#19

68 8 4
                                    

Das weiß ich ganz genau!...

..."Weißt du wie viel Angst ich um dich hatte?", fragt Felix mich nun.

Wie?

Warum hatte er Angst um mich?

Verwirrt schüttle ich meinen Kopf. Ich kann mir nicht vorstellen weshalb er Angst um mich gehabt haben könnte!

Er scheint zu bemerken, dass ich verwirrt bin, denn er spricht weiter:
"Die Ärzte haben mir keine großen Hoffnungen gemacht. Sie haben zeitweise sogar gesagt, dass du nicht überleben kannst! Ich war am Boden zerstört! Das... Das war die schlimmste Zeit meines Lebens!"

Ich mache große Augen. Das wusste ich nicht!

"Du hast gesagt meine Eltern haben eine Weltreise gemacht... Wie haben sie erfahren, dass ich im Krankenhaus bin?", frage ich mit krächzender Stimme.

Diese Frage ist mir gerade eben in den Kopf gekommen.

"Wir haben die Nummer von deinen Eltern herausgefunden - das war vor drei Tagen - und haben es ihnen erzählt. Sie haben sich sofort ein Ticket gebucht und sind nach Köln zurück geflogen. Es muss schlimm für deine Eltern sein... Sie haben schon deinen Bruder verloren, dich zu verlieren hätte ihnen alles genommen!", beantwortet der junge Mann neben mir meine Frage.

Ja, dass sie es nicht verkraften würden, habe ich mir schon gedacht. So wie sie zu mir gesprochen haben war das leicht zu erkennen.

Wir reden längere Zeit nichts. Schauen uns einfach nur in die Augen. Diese wunderschönen Augen.

"Mia?", murmelt Felix aufeinmal.

"Ja?", flüstere ich.

"Erinnerst du dich noch an die Zeit, in der wir uns kennengelernt haben?", sagt er mit leiser Stimme.

Hm... Ich kann mich daran erinnern, dass wir einmal zusammen an den Rhein gefahren sind. Mehr weiß ich gerade nicht.

"Schleierhaft.", gebe ich zur Antwort.

"Ich... Also wir haben uns in einem Cafe kennengelernt und uns dann in den folgenden zwei Wochen fast jeden Tag getroffen. Ein Tag vor Weihnachten haben wir einen Ausflug machen wollen, aber dann hatten wir diesen Autounfall... Du bist mir sehr wichtig geworden, Mia! Kein anderes Mädchen hat mich jemals so kennengelernt wie du... Vielleicht weißt du ja noch, dass ich auf YouTube aktiv bin... Naja ich habe das eingestellt. Meine Videos waren nicht mehr so gut und ich hab das nicht mehr geschafft. Die ganzen Monate in denen du im Koma lagst habe ich jeden Tag, jede Minute, jede Sekunde nur an dich gedacht."

Wieder weiß ich nicht, was ich sagen soll. Ich bin so baff, dass ich kein Wort herausbekomme!

Felix sieht mich nervös an. Fast so als hätte er Ansgt vor meiner Reaktion auf seine Worte. Doch da braucht er keine Angst haben! Kein Mädchen würde auf solche Worte negativ reagieren!
Dummerweise weiß ich aber nicht, was ich sagen soll. Deswegen grinse ich ihn einfach nur an und drücke leicht seine Hand.
Fast gleichzeitig sehen wir auf unsere verschränkten Finger und dann wieder in die Augen des jeweils anderen.
Felix kommt mir näher und gibt mir einen leichten Kuss auf die Stirn.
Mein Bauch kribbelt angenehm von seiner Berührung.
Ich bin sprachlos.

"Du bist wunderschön, Mia. Weißt du das?", flüstert Felix und sieht mir dabei tief in meine Augen.
Seine freie Hand, die bisher an meiner Bettkante lag, legt er nun auf meine Wange und wandert langsam zu meinen Haaren.
Dieser Moment ist unbeschreiblich schön. Wir sind in unserer eigenen Welt. In einer Welt, in der nur wir zwei sind.

Mir wird bewusst, dass auch er mir sehr viel bedeutet. Jetzt und auch vor dem Unfall.

Diese Gefühle, die mir Felix gegenüber bewusst werden, sind stärker als die, die ich zu David hatte. Das weiß ich.

Dieser Moment, dieser unbeschreibliche, hört aber leider Gottes wieder auf. Denn die Tür zu meinem Zimmer wird aufgerissen und eine pummelige Krankenschwester betritt den Raum. Toll!

"Junger Mann! Warum haben Sie nicht bescheid gegeben, das Frau Berger aufgewacht ist? Sie muss untersucht werden! Menschenskinder!", beschwert sie sich. Daran habe ich gar nicht gedacht! Felix bestimmt auch nicht.

"Oh, tut mir leid... Daran habe ich nicht gedacht.", entschuldigt sich Felix.

Die Schwester hört seine Antwort allerdings nicht mehr. Sie ist aus dem Raum geflitzt und keine Minute später mit einem Arzt im Schlepptau wieder aufgetaucht.

"Ah, Frau Berger. Sie sind aufgewacht! Welch eine Freude. Ich würde Sie gern untersuchen um sicher zu gehen, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist.", spricht der Arzt.

Zur Antwort nicke ich leicht.

-

Mir geht es gut.. Naja also die Knochenbrüche sind scheinbar gut verheilt und alles ist in Ordnung. Aber dadurch, dass ich so lange im Koma gelegen bin, ist mein Körper entkräftet und das Laufen wird anfangs auch ein Kraftakt werden. Doch mit Felix an meiner Seite schaffe ich das.

Aus Sicherheitsgründen muss ich noch vier Tage in der Klinik bleiben. Im Krankenhaus werde ich Laufübungen machen. Und danach immer zwei Stunden am Tag Gymnastikübungen um meine Muskeln wieder aufzubauen.

Felix bleibt noch bei mir.
So lange bis die Besuchszeit vorbei ist.
Er bleibt bei mir.

Our WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt