Kapitel 106

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"Seid ihr sicher, dass ihr das packt?", fragte Roses Mutter Wheein uns besorgt.

"Ja. Da bin ich mir sehr sicher.", lächelte ich und sah zu Yoongi, der schon aufgestanden war, damit er mir nun aufhelfen konnte.

Er erwiderte das Lächeln und nickte. Vorsichtig half er mir hoch und dann von dem Blatt an das Ufer zu kommen.

Wheein seufzte. "Nun gut. Wie gesagt, wir haben euch soweit gebracht, wie wir nur konnten."

Ich sah wieder zu ihr und nickte lächelnd. "Und dafür sind wir euch beiden auch echt dankbar."

Die zwei Nymphen hatten uns deutlich weiter den Fluss aufwärts transportiert, als wir erwartet hatten. Wir standen nun nur noch ein paar hundert Meter von den Mauern des Feenreichs entfernt.

Eigentlich hatten wir erwartet, dass sie uns dort, wo wir Rose getroffen hatten schon absetzen würden, aber Wheein hatte darauf bestanden, dass sie uns so weit flussaufwärts brachten, wie sie nur schwimmen konnten. Und das war tatsächlich bis knapp vor das Feenreich.

Wheein seufzte und sah kritisch zu, wie ich schwankend stehen blieb und mir von Yoongi die Tasche geben ließ.
"Wäre ich nicht an das Wasser gebunden, hätte ich dafür gesorgt, dass wir euch noch etwas länger begleiten können."

"Eomma! Die beiden sind alt genug. Außerdem hast du dir um mich noch nie solche Sorgen gemacht!", beschwerte sich Rose und verschränkte etwas empört ihre Arme vor ihrer Brust.

"Du warst auch noch nie so schwer verletzt, wie Jimin. Worüber ich auch mehr als dankbar bin, mein kleiner Lotus.", erklärte ihre Mutter beschwichtigend.
"Und er sieht seinem Vater halt einfach so ähnlich. Ich komme nicht drum herum ihn in Jimin zu sehen. Und du könntest es auch nicht mit ansehen, wenn zum Beispiel Hoseok Schmerzen hätte, oder?" Rose seufzte und schüttelte ihren Kopf.

"Nein. Könnte ich wohl nicht...", gab sie dann auch zu.

"Keine Sorge Wheein. Yoongi und ich haben schon deutlich andere Herausforderungen überlebt. Den Weg zu den Zwergen bekommen wir dann jetzt auch noch voll hin.", lächelte ich und auch Yoongi nickte.

"Ich verwandel mich mal.", gab er leise zu verstehen und kaum hatte ich genickt, stand er schon auf seinen vier Tigerbeinen vor mir. Seine Verwandlung wurde von den beiden Nymphen mit großen Augen verfolgt.
Ich zwinkerte den beiden zu und hievte mich auf Yoongis Rücken, der mich dabei so gut unterstützte wie es ihm möglich war.

"Wir bekommen das hin. Und so muss ich mich hier ja auch relativ wenig bewegen.", gab ich den Beiden zu verstehen.

Langsam nickte Wheein. "Nun gut. Gebt trotzdem gut auf euch acht. Und ich wünsche, dass es dir dann schnell besser geht."

Dankbar verneigte ich mich leicht vor den beiden Nymphen.
"Dankeschön. Und nochmal vielen Dank, dass ihr uns hier her gebracht habt."

"Gerne doch. Aber ihr müsst unbedingt wieder kommen! Weil, wenn ihr dann wieder da seid, dann will ich Geschichten hören, was ihr alles so erlebt habt und wie die Welt außerhalb des Waldes aussieht!" Ich musste grinsen, bei dem Wissensdurst den Rose verlauten ließ.

"Wir werden sicher wieder kommen.", versprach ich den Beiden. "Und dann auch mit deutlich mehr Zeit."

Zufrieden nickte die junge Nymphe und auch Wheein schmunzelte.

"Dann bis zum nächsten Mal.", lächelte sie und hob die Hand zum Gruße. "Und eine gute Reise euch. Ich freue mich auf das nächste Mal und dass dann alle wieder gesund sind."

Ich nickte und hob auch meine Hand. Dann warf sie sich rücklings in das Wasser und schwamm wieder flussabwärts.

"Bis zum nächsten Mal!", rief Rose ebenfalls uns entgegen und drehte sich dann flink um, um ihrer Mutter zu folgen.

Ich nahm meine Hand wieder nach unten und seufzte. Jetzt waren Yoongi und ich wieder alleine.

Der Tiger unter mir brummte und setzte sich dann vorsichtig in Bewegung. Ich schaukelte sanft hin und her, bis ich mich auf seinen Rücken wieder ablegte und mein Gesicht wieder in seinem Fell vergrub.

Genüsslich sog ich seinen Duft wieder ein und umarmte seinen breiten Brustkorb, was ein leichtes warmes Brummeln ihm entlockte. Auch wenn es nur ein paar Tage her war, dass wir unterwegs waren, hatte ich diese besondere Art unseres Zusammenseins schon irgendwie vermisst.
Auch wenn es schön war, dass Yoongi nun selbst bestimmen konnte, wann er wie herumlief, so würde ich es wohl doch irgendwie vermissen, falls er nie mehr mein großer schwarzer Tiger sein würde. Zu weich und warm war sein Fell und so konnte ich einfach so schön mit ihm kuscheln. Andererseits wusste ich nicht, ob er nicht froh darüber sein würde, niemals mehr dieser Tiger zu sein...

So in Gedanken versunken, sah ich stumm auf die weiße Mauer des Feenreiches, wie wir an ihr entlang zogen.

Ich schlief schon fast auf Yoongis Rücken ein, als ich seltsame Geräusche hörte, die ich absolut nicht einordnen konnte.

Verwirrt setzte ich mich auf und lauschte nach vorne von wo die Geräusche überhaupt herkamen. Yoongi hatte sie wohl auch schon längst gehört, denn seine Ohren waren wachsam nach vorne gerichtet.
Ich meinte laute Rufe und Schreie zu vernehmen und irgendetwas klirren. Hin und wieder auch dumpfe Schläge.

Ich schluckte etwas. Das klang irgendwie nicht sonderlich gut. Etwas unruhig rutschte ich hin und her.

"K... kämpft da wer?", fragte ich etwas unsicher.

Yoongi lief aber einfach weiter und lauschte. Irgendwann legte er den Kopf etwas schief und schüttelte verwirrt, aber auch etwas unsicher den Kopf. Aber wenn das keine Kampfgeräusche waren, was denn dann?

Unser Weg an der Mauer führte uns in ein kleines Wäldchen von ein paar hundert Metern. Doch als wir aus diesem hinaus auf eine etwas größere freie Fläche kamen, konnten wir in der Ferne wohl die Verantwortlichen für diese Geräusche nun wahrnehmen. Ich kniff meine Augen zusammen und starrte an einen Teil der Mauer.

"Macht sich da jemand an der Mauer zu schaffen?", fragte ich etwas verwirrt.

Yoongi brummte nur und trottete im gleich bleibenden Tempo einfach weiter vor sich hin. Je näher wir kamen, desto besser konnten wir erkennen, was dort vor uns eigentlich passierte. Und desto größer wurden meine Augen.

Das an der Mauer waren Feen! Und sie rissen unter großem Aufwand diese weiße marmorne Mauer ein! Eifrig flogen duzende Feen auf und ab, um mit Spitzhacken und allerlei anderem Werkzeug die Steine zu lockern und herunter zu stoßen.

Etwa 50 Meter von der Baustelle entfernt verlief ein kleiner Bach, dem Yoongi und ich uns nährten. Ein junger Feenmann kniete gerade davor, um sich ein wenig Trinken dort heraus zu schöpfen.
Vermutlich hatte er unsere Spiegelung gesehen und schreckte mit einem Mal zurück. Geschockt starrte er uns an.

"T... tut mir leid. Wir wollten dich nicht erschrecken.", gab ich verlegen von mir. Der Junge starrte uns immer noch erschrocken an.

"Ich bin Jimin.", versuchte ich ihn etwas zu beruhigen. "Und das ist Yoongi. Wir wollen dir nichts böses."

Langsam schien der Kopf von dem jungen Mann wieder zu funktionieren.

"O... okay... Tut mir auch leid. Ich bin einfach etwas schreckhaft.", gab er zu und schien wieder ein wenig aufzuatmen.

Ich wollte gerade ansetzen und etwas zu dieser Baustelle hinter ihm fragen, als ich davon abgehalten wurde.

"Minho! Was braucht denn das so lange? Wir..." Ein etwas älterer Feenmann kam angeflogen, doch stockte, als er mich auf Yoongi sah. Er landete und starrte uns ungläubig an.

"Jimin?! Und der Tiger?!"

Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
"Hallo Minghao. Schön dich wieder zu sehen."

The Way To Your DestinyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt