Neun.

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Wir hatten die letzten Tage bis in die Nacht trainiert. Langsam fand ich Routine hier drinnen und eventuell machte mir das ein oder andere auch echt Spaß. Trotzdem ließ er mir immer wieder spüren, dass da noch diese Grenze zwischen uns steht. Denn jedes Mal, wenn wir uns näherkamen, waren wir uns Sekunden später so weit weg, dass man meinen könnte wir hätten eine Affäre.

 
Ich fing an täglich mit Dori zu trainieren. Denn jedes Mal, wenn ich meinen Kopf ausschalten wollte, rief ich Dori und versuchte so das Karussell zum Stehen zu bringen. Dadurch das Dori mich mittlerweile auch den restlichen tag begleitete, wurden wir schnell zu einem guten Team. Wir hassten die gleichen Uhrzeiten, an denen wir unsanft geweckt wurden. Wir liebten das Duschen, nach dem Kräfte zerrenden Training und vor allem den erholsamen Schlaf in unserem riesigen Bett. Das Dori zu meinem tollsten Begleiter wurde, fiel auch Enrico auf, denn letztens hatte er dies zu uns gesagt: >> ich glaube Dori fängt an dich zu lieben <<.

 
Das ich diese Worte aus seinem Mund und zu einem anderen Bezug gern gehört hätte, machte mir mal wieder deutlich, wie sehr mir seine Nähe fehlte. Er sprach mit mir, als wäre ich seine Schülerin und das dies auch wahr war, machte die ganze Sache nur noch komplizierter. Denn während meines Kopfes all das schon längst verstanden, aber vor allem auch akzeptiert hatte, rief mein Herz immer sehnlicher nach seinen Berührungen oder seinem unglaublich einnehmenden Blicken, die er mir momentan viel zu selten zuwarf.

Während bereits Elf Tage vergangen waren, rückte der blöde Samstagabend immer nähe. Denn dieser Abend kann eventuell mein gesamtes Leben verändern. Ob ich will oder nicht, wenn ich diese Chance vermasseln werde ich früher oder später nach England müssen.

 
Dass dieser Fakt meine Aufregung in Angst und Nervosität verändert, gefiel mir ganz und gar nicht. Denn während ich jede freie Sekunde über den Test bei Papa nachdachte, spürte ich wie Enrico genauso nervös wurde. Ob er einiges anders gemacht hätte? Oder ob auch er denkt, dass ich noch nicht so weit bin? Diese Fragen stelle ich mir ständig. Auch wenn ich versuche meinen Kopf auszuschalten, gelingt es mir nicht. Somit trampelte ich mir meine Decke vom Körper und stieg dann leise aus meinem Bett. Dori sprang mir alarmiert hinterher und sah mich dann Schwanz wedelnd an, als ich an der Tür hielt.

Als ich mir meinen Zeigefinger auf die Lippen legte, signierte ich Dori damit, dass sie leise sein sollte. Sofort setzte sie sich hin und drehte dann verständnisvoll ihren Kopf zur Seite. Mit zittrigen Fingern öffnete ich die Tür und schielte dann durch den kleinen Spalt hindurch. Der Flur war dunkel und leer, also nutze ich die Chance und huschte mir Dori im Schlepptau hinaus. Mit leisen Schritten liefen wir an der Zimmertür von Enrico lang und steuerten dann das Treppenhaus an.

 
Erst als ich mit Dori in meinem Philosophie Raum ankam, konnte ich erleichtert durchatmen. Die letzten Wochen waren anstrengend, somit sollte ich jede Minute nutzen um zu Schlafen. Dass ich dadurch jedoch mein Schulisches können vernachlässigt hatte, bereitete mir Bauchschmerzen.

Mit meinem Philosophie Buch nahm ich auf meinem üblichen Stuhl Platz und versuchte dann die Aufgaben nachzuarbeiten, die ich verpasst hatte. Während ich versuchte die vielen Formeln und Forschungstexte zu verstehen, hatte sich Dori neben mich gelegt und die Zeit genutzt, um ein kleines Nickerchen zu machen.

Mit einem Mal viel eine Tür ins Schloss und ließ uns beide zusammenschrecken. Hektisch drehte ich mich um, um sehen zu können wer mich erwischt hatte. Als ich Enrico Müde hinter mir stehen sah, konnte ich nicht anders als zu schmunzeln. Auch wenn ich mich in diesem Moment verziehen und ihn ignorieren sollte, hielt mich der kleine Funke fest, dass ich ihm doch nicht so egal war, wie er versuchte vorzutäuschen. 

>> was zur Hölle tust du um diese Uhrzeit hier? <<, brummte er und rieb sich dann müde die Augen. Er sieht genauso aus wie ich mich fühlte. Dachte ich.

Schulterzuckend sah ich ihn an und ignorierte den Fakt, dass es mir peinlich war, ihm von meiner Nächtlichen Aktion zu erzählen. Genervt kam er auf mich zu und entriss mir dann mein Buch, was ich mit meinen Armen beschützt hatte. Eine Augenbraue zog sich wie von selbst in die Höhe, während er mein Philosophie Buch musterte.

 
>> ich weiß es ist dumm von mir zu denken, dass ich es schaffen würde trotz des Jobs mein Abitur zu bestehen. Aber die Hoffnung verliert zuletzt, stimmts? <<, murmelte ich, weil mich diese Stille wahnsinnig machte. Anstatt meinem Kommentar Wahrheit zu schenken, steuerte er das Pult an und legte dann mein Buch auf diesen.

 
Als sein strenger Blick zu mir wandte, spürte ich die aufkommende Gänsehaut, die sich über meine Arme ziehen würde.

>> Was ist plausibler? die Existenz Gottes oder die Nichtexistenz Gottes? <<, stellte er die Frage, die ich gerade bearbeitet hatte. Meine Augen schielten auf mein Blatt, wo diese Frage in Dick und fett draufstand. Mit meiner Zunge befeuchtete ich meine plötzlich trockenen Lippen.

 
>> Ebenso wie der Ausdruck Existenz ist auch der Ausdruck Gott mehrdeutig. Wir können darunter eine Person oder ein letztes Prinzip oder aber beides, das heißt eine Person als auch ein Prinzip, verstehen. <<, fing ich an und holte dann zitternd nach Luft. Er sah mich mit einem blick an, den ich nicht deuten konnte. Es war, als würde er mich ansehen und der Rest der Welt würde stehen bleiben. Doch das machte genauso wenig Sinn, wie der Fakt, dass er dort vorne steht und mir Fragen über Philosophie stellte.

>> erzähl weiter <<, erwiderte er neugierig. Nickend ließ ich meinen Blick auf mein Zettel gleiten.

 >> Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zuerst die Begriffe, das heißt die Bedeutung der Ausdrücke Existenz und Gott klären. Erst nach dieser Klärung wissen wir, wonach wir fragen. Beide Ausdrücke sind nämlich mehrdeutig. Hinsichtlich der Bedeutung des Ausdrucks Existenz können wir zwischen realer und semantischer Existenz unterscheiden. Reale Existenz ist eine durch Sinneserfahrung belegbare Existenz, die auch kausal wirksam ist. So ist etwa das Morgenrot sichtbar und wirkt auf unsere Augen. Allerdings würden die meisten unter uns im Morgenrot, griechisch Eos, heute nicht mehr wie Homer eine Götting, nämlich die Götting mit dem Name Eos, sehen. <<, sprach ich weiter und spürte, wie ich in diese Antwort alles steckte, was mich umgab. Ich versuchte meine Ansichten mit den Ansichten anderer zu kombinieren. Während ich immer weiter über diese Frage sprach, spürte ich den drängenden Blick von Enrico. Schlussendlich brach ich ab und sah hoch zu ihm. Seine Augen sprachen mal wieder mehr, als es Worte je tun könnten.

Doch diesmal war es anders, es war, als würde er mir die Chance geben ihn lesen zu dürfen. Denn diesmal hatte er seine Maske abgelegt und steckte in seinen Blick all seine Emotionen. Das ich in dieser Situation überfordert war, konnte man mir nicht verübeln. Wie würdest du reagieren, wenn der Mann, der vor dir steht, dir mit seinen Blicken versuchte zu erklären, dass er dich will. Und das mit allem, was er geben kann. Was würdest du in diesem Moment verdammt nochmal tun? Was...? 




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huhu lang kam nichts mehr.

Hoffe ihr seit nicht böse. 


Eure U.C_Shawty

DeepLoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt