Kapitel 13

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 Als Molly etwa zwei Stunden darauf aus dem Obduktionssaal kam, um John, den DI und Donavan zu holen, war Sherlock bereits rüber in Mollys und sein gemeinsames Labor gegangen, um die von Lydias Schuhen genommenen Proben auszuwerten. Molly stellte ein wenig erleichtert fest, dass Sergeant Donavans Schicht beendet sein musste, denn sie fand nur noch John und den DI im Vorraum des Obduktionssaales auf. Sie stieß die gläserne Tür, die die beiden Räume trennte, auf und sah direkt in John Watsons, von Trauer und Schlafmangel geprägten, dunklen Augen und bekam sofort Mitleid. Sie war ohnehin ein sehr empathischer Mensch und den sonst so fröhlich wirkenden Doktor Watson so zu sehen, brach ihr fast das Herz. Sie hatte schon einmal so empfunden, als sie vor ihm und sonst allen Leuten so tun musste, als sei Sherlock tot und nur sie und Sherlocks Familie, also seine Eltern und natürlich sein älterer Bruder Mycroft , wussten, dass der Selbstmord nur ein Fake gewesen war. Sie warf ihm einen aufmunternden Blick zu und er zwang sich ein kleines, trauriges Lächeln ab. Lestrade und John folgten Molly in das kleine Labor, in dem Sherlock bereits, in die Arbeit am Mikroskop vertieft, saß und nicht einmal den Kopf hoch, als er statt einer Begrüßung ausrief: „Ich weiß, wo wir Shelly finden!" Er drehte noch einmal an dem Rädchen, was beim Scharfstellen des Mikroskops benötigt wurde. „Jep... ich weiß ganz genau wo sie ist..." Aufgeregt rief John: „Wo, Sherlock? Wo ist sie? Sag es mir! Wo hat dieser psycho...", „Beruhig dich John, wir haben noch circa 7 Stunden Zeit!", Sherlock saß noch immer da wie vorher: Die Hände am Mikroskop, den Kopf mit den dunklen Locken gebeugt, ein Auge zugekniffen, das andere am Okular.

„Hören Sie, Sherlock, wir können dieses kleine Mädchen retten, aber das nur mit ihrer Hilfe. Sie haben mich schon bisher nichts von Ihren Fortschritten wissen lassen, schon alleine diese Tatsache hätte ausgereicht, um sie endgültig von den Ermittlungen auszuschließen! Sie sind hier, weil wir Sie brauchen, aber im Moment sieht es so aus als würden Sie uns viel mehr behindern." Lestrade trat näher an Sherlock heran und drehte den Bürostuhl, auf dem der Detektiv saß, so heftig um, das Sherlock das Gleichgewicht verlor und von den Fliehkräften auf den weißen Fliesenboden des Labors geschleudert wurde.

Sherlock kniff die Augen zusammen und spannte die Wangenmuskulatur an bevor den Kopf hob, um nicht die Fassung zu verlieren. Sein Inneres bebte vor Wut. Wie konnte Lestrade das tun? Ihn als Behinderung der Ermittlungen darzustellen? Ohne ihn hätten sie nichts, rein gar nichts, woran sie überhaupt auch nur anfangen konnten, zu ermitteln. Ohne ihn, würde in sieben Stunden ein unschuldiges Baby gemeinsam mit einem alten, verfallenen Gebäude in die Luft gesprengt werden und niemand könnte das verhindern.

DI Lestrade schluckte nervös, als der Blick des Detektivs ihn löcherte. Es war nicht der übliche, wissende Gesichtsausdruck auf Sherlocks Gesicht wie, wenn er deduzierte. Nein, es war ein angsteinflößender Ausdruck, in den kalten eisgrauen Augen loderte es, als brenne in ihnen ein kaltes Feuer. Diese kühlen und doch so glühenden Augen trafen auf Detective Inspector Lestrades braune, als er zischend hervorpresste: „Halten Sie mich wirklich noch immer für einen solchen Psychopathen? KRIEGEN SIE DAS DENN NIE IN IHREN KLEINEN KOPF? Ich bin kein Psychopath und ich bin auch nie einer gewesen." Er stand auf und baute sich drohend vor dem Polizisten auf. „Ich hätte meinen Bruder gegeben, um Mary Watson zu beschützen. Ich hätte mein Leben gegeben, um John und seine Familie zu beschützen. Ich habe einen Menschen umgebracht, um seine Familie zu beschützen. Und da halten Sie mich noch immer für so kaltherzig? Ich bin enttäuscht von Ihnen, Greg."

Es war das erste Mal, dass Sherlock Lestrades Vornamen auf Anhieb richtig gesagt hatte und er spuckte ihn förmlich aus, als gäbe es nichts Ekelerregenderes. Er war dem DI inzwischen so nahe gekommen, dass er glaubte, seinen ängstlich erhöht frequentierten Herzschlag hören zu können.

„Sie haben Angst vor mir, Inspector.", Er fing unkontrolliert an zu lachen. Molly beschloss einzugreifen. „Da ist er im Moment, glaube ich, nicht der einzige, Sherlock. Du solltest dich vielleicht etwas ...", „Beruhigen? Gerne, wenn der da", er warf einen vernichtenden Blick rüber zu Lestrade: „Den Raum verlässt, gerne...", „Sherlock, das ist jetzt langsam wirklich lächerlich, würdest du ihn vielleicht einfach...", „RAUS!", wurde John unterbrochen. Lestrade warf den anderen einen vielsagenden Blick zu und verließ den Raum. 

Sherlock FF - Tick, Tack, Boom!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt