"Tu es", erwidert Xue Yang, während er ihn küsst und umfasst Xiao Xingchen Hand, die an der Klinge liegt und führt sie näher an seine Haut. "Stich zu." 
Xiao Xingchen atmet laut und ein und aus und stößt zu, zögert dann aber. Es ist Xue Yang der den letzten Stoß beendet, dann erschlafft sein Körper und er taumelt. "Du kommst mit", sagt er und flüstert verbotene Beschwörungen, die einem im Normalfall töten. Aber da er eh gestorben wäre, macht das nichts aus. "Im nächsten Leben, Xiao Xingchen, im nächsten Leben, werden wir zusammen-" Er bricht ab und bleibt liegen. 
Der Boden unter uns bebt. Angewurzelt bleibt Xiao Xingchen vor seiner Leiche stehen und rührt sich nicht. Eine weitere Welle lässt den Boden beben und die Oberfläche beginnt zu berechnen. 
"XIAO XINGCHEN!", schreie ich ihm zu und er kommt wieder zu sich. In Schockzustand greift nach Xue Yangs Leiche und sprintet auf mich zu. Obwohl er sterben wollte, ist der Überlebenswille in ihm größer. Dort wo er gerade noch stand, klettern die Toten in Massen aus der Erde heraus und gehen auf uns los. 
"Rückzug!", befehle ich und die Krieger beginnen vor den Untoten wegzulaufen. 
Wir haben es geschafft. Xue Yang ist gefallen, aber der Krieg ist noch nicht vorbei, solange diese Ungeheuer lebendig sind. 
Wei Ying kann Ihnen ein Ende setzen. Er ist der einzige, der sie aufhalten kann. 

Sie kreisen uns ein und der Gestank von verrottetem Fleisch und Tod kommt immer näher. Sie sind in der Überzahl und viel stärker. Ich schließe meine Augen. Ich kann nichts gegen sie tun. Vielleicht wirst du uns retten. Das ist meine letzte Hoffnung. 

 

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Again and Again - WangXian[ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt