6 (5) Glockenläuten

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Dean lag auf dem Bett in dem miefigen Motelzimmer, die Vibrationen des Bettes erstarben und er seufzte leise. Es war sein letzter viertel Doller. Er fragte sich wie viel Zeit wohl schon vergangen war seit Sam und Aria gegangen waren. Er machte sich Sorgen. Er wollte sie anrufen, doch wie sollte er die Nummer wählen? Blöde moderne Smartphones ohne Tasten. Hätte er mal lieber den Sprachassistenten eingerichtet, anstatt es auf später zu schieben.

Es klopfte. Dean hob den Kopf, konnte aber kaum etwas erkennen. Er wartete. Wartete darauf, das Aria durch die Tür kam. Schließlich hatte sie ja zu ihm gesagt, dass sie es das nächste Mal so machen. Aber sie hatten das Auto genommen. Er hätte doch das Auto gehört. War etwas passiert? Musste Aria schnell fliehen und war Sam etwa -

Ein weiteres Klopfen an der Tür. Dean setzte sich aufrecht im Bett hin.

„Ja?", rief er.

„Agent Farell? Hier ist Penelope. Erinnern Sie sich noch?"

Dean überlegte kurz. „Äh, ja. Gestern Abend. Bei Dr. Bright."

„Agent, ich habe Informationen für Sie. Lassen Sie mich bitte rein?"

Dean stockte. Sollte er in seinem Zustand wirklich eine fremde Person herein lassen? Das wäre nicht klug. Auf der anderen Seite war Dean neugierig, was sie ihm zu erzählen hatte.

„Einen Moment!", rief er wieder in Richtung Tür. Er stand auf, streckte seine Arme nach vorne und zur Seite aus um nicht aus Versehen gegen einen Stuhl oder Ähnliches zu laufen.

Es klopfte wieder. „Agent Farell, bitte lassen Sie mich rein." Ihre Stimme klang mittlerweile leicht panisch.

Er stolperte durchs Zimmer, drehte den Türknauf und öffnete die Tür einen kleinen Spalt. Das Gesicht zur Seite gedreht, damit sie seine Augen nicht sieht.

„Penelope? Was ist denn los?"

„Agent! Ich glaube jemand ist hinter mir her. Sie müssen mir helfen!"

***






„Ein Mitglied der wilden Jagd?", fragte Sam ungläubig. „Was soll das heißen?"

Dr. Bright (oder Freydis) seufzte. „Normalerweise – in der alten Zeit – zog die Wilde Jagd durch Städte und Dörfer um all jene zu bestrafen, die sich nicht an die Regeln hielten. Bettlaken zerschneiden, Jungfrauen mitnehmen, so was halt. Die Perchten kamen mit uns in die Wohnsiedlungen. Sie streiften eigenständig umher, lugten in die Häuser, betraten hier und da auch mal eines, überprüften, ob die Sünder vom letzten Jahr sich gebessert hatten oder nicht. Wenn unser Streifzug vorüber war, kamen die Perchten wieder an unsere Seite und wir kehrten zurück in unsere Welt. Hin und wieder passierte es, dass einzelne Mitglieder zurück blieben. Doch die Menschen wussten sich zu helfen."

„Die Glocken", schlussfolgerte Aria.

Freydis nickte. „Ganz genau. Damit wurden auch die letzten Nachzügler wieder nach Hause geschickt. Doch die Menschen verloren immer mehr den Glauben an uns. Und so kam es wie es vielen von uns ging. Wir wurden vergessen und verloren den Großteil unserer Macht und unsere Reihen schrumpften. Bis sich eine der Perchten das nicht mehr gefallen lassen wollte. Sie versteckte sich bei einem unserer Streifzüge weit weg von der letzten Siedlung, sodass sie auch das Glockenläuten zum Dreikönigstag nicht mehr erreichte. Seit her wurden viele von uns auf die Suche nach ihr geschickt."

Aria hatte sich während der Erzählung von Freydis möglichst unauffällig im Haus umgesehen. Sie lies ihren Blick über alles schweifen, was sie von ihrem Standpunkt aus erreichen konnte, ohne sich zu bewegen.

Weiße RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt