3(4) - Revolution oder Verrat

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„Was zur Hölle ist das?", fragte Dean überrascht, als sie die Tür durchschritten hatten. Sie fanden sich in dem Teil des Anwesens wieder, der von außen wie ein mittelalterliches Türmchen aussah. Der Raum war komplett rund und erstreckte sich über die gesamte Höhe des Hauses. Eine schmale Wendeltreppe aus dunklem Holz führte flach an der Wand entlang bis hinauf zur Galerie ganz oben. Doch das, was ihm am meisten beeindruckte, waren die unzähligen Kräuterbündel, die von überall herunterhingen.

Abertausende von getrockneten Pflanzen, sorgsam gebündelt und kunstvoll aufgehängt, erfüllten den Raum mit einem betörenden Duft. Salbei, Thymian, Lavendel, Rosmarin und viele andere Heilkräuter bildeten eine farbenfrohe und duftende Kulisse. Jeder freie Zentimeter war mit Bündeln behangen – an der Wand, am Treppengeländer und sogar an versetzten Holzbalken zwischen den Treppengeländern. Das Ganze wirkte wie eine lebendige Kräuterwand, die das Wissen und die Weisheit vergangener Zeiten widerspiegelte.

Die Luft in dem Kräuterturm war stickig, würzig und drückend. Die Aromen der verschiedenen Kräuter vermischten sich zu einem berauschenden Potpourri, das einem das Gefühl gab, in eine andere Zeit und Dimension einzutauchen. Man konnte förmlich die Jahrhunderte alte Magie und Heilkraft dieser Pflanzen spüren, die sich hier zu einem botanischen Schatz vereinten. Die zahlreichen Bündel, die sogar die kleinen Fenster bedeckten, ließen nur ein gedämpftes Licht in den Raum und verliehen ihm eine geheimnisvolle und mystische Atmosphäre.

„Das ist unser Kräuterturm", antwortete Aria, wieder vollkommen Herr über ihre Sinne. „Er ist so vollgestopft, es ist das perfekte Versteck."

Dean schaute sich weiter im Kräuterturm um, noch immer fasziniert von der düsteren Atmosphäre und den hängenden Kräuterbündeln, die wie ein dichter Vorhang das Geschehen um sie herum zu verschleiern schienen. Er konnte das schwere, würzige Aroma der Kräuter förmlich in seinen Lungen spüren, während sie langsam durch den Raum schritten.

Mit dem Rücken zu Dean gewandt, bemerkte Aria nicht die Gestalt, die sich lautlos hinter ihnen näherte. Plötzlich hörte sie einen dumpfen Schlag und bevor sie sich umdrehen konnte, sah sie aus dem Augenwinkel, wie Dean zu Boden ging. Ein kräftiger Schlag gegen die Schläfe hatte ihn außer Gefecht gesetzt. Panik durchfuhr sie, und ihr Herz begann wild zu rasen.

Als sie sich endlich vollkommen umgedreht hatte, erkannte sie die Person vor sich. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung und Entsetzen, als sie die dunkle Gestalt erkannte. "Du!", rief sie aus, ihre Stimme zitternd vor Angst und Wut.

Aria blickte zu Dean, der reglos auf dem Boden lag, und spürte einen Anflug von Verzweiflung. Dann sah sie wieder zu der Gestalt.

„Du bist Jalila, richtig?", fragte sie zögerlich, doch die lachte nur und trat langsam aus dem Schatten heraus.

Es war eine Frau aus Syrien. Sie hatte vor etwa vier Jahren im Anwesen Zuflucht gesucht, da sich die Kämpfe in dem Land immer mehr zugespitzt hatten und es selbst für Hexen immer gefährlicher dort wurde. Ein Jahr vor den Ereignissen, die mit Gwens Tod endeten ...

Ihre Augen waren groß und mandelförmig, wie zwei funkelnde Sterne, die in einem strahlend dunklen Meer schimmerten. Die dunklen Locken ihrer Haare fielen in sanften Wellen über ihre Schultern und verliehen ihr eine elegante Ausstrahlung.

Ihre Wangenknochen waren fein geformt und ihre Haut hatte einen olivfarbenen Teint, der von der Sonne geküsst zu sein schien. Ihre Lippen waren weich und leicht geschwungen, als ob sie immer ein Geheimnis bewahrten.

Ihr Gang war selbstbewusst und anmutig zugleich, als sie sich auf Aria zubewegte. Ihre dunklen Augen funkelten, und ihre ganze Erscheinung strahlte eine Aura von Geheimnis und Macht aus. Man konnte förmlich spüren, dass sie eine starke Persönlichkeit besaß und keine Angst zeigte, ihre Ziele zu verfolgen.

Weiße RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt