Kapitel 5

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Als er zurück ins Büro kam, war Molly über Sherlocks gestern sichergestellte Beweise gebeugt und begutachtete Sie. Sie sah auf und traute ihren Augen nicht: Sherlock stand in der Tür, jedoch trug er kein Hemd. Molly spürte, wie sie errötete und wollte den Blick von ihm wenden, jedoch konnte sie sich nicht von diesem Anblick losreißen. Und wann würde sie denn nochmal die Gelegenheit haben, Sherlock ohne Hemd vor sich stehen zu haben? Fasziniert musterte sie den perfekt gebauten Körper.

Sherlock war ihr reges Interesse nicht entgangen. Ein sanftes, belustigtes Lächeln umspielte seine Lippen und er fragte: „Was denn? Mein Hemd war noch nicht trocken."

Molly war sich sicher, dass ihr Gesicht inzwischen kirschrot geworden sein musste. Wieso war er auch so verdammt... sexy? Sie wendete sich ab und versuchte ihr Gesicht wieder in eine natürliche Farbe zu bekommen, während sie sich und Sherlock Tee eingoss und beiden Tassen Zucker beifügte.

Sie reichte Sherlock eine der beiden Tassen. Als Sherlock danach griff, legte er versehentlich seine Hand auf Mollys. Sie sah auf und blickte in seine eisgrauen Augen, undurchdringlich und geheimnisvoll. Mollys Herz machte jedes Mal einen Satz, wenn sich ihre Blicke trafen und sie einen Blick auf dieses Kunstwerk der Genetik werfen durfte. Anders als sonst erwiderte er diesen Blick und seine sonst so harten Gesichtszüge wurden weich und seine Lippen kräuselten sich zu einem sanften Lächeln, bevor er verlegen auf seine Unterlippe biss. Während all dieser Zeit, hielt er den Blickkontakt. Sherlock war es, als müsste die Luft um sie herum knistern. Man spürte die Energie, die zwischen diesen beiden Augenpaaren hin und her wanderte, die tausend Worte, die zwischen ihnen gesprochen wurden ohne, dass einer von ihnen auch nur einen Ton von sich gab.

Nach einigen Sekunden wandte Molly errötend den Blick ab. Sherlock bedauerte dies sehr. Am liebsten hätte er die Zeit angehalten.

Er musterte sie. Das hübsche Gesicht mit den wunderschönen, grün-braunen Augen, das volle, dunkelblonde Haar, das zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden war, ihren kleinen Mund mit dem süßen Lächeln. Dieser Anblick ließ Sherlocks Herz höher schlagen. Die Leute glaubten, Sherlock wäre nicht in der Lage, Emotionen zu empfinden, wie es andere tun. Sie sagten er habe kein Herz für Menschen, sei mit seiner Arbeit verheiratet. Auch er hatte das geglaubt. Hatte Gefühle für andere Menschen als Defekt bezeichnet, den ein kluger Kopf nicht zulassen durfte. Aber dieses Gefühl, dass ihn durchzog, wenn er sie ansah. Das Kribbeln im Bauch, das er vernahm, wenn sie lächelte. All das war doch genau das, was die Leute als Liebe empfanden, oder etwa nicht?

Sherlocks Herz klopfte wie wild. „Ich wette, sie kann es hören.", dachte er. Langsam, ganz langsam, beugte er sich zu ihr hinab. Sie spürte seinen warmen Atem in ihrem Ohr kitzeln und ein warmer Schauer lief ihr über den Rücken. „Danke Molly Hooper", wisperte er: „Du hast mir beigebracht, zu fühlen. Ich fühle sehr viel für dich, Molly"

Sie traute ihren Ohren nicht. Natürlich war auf der einen Seite die unglaubliche Freude, das Herzklopfen und die Wärme, die durch ihren Körper strömte, aber ein leises Stimmchen in ihrem Kopf, das Misstrauen und Unsicherheiten säte, wollte einfach nicht verstummen. Düster dachte sie zurück an die Zeit vor Sherlocks verschwinden. Wie er Janine, seine Ex-Freundin ausgenutzt hatte, nur um an notwendige Informationen zu kommen. Er hatte damals seine Gefühle für sie vorgetäuscht, damit sie ihn in das Büro ihres Chefs schleuste. Was war, wenn er auch Molly nur für seine Ermittlungen nutzen wollte? Ach Quatsch. Sie würde auch so jeder Zeit alles in ihrer Macht stehende tun, um ihm zu helfen, und das wusste er auch. Außerdem: was konnte sie schon, was er nicht konnte? Sie schob die finsteren Gedanken endgültig beiseite, als er ihr Kinn nahm und es sanft anhob. Seine eisgrauen Augen waren erfüllt von einem nie da gewesenen Schein, als er sie musterte. Nein, dieser Blick konnte keine leere Fassade sein.

Sherlock trat einen Schritt näher an sie heran. Sein Gesicht kam Mollys immer näher beinahe berührten sich schon ihre Nasenspitzen. Seine Hand wanderte von ihrem Kinn hoch zu ihrer Wange und ...

Das brummende Geräusch der eintreffenden SMS holte Sherlock wieder in die Realität zurück. Die Fundstücke!

„Wir haben viel zu viel Zeit verloren! Ich muss an die Arbeit!" Aber zunächst warf er einen Blick auf sein Handydisplay

Wo zum Teufel steckst du?

-JW

Sherlock tippte noch eine knappe Antwort an John, bevor er sein immer noch feuchtes Hemd anzog und sich an die Arbeit machte.

Mit Mollys Hilfe analysierte Sherlock einen Fund nach dem anderen. Zwar war seit Moriartys erneutem Auftreten der Ursprung des Verbrechens relativ klar, jedoch wagte Sherlock zu bezweifeln, dass er es gewesen war, der bei den Watsons eingebrochen hatte. Diesen Handlanger Moriartys zu finden, wäre eine große Hilfe in Hinsicht auf Informationen, mit deren Herausgabe Moriarty ja sehr sparsam umging.

• Von den verschiedenen Haaren (wie Sherlock bereits gestern Nacht vermutet hatte) stammten die meisten von Shellys Eltern. Drei waren eindeutig Marys kurzen, blondierten Schopf entfallen, zwei weitere waren zweifelsohne von John. Das letzte wies allerdings Auffälligkeiten auf.

-Es gehörte weder zu einem Elternteil, noch zu Sherlock oder, was auch noch logisch erklärbar gewesen war zu Lestrade oder einem anderen Polizisten. Es war eindeutig von einer Frau, dunkelblond und, den kleinen Beschädigungen ein paar Zentimeter unter der Haarwurzel nach zu urteilen, häufig in einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

• Der Fingerabdruck gehörte (wie Sherlock ebenfalls prophezeit hatte) nicht zum Täter, sondern zu John, wie sich dank einem Abgleich an Sherlocks privater Datenbank zweifelsfrei feststellen ließ. Der Entführer hatte selbstverständlich Handschuhe getragen.

• Bei den Erdklumpen, hatten sie allerdings mehr Glück. Sie stammten offenkundig von einer Schuhsohle. Moriarty wäre nie so dumm gewesen und hätte seinen Entführer mit solch dreckigen Schuhen losgeschickt, hätte er es nicht gewollt. Natürlich wollte er Sherlock einen Hinweis lassen. Für ihn war das alles schließlich ein Spiel, nichts weiter.

- Die Erde war sehr lehmig und feucht, stammte aus der Nähe eines Gewässers.

- Eines Flusses, wie die Bakterien, die in der Feuchtigkeit der Erde zu finden waren verrieten

- Sie enthielt jede Menge Zigarettenasche und Fasern, die eindeutig von einer Wolldecke stammten.

 Sherlocks Urteil fiel eindeutig auf Obdachlose. Die Erde stammte vermutlich von unter einer Brücke an der Themse, unter der Obdachlose wohnten. Sie hatten dort ihre Lager, saßen auf Wolldecken und Raucher waren ohne hin die meisten.

Sherlock FF - Tick, Tack, Boom!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt