◇ Kapitel 22 ◇

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'Also Angel, möchtest du noch etwas schlafen?', fragte ich.

'Weiß nicht', meinte Nico und kuschelte sich an mich. 'Irgendwie bin ich nicht mehr so müde.'

Ich lachte. 'Was dann?'

'Kuscheln', meinte Nico schlicht, als wäre es das einzige, was er bräuchte.

Er lag in meinen Armen, seinen Kopf in meinem Shirt vergraben. Sein eines Knie lag zwischen meinen Oberschenkeln und sein Atem ging gleichmäßig und ruhig.

Ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn. 'Hast du sowas jemals schonmal gemacht?', fragte ich leise.

Nico schüttelte den Kopf. 'Ich fand's nicht so ansprechend ein Skelett zu umarmen. Und ich glaube mein Hund zählt nicht.'

'Du meinst den Höllenhund mit dem du uns abgeholt hast?', fragte ich.

'Ja', sagte Nico. 'Sie heißt Mrs. O'Leary.'

'Also ist das alles neu für dich?', fasste ich zusammen.

'Ja, so ziemlich. Ich hatte nie wirklich die Chance auf Kontakt zu anderen. Und normalerweise bin ich auch kein Fan von Körperkontakt.' Er sah mich an. 'Außer bei dir..'

Ich fuhr ihm durch die Haare. 'Hast du Angst davor?', fragte ich vorsichtig.

'Ich.. naja.. es ist kompliziert.', murmelte Nico und seine Finger gruben sich unruhig in den Stoff meines Shirts.

'Wenn du darüber reden willst, bin ich da.', versprach ich.

'Danke'

Nicos gute Laune schien etwas gedämpft, stellte ich fest. Das hatte ich nicht erreichen wollen.

Um diesen Zustand zu ändern griff ich nach Nicos Armen und zog ihn komplett auf meine Brust. Überrascht trafen Nicos dunkelbraune Augen auf meine und ich meinte, einen leichten Schimmer rot auf seinen Wangen zu sehen.

Ich musste lächeln. 'Ist das okay so?'

'Ja', murmelte Nico. 'Es ist schön. Mir ist wärmer, wenn ich bei dir bin.'

Ich legte meine Hände auf Nicos Rücken und begann, unter seinem Shirt leichte Kreise zu zeichnen.

Nico stützte sein Kinn vorsichtig auf meine Brust. 'Was ist mir dir? Hattest du schonmal jemanden?'

Ich zögerte einen Moment, bevor ich nickte. 'Aber es war keine schöne Zeit.'

'Wieso?', fragte Nico und runzelte die Stirn.

'Ich war zu dumm damals. Hab zu spät bemerkt, dass er mich eigentlich nur ausgenutzt hat.', flüsterte ich leise.

'Wie meinst du das?', fragte Nico, denn ihm schien das Konzept fremd zu sein.

'Er hat mir seine Liebe auf einer Party gestanden. Ich war glücklich und hab mich wertgeschätzt gefühlt. Zumindest am Anfang. Doch dann hat sich alles verändert. Er hat mich immer nur stolz als seinen Freund vorgestellt, wenn wir unter Leuten waren, von denen er Beachtung wollte.'

'Lag es daran, dass du als Sohn des Apollo bekannt bist?', fragte Nico sanft.

Ich nickte. 'Ich bin der älteste Kind von Apollo. Alle kennen meinen Namen inklusive meiner Titel.'

'Ist noch etwas anderes passiert?' Nicos Stimme war beruhigend und mitfühlend.

'Naja, wegen meiner Rolle als Heiler hatte ich schon immer gewisse Selbstzweifel. Doch durch diese Beziehung ist alles den Bach runter gegangen. Er hat mir immer weiter eingeredet, ich wäre nicht gut genug. Ich fing an ihm zu glauben und hab auf das gehört, was er gesagt hat. Er konnte mich benutzen, weil ich zu naiv war. Und ich wollte ihn nicht verlieren, weil ich nicht alleine sein wollte.'

Eine Träne rollte meine Wange herab, als ich an die Zeit zurückdachte. Ich war so blöd gewesen!

Nico wischte die Träne sanft beiseite und küsste meine Lippen. 'Alles ist gut, Will.', sagte er.

'Ich werde die Erinnerungen einfach nicht mehr los. Anfangs waren es harmlose Dinge, die er wollte. Später wurde es anders. Auch körperlich..' Meine Stimme brach.

Nicos Augen waren voller Schock. Die Schatten im Zimmer schienen dunkler und größer zu werden. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als die Temperatur sank.

'Nico, schhh', versuchte ich ihn zu beruhigen und nahm sein Gesicht in meine Hände. 'Das ist Vergangenheit. Ich habe ihn schon länger nicht mehr gesehen.'

'Und ich hoffe, das musst du nie wieder! Solche Menschen sind widerlich. Und du hast sowas nicht verdient! Niemand sollte dir sowas antun!' Nicos Simme klang wütend und besorgt zugleich.

Noch immer wurde es im Raum kälter. Nicos Augen schienen dunkler zu werden. Und trotzdem fühlte ich mich irgendwie.. sicher. Es war schwer zu beschreiben.

Ich zog ihn zu mir und gab ihm einen langen, tiefen Kuss. 'Danke, Angel.'

Nicos Blick wurde ruhiger und die Schatten zogen sich wieder zurück.

'Versprich mir, dass du bei mir bleibst.', bat ich. 'Du bist der einzige Mensch, bei dem ich mich wirklich sicher fühle. Und du bist alles, was ich mir jemals wünschen könnte.'

Nico sah mich an. 'Ich bleibe, solange du es möchtest. Ich beschütze dich, solange du möchtest. Und sollte jemals etwas passieren, was dir nicht gefällt, dann sag es mir.' Nach einer kleinen Pause redete er weiter. 'Ich will dich nicht ausversehen an diesen Typen erinnern.'

'Ich bezweifle, dass du das überhaupt könntest.', flüsterte ich.

Under Burning Stars [Solangelo]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt