(3) Verrat

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Als Aria am nächsten Morgen erwachte fühlte sie bereits, dass etwas anders war als zu dem Zeitpunkt an dem sie nackt in Deans Armen eingeschlafen war. Sie lag auf ihrer linken Seite, das Gesicht Richtung Bettrand zum Fenster hin gerichtet, die rechte Hand hing etwas über dem Rand des Bettes. Sie drehte ihren Oberkörper leicht nach hinten, doch Dean war nicht da. Nur eine zurückgeschlagene Bettdeckenhälfte. Sie hörte Geräusche aus dem Bad und lächelte sanft. Sie wollte ebenfalls aufstehen, doch versagten ihre Gliedmaßen ihr den Dienst.

Im ersten Moment dachte sie an eine Nachwirkung der Dinge, die Dean letzte Nacht mit ihr angestellt hatte, doch ziemlich schnell wurde ihr klar, dass ihre Beine nicht einfach nur müde und schwer waren, nein sie waren absolut bewegungsunfähig.

Panik stieg in Aria hoch. Was war hier los? Warum konnte sie ihre Beine nicht mehr bewegen? Sie wollte die Bettdecke weg schieben, doch auch das klappte nicht. Mehr als ein kurzes Zucken in den Fingern brachte sie nicht zustande. Ihr Kopf wurde heiß, Herzschlag und Atem gingen schneller. Sie holte tief Luft und ein lautes „DEAN!" kreischte durch die Stille des Morgens.

Dean, nur in Unterhose und schwarzem T-Shirt bekleidet, sprintete ins Schlafzimmer, auf ihre Seite des Bettes und kniete sich vor sie hin. „Was ist los?", fragte er aufgeregt und leicht panisch, erschrocken von ihrem ebenfalls panischen Ruf. „Geht's dir gut?"

„Ich kann mich nicht bewegen." Die Worte drangen an sein Ohr, weiter ins Gehirn vor, das nach dem kurzen Moment der Verarbeitung sofort in den Alarmmodus ging. Dean war hellwach, Adrenalin schoss durch seinen Körper, seine Gedanken rasten. Was ging hier vor sich?

„Wie meinst du das?"

Arias Atem ging stoßweise, Dean hatte Angst, dass sie jeden Moment bewusstlos werden könnte. „Ich wollte aufstehen, aber ich kann meine Beine nicht bewegen. Und meine Arme ebenfalls nicht. Dean ... was ist hier los?"

„Ich ... Ich weiß es nicht. Aber das finden wir raus. Du musst ruhig bleiben, hörst du? Versuch , dich zu beruhigen."

„Mich beruhigen? Dean, verflucht, ich kann mich nicht bewegen! Wie zur Hölle soll ich mich da beruhigen?!"

„Na, wenn du ohnmächtig wirst, vor lauter Panik, hilft uns das auch nicht weiter." Er nahm ihre Hände in seine und sah sie eindringlich an. „Beruhige dich. Atme."

Aria presste die Lippen aufeinander und atmete deutlich hörbar durch ihre Nase ein und wieder aus. Sie schloss die Augen und spürte, wie sich ihr Puls wieder etwas normalisierte, nicht zuletzt wegen Deans Anwesenheit und der Ruhe, die er ausstrahlte, auch wenn es in seinem Inneren brodelte und kochte.

Aria öffnete ihre Augen wieder und wollte den Kopf heben, um ihn besser ansehen zu können. Doch auch das klappte nun nicht mehr. „Dean?" Er sah zu ihr. „Ich kann mich immer weniger bewegen. Du musst ..." Sie stockte. Ihre Zunge und ihre Stimmbänder, ihr Mund, ihre gesamte Gesichtsmuskulatur entglitten ihrer Kontrolle. Sie sah ihn angsterfüllt an. „Telefon ...", würgte sie noch heraus. „Hohepriesterin ..." Krächzend atmete sie ein, doch es drang kein weiterer Ton mehr aus ihrer Kehle.

„Was? Aria? Hey!" Dean rüttelte sie an der Schulter, doch es half nichts. Sie blieb stumm. Er rieb sich die Schläfen. „Komm schon, Dean!", sagte er zu sich selbst. „Konzentriere dich! Telefon!" Er sah sich um. Auf dem Nachttisch neben Arias Kopfkissen lag ein Handy. Er nahm es hoch, schaltete den Bildschirm ein und suchte nach ihren Kontakten. „Hohepriesterin ..." Er ging alle Einträge unter H durch, doch fand nichts außer einer Hannah und dem Hotdog Typ. „Da steht nichts von Hohepriesterin!" Aria blinzelte wie verrückt. Es dauerte einen Moment, bis es auch ihm klar wurde. „Oh, klar. Der Name. Wie ist der Name." Er sah sie an. Seine Beine wurden langsam taub, denn noch immer kniete er vor ihrem Bett. Mit kalten Füßen, die für ihn in dem Moment absolut unwichtig waren, fragte er: „Aria, wie ist ihr Name?" Doch mehr als wie verrückt zu blinzeln, schaffte sie nicht. Jeden Eintrag einzeln durchzugehen würde viel zu lange dauern. Dean entschloss sich, das Alphabet mit ihr durchzugehen, denn das würde höchstens eine Minute dauern.

Weiße RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt