Lena scheint das bemerkt zu haben, denn sie richtet sich wieder auf und stützt mich bis zu meinem Rollstuhl in dem ich dann mittlerweile schluchzend zusammenfalle...
... Ich wache mit schmerzenden Augen in meinem Krankenbett auf. Mit den Gedanken an meine gestrigen missglückten Laufversuche steigen mir schon wieder Tränen in die Augen, doch ich versuche sie weg zu blinzeln. Das Gefühl nicht laufen zu können ist unerträg-
Jemand klopft an meiner Tür.
"Herein!", sage ich so laut, dass das der jenige auf der anderen Seite der Wand hören kann.
Die Tür öffnet sich und ein Arzt kommt herein. Hinter ihm betritt Lena den Raum. Bei ihrem Anblick sehe ich beschämt auf meine Hände, die ich auf meinem Schoß zusammengefaltet habe. Sie hat mich nackt und heulend gesehen, für mich ist dieser Gedanke komisch.
"Guten Tag Frau Berger, wie geht es Ihnen heute?", fragt der Arzt abwesend. Übliches Krankenhausgelaber.
"Wie solls mir schon gehn?!", antworte ich trotzig und schaue ihn beleidigt an. Meine Stimme ist zwar noch nicht ganz die alte, aber ich kann schon lauter reden als nur flüstern.
"Ähm ja... Dem Bericht von Schwester Mayer zufolge hatten Sie gestern Ihre ersten Laufübungen. Hören Sie, nach einer so langen Zeit im Koma ist es selbstverständlich, dass Sie noch nicht gleich laufen können. Das ist auch kein Grund in Selbstmitleid zu verfallen und alles um sich herum zu hassen. Sie werden das Gefühl in Ihren Beinen wieder zurück bekommen. Wir werden Ihre Laufübungen beobachten und je nach dem wie gut Sie sich beweisen kommen Sie früher oder aber später wieder nach Hause.", spricht der Arzt mit seiner tiefen Stimme.
Für andere mag das vielleicht beruhigend sein, doch mich bringt das hier gerade ziemlich auf die Palme! Dieser Typ hat doch noch nie das Gefühl verspührt nicht laufen zu können! Der braucht mir nicht vorzugaukeln was er in seinen Arztbüchern gelesen hat.
"Wissen Sie wie es ist nicht laufen zu können?", frage ich mit gereizter Stimme. Bestimmt funkeln meine Augen gerade ganz böse.
"Nein Frau Berger, doch ich habe schon sehr viele Patienten behandelt, die in der selben Lage waren wie Sie es sind.", antwortet er ruhig. Pff! Vergleicht der mich hier mit anderen Leuten? Ich dachte jeder Fall ist anders, es könnte ja auch sein, dass ich nie wieder laufen kann!
"Was macht Sie so sicher, dass ich das Laufen wieder lerne?", zische ich. Hach meine Stimme macht ja wieder ganz schön was mit.
"Überlassen Sie das mir Frau Berger. Sie erhalten gleich ihr Frühstück und werden danach mit Schwester Mayer Ihre Laufübungen fortsetzen. Auf Wiedersehen.", bestimmt der werte Herr, "Achja, Schwester Mayer, nehmen Sie doch diesmal eine Begleitung mit. Ich musste gestern von Doktor Burckhart erfahren, dass Sie doch tatsählich und sogar verbotener Weise ohne Unterstützung bei den Übungsräumen mit Frau Berger waren." Hämisch grinsend verlässt der Arzt mein Zimmer.
So ein Kotzbrocken."Willst du heute wieder einen Tee?", überspielt Lena die peinliche Stille.
Zur Antwort nicke ich lächelnd.Daraufhin verlässt Lena den Raum und kommt kurze Zeit später mit meinem Frühstück wieder zur Tür herein.
"Soo, dann lass es dir schmecken. Ich bereite dir derweil das Bad vor. Rufe mich, wenn etwas nicht in Ordnung ist, ok?", fragt Lena mich mit ihrer freundlichen Stimme.
"Okay... Danke Lena.", antworte ich ihr. Sie ist so eine liebe Krankenschwester, auch wenn ich sie erst seit gestern kenne, ist sie mir irgendwie schon ans Herz gewachsen. Trotz meinem Scham ihr gegenüber, was mich dann doch erstaunt.
Nach dem Frühstück, welches aus zwei Brotscheiben, Käse, Marmelade und einer Tasse Tee bestand, wusch mich Lena und bereitete mich dann für die Laufübungen vor.
Heute wird uns ein Pfleger begleiten, den der Arzt von heute morgen geschickt hatte. Als sei Lena zu blöd selber dafür zu sorgen eine Begleitung zu finden.Schon nach kurzer Zeit habe ich bemerkt, dass sich Lena und der Pfleger, welcher sich mir als Jonah vorgestellt hat, ungewollt auffällig aus dem Weg gehen wollen. Zwischen denen muss irgendwas passiert sein. Vielleicht waren sie ja mal ein Paar. Zusammenpassen würden sie aufjedenfall.
Schon wieder bin ich auf dem Weg zu dem Übungsraum in meinen Gedanken versunken gewesen.
Ich bin ja schon gespannt wie die Übungen heute ablaufen werden.Zu zweit helfen mir Jonah und Lena aus dem Rollstuhl und platzieren mich auf einer Matte auf dem Boden. Wir gestern werden die ersten Übungen wieder liegend statt finden.
Jonah und Lena wechseln sich ab. Wobei es mir allerdings lieber wäre wenn nur Lena meine Beine bewegen würde. Jonah macht das so lustlos und abwesend als sei ich eine Puppe.
Nach eineinhalb Stunden muss ich wieder an die Laufstangen. Ich habe Angst, dass ich heute wieder nichts schaffe und wieder heule. Nur mit Lena wäre das ja nicht allzu schlimm, doch vor Jonah will ich das nicht.
"Kann Jonah während dem Laufen nicht rausgehen? Mir ist bei ihm nicht so ganz wohl.", flüstere ich Lena zu. Natürlich so leise, dass Jonah es nicht hören kann.
"Es tut mir leid Mia, aber das geht nicht.", murmelt Lena entschuldigend.
Dann halt nicht. Es war ein Versuch wert.
"Na? San se bereit Frau Berger? Mir platzieren Se jezat oifach zwische de Stonge ün denn könnands au scho los hatscha.", Jonah hat zuvor noch kein Wörtchen gesprochen, deswegen schaue ich ihn ganz schön verdattert an. Ich habe nur die Hälfte von dem verstanden was er gesagt hat. Ich komme ja nicht von da wo er her kommt. In meiner Heimat spricht man ganz anders als er.
"Sie ist doch kein Gegenstand! Sag mal! Redest du immer so mit den Patienten?!", spuckt Lena aus. Scheinbar hat Jonah etwas gesagt was Lena nicht so brickelnd fand. Hah. Er wird ganz rot.
"Also kommands Schweschtr Mayer! I ka doch a nix fiar mein Dialekt! Donts mal aweng hofala. Sie redant jo a it grad freindlich mit mr!", beschwehrt sich Jonah. Ich muss mich ganz schön anstrengen um zu verstehen was er sagt.
"Ja, weil Sie mich gerade ziemlich aufregen Pfleger Senner! Merken Sie denn nicht, dass Sie auf unsere Patienten verstörend wirken? Von allen Schwestern und Pflegern schickt mir Doktor Nägeler ausgerechnet den bescheuertsten! Menschenskinder!", zischt Lena aggressiv. Die zwei haben mich glaub ich vergessen. Ich sitzte hier auf der Bodenmatte und schaue wie ein Kleinkeind zu den Streithähnen auf.
"Hallo? Ich bin auch noch da."
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Our Way
FanfictionEr kam mir immer näher. Normalerweise würde ich ausweichen, aber wieso sollte ich denn? Ich vertraute ihm. Mehr als irgenjemand anderem. Eine große, weiche Hand nahm meine kleine Hand. Sofort strömte eine wundervolle Wärme in meinen Körper. Seine Au...