Kapitel 7

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Als Sherlock pünktlich um 18 Uhr den kleinen, pastellgelb und weiß ausgestatteten Laden betrat, war Molly schon da. Eifrig winkte sie ihn zu sich herüber, als sie ihn kommen sah.

Sherlock wirkte inmitten dieser blumigen, kitschigen Farben in seinem langen, dunklen Mantel und mit seinem nachtblauen Schal ziemlich auffällig. Auf keinen Fall deplatziert, fand Molly, nur sehr gut sichtbar und Molly gefiel das. Sie empfand die große, schlanke Person in dem geräumigen Raum mit den vielen kleinen Sitznischen mit den niedlichen, weiß-gelben Polstermöbeln, an denen unzählige kleine, pummelige, alte Damen in bunt gemusterten Blusen und Kleidern saßen, als sehr wohltuenden Kontrast. Erhobenen Blickes schritt er auf sie zu. Ihr Herz machte einen kleinen Hopser, als er ihr zum Gruß kurz zu zwinkerte, bevor er gegenüber von ihr Platz nahm.

„Netter Laden.", sagte Sherlock. „Ernsthaft? Also ich finde ihn ein wenig...", Sherlock rollte genervt mit den eisgrauen Augen. „Nein. Nicht wirklich. Der Laden ist scheußlich."

Die Bedienung, die soeben an ihrem Tisch erschienen war und natürlich genau gehört hatte, was Sherlock gerade gesagt hatte, warf ihm einen giftigen Blick zu, bevor sie wieder ihr krankhaftes, vereistes Kellnerinnen-Lächeln auf setzte und mit gestellt fröhlicher Stimme zwitscherte: „Willkommen im Lucy's! Darf es für die junge Dame und ihre...", sie musterte Sherlock abfällig: „...Begleitung... etwas zu trinken sein?", „Einen Chai Latte bitte.", antwortete Molly höflich. Die junge Frau notierte und sah dann Sherlock fragend an. „Für mich nur Tee.", sagte er ausdruckslos: „Zwei Stückchen Zucker und ein Schuss Milch und ähm... vielleicht noch einem Augapfel?", die Bedienung starrte ihn fassungslos an. „Er meint das nicht ernst...", entschuldigte sich Molly. „Er ist nun mal ein... lustiger Kerl...", Sie sah unsicher auf. Sherlock lachte bei „Lustiger Kerl" leise in seinen Mantelkragen, was er, als Hustenanfall getarnt, zu vertuschen versuchte. „Na dann...", sagte die Bedienung abfällig, drehte auf dem Absatz um und stöckelte davon. „Pffff...", inzwischen konnte Sherlock sich kaum noch halten vor Lachen. „Lustiger Kerl... Molly du bist echt unschlagbar!", sie kicherte leise und errötete. „Weißt du, wo John steckt?", „Er wollte noch die Fabrikhallen ansehen, da er mit der Villa in Mortlake schneller fertig war als ich mit der Schule...", „Sherlock nickte. „Er wird sicher bald kommen... wir fangen jedenfalls nicht ohne ihn an..."

Einige Minuten später kam die Bedienung zurück und reichte den beiden ihre Tassen. Sherlock sah in seine und beschwerte sich: „He! Wo ist denn mein Augapfel?", die Bedienung warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Sherlock hob bedauernd die Hände: „Tut mir leid, ich bin eben...", er grinste sie dreist an: „Ein lustiger Mensch, nicht wahr?" Molly kicherte leise in ihre Servierte. Die Frau schnaubte durch die Nase und zischte: „Wirklich urkomisch...", bevor sie sich wutschnaubend entfernte.

„Hey!", rief Sherlock ihr nach: „Das ist aber kein guter Service hier! Nur weil Ihr Freund Sie verlassen hat und Sie diesen Laden genauso hassen wie ich, dürfen Sie noch lange nicht unverschämt Kunden gegenüber werden. Wenn ich Ihr Freund wäre, würde ich Sie auch...", Weiter kam er nicht, denn die Bedienung hatte inzwischen ihre Chefin, Lucy vermutlich, geholt, die Molly und Sherlock aus dem Laden raus auf die Straße eskortierte.

„Glanzleistung...", murmelte Molly, als die beiden sich auf den Weg zu ihr machten. „Ich habe etwas gegen unverschämte Servicekräfte.", entgegnete Sherlock und lachte, Molly seufzte, musste aber letztendlich auch lachen, als sie gemeinsam durch die Straßen Londons liefen.

Bei Molly angekommen, wurden sie von ihrem Kater Toby begrüßt, der maunzend um Sherlocks Beine strich, während er übers Handy versuchte, John zu erklären, was im Lucy's passiert war und weshalb sie sich doch direkt bei Molly trafen. Zögernd streichelte er dem Tier ein oder zwei Mal über den Kopf und es schnurrte bei Sherlocks sanfter Berührung.

„Er mag dich...", Molly stand lächelnd mit zwei dampfenden Tassen in der Tür. Sie hatte Sherlock gebeten, Platz zu nehmen und war Tee holen gegangen. Währenddessen war Toby auf Sherlocks Schoß gesprungen und hatte es sich schnurrend darauf bequem gemacht.

Molly reichte Sherlock die Tasse ohne Milchschaum und nippte an der ihren. Als sie den Kopf hob, war ein wenig Milchschaum an ihrer Oberlippe hängen geblieben. Sherlock sah sie an und lächelte. Dann, ganz langsam, beugte er sich in seinem Sessel vor, weshalb Toby, empört maunzend aufsprang und den Raum, augenblicklich und ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ. Sherlock ignorierte das Tier, stand auf und machte einen Schritt auf Molly zu. Ganz sanft strich er ihr über die Oberlippe. Bei Sherlocks sanfter Berührung lief Molly ein warmer Schauer über den Rücken und sie spürt wie sie auf dem ganzen Körper eine Gänsehaut bekam. Als wäre die Zeit stehen geblieben, standen sie einige Sekunden so da. Eng beieinander, seine Hand auf ihrem Gesicht. Sie sah das Funkeln in seinen Augen und ihm war, als spürte er ihr Herz im selben Rhythmus wie seins schlagen hören. Dann zog er seine Hand zurück und lächelte ein wenig verlegen. „Du... äh... hattest da etwas Milchschaum..." Molly lächelte errötend. Er sah ihr in die Augen und ihr Herz klopfte wie wild, als er sich langsam zu ihr herunter beugte. Er hob die Hand erneut und schob sie ganz sanft in ihren Nacken. Sie spürte seine Wärme und sein Gesicht kam ihr immer näher. Sie schloss die Augen und stellte sich leicht auf die Zehenspitzen, als er noch immer näher kam und... es an der Tür klingelte. Sherlock blinzelte einmal und der Glanz aus seinen Augen war verschwunden. Er ließ von ihr ab und sie huschte zur Tür, um John zu öffnen.

Die drei trugen zusammen, was sie den Tag über herausgefunden hatten. Dank John und Molly kannte Sherlock die vier Gebäude auswendig, ohne jemals dort gewesen zu sein. Gedanklich konnte er sich nun dorthin begeben und sich in jedes der möglichen Szenarien reinversetzen. Als die Beiden mit ihrer Erzählung geendet hatten, war Sherlock an der Reihe. Er berichtete, wie er nacheinander alle größeren Brücken, unter denen seine Leute zu finden waren, besucht hatte. Unter der Vauxhall Bridge war er endlich fündig geworden. Einer seiner Leute hatte ihm für ein warmes Mittagessen und 50£ verraten, dass er einen Mann, auf dessen Beschreibung Moriarty zutraf, häufiger zusammen mit einer gewissen Lydia gesehen hatte. Sie sei jedoch seit dem weg von der Vauxhall Bridge gezogen, aber Sherlocks Informant war sich sicher, sie am heutigen Nachmittag noch in der Nähe der Brücke gesehen zu haben.

Sherlock FF - Tick, Tack, Boom!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt