the deal PT.1 >Negan<

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,,Es tut mir so leid, Y/N."

Die Stimme meines Bruders ist dünn. Seit wir ins Auto gestiegen sind, hat er mich nicht einmal angeschaut. Seine verkrampften Finger um das abgegriffene Leder des Lenkrads verraten, dass ihn etwas aufwühlt. Es hilft nicht, wenn ich ihm erneut versichere, dass die Welt nicht untergehen wird und es mir gut geht - das habe ich in den letzten zwei Tagen nämlich bereits mehrmals getan. Das schlechte Gewissen plagt meinen Bruder zu sehr, als dass meine Worte etwas ausrichten könnten.

Trotzdem, der Macht der Gewohnheit geschuldet, versuche ich seine Seele zu entlasten. ,,Du hast alles versucht, Kieran. Bitte mach dir darüber nicht mehr so viele Gedanken. Ich werde schon klarkommen, du kennst mich doch."

Sein Kiefer verspannt sich, als er sagt:,,Ja, aber ich kenne auch ihn."

,,Ich werde es überleben", gebe ich trocken zurück. Denn das habe ich bisher immer. Ich habe eine gottverdammte Zombie-Apocalypse überlebt, jahrelang. Dann werde ich es wohl auch überleben, meine vertraute Gruppe zu verlassen um als Ärztin im Sanctuary zu arbeiten. Ich meine, wie schlimm kann es im Vergleich zum langsamen aber sicheren Untergang der Menschheit schon werden?

,,Ich hasse mich selbst so sehr dafür, dass ich dich in diese Situation bringe, Y/N. Wenn ich könnte, würde ich das ganze Sanctuary niederbrennen, um dich vor dem zu beschützen, was da drin lauert."

,,Jetzt komm mal wieder runter, Kier. Du hast dich gegen Negan und die Saviors aufgelehnt, deswegen können wir von Glück reden, dass er unsere Gruppe nicht ausgelöscht hat, sondern mit einem Handel einverstanden war. Und ich werde meine medizinischen Pflichten erfüllen, damit ihr weiterhin in Sicherheit seid. Wer weiß, vielleicht darf ich euch ja auch mal besuchen kommen."

Kieran schnaubt leise und schlägt mit einer Hand wütend auf das Lenkrad. Er beschleunigt das Tempo, sodass der Motor aufheult. Aber so war er schon immer - damals, als die Welt noch in Ordnung war, ist er immer auf seinem Motorrad abgehauen, wenn ihn etwas beschäftigt hat. Das liegt in der Familie; Geschwindigkeit lässt uns vergessen. Beruhigt uns. Lässt uns nachdenken und innehalten.

So kommt es, dass wir nach kurzer Zeit schon im Sanctuary ankommen. Wir werden von einer Gruppe Saviors, angeführt von diesem Widerling Simon, in ein großes Gebäude geführt, durch kahle Gänge, eine Treppe hinauf und durch noch mehr Flure, bis wir vor einer schlichten Holztür stehen bleiben.

,,Du bleibst hier", knurrt Simon meinen Bruder an und klopft dann zwei Mal gegen die Tür.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, raubt mir die Luft zum atmen. Auch wenn ich im Auto noch gelassen war, steigt mir die Nervosität nun in Form von säuerlicher Galle die Kehle hinauf.

Ich kenne Negan nur sehr oberflächlich, aber ich weiß, dass mit ihm nicht zu scherzen ist. Er ist brutal und skrupellos, geht ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen und ist unberechenbar. Auch, wenn er für seine Leute da zu sein scheint, ist er ein Arschloch, mit dem ich nicht alleine sein will. Ich vertraue ihm einfach nicht.

,,Ja", höre ich Negans raue Stimme im Zimmer.

Simon öffnet die Türe und bedeutet mir mit einem Kopfnicken, dass ich eintreten soll. ,,Rein da, Prinzessin."

Ich drücke meinen Rücken durch, zwinge meine Wirbelsäule in eine aufrechte und selbstbewusste Haltung, ehe ich mich in Bewegung setze. Zu gerne würde ich Simon im Vorbeigehen auf die Schuhe spucken, weil er bei seinen Besuchen in unserer kleinen Basis jedes Mal respektlos war.. Aber das würde kein gutes Ende nehmen.

Meine Schritte sind auf dem gefliesten Boden fast schon unerträglich laut, weswegen ich direkt hinter der wieder geschlossenen Türe stehen bleibe. Mein Blick schweift durch den mit künstlichem Licht durchfluteten Raum: Die Wände sind bis Hüfthöhe mit denselben Fliesen ausgestattet wie der Boden, an den Wänden stehen und hängen Schränke und Glasvitrinen. Darin sind fein säuberlich die verschiedensten medizinischen Instrumente, Medizin und haufenweise Verbandsmaterial zu finden. Außerdem ist das Zimmer mit einer Liege ausgestattet, die perfekt für Untersuchungen und Operationen geeignet ist.

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