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"Der Körper reagiert nicht! Wir verlieren sie!"

Piiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeep...

... Ich schwebe.
Da unten liegt ein Mädchen.
Ganz viele Schläuche sind an ihr befestigt.
Und da sind ganz viele Menschen mit weißen Jacken.
Bin das etwa ich?
Warum habe ich so weiße Haut?
Nein!

Jetzt fühle ich mich wieder schwer an.
Ich schwebe nicht mehr.
Ich will leben!

"Warten Sie, Schwester! Wir haben einen Herzschlag! Das Mädchen hat es geschafft! Halten Sie bitte den Herrn draußen auf in dieses Zimmer zu kommen! Er schadet der Gesundheit unserer Patientin."

-

Stille.
Diese grauenhafte Stille.
Als dieser Mann da war konnte ich wenigstens seiner Stimme lauschen.
Jetzt höre ich niemanden.
Nur manchmal kommen Menschen herein machen eigenartige Geräusche und gehen dann wieder.

Ich kann meine Augen nicht öffnen.
Ich kann nicht reden.
Ich kann mich nicht bewegen.
Ich kann mich nicht an mein Leben erinnern.
Ich weiß nicht wer ich bin.
Warum ich?
Warum passiert mir das?
Bitte!
Ich will diese Stille nicht mehr!
Ich will weg.
Weg.
An einen Ort wo ich frei sein kann.
Da will ich hin.
Vielleicht sehe ich dann... Dann...

Ich erinnere mich...

Wir saßen alle zusammen in unserer Küche. Mama, Papa, mein Bruder und ich. Alles war gut und wir hatten keine Probleme.
Bis auf einmal Noah, mein Bruder, Schmerzen in der Brust verpürte. Die Schmerzen wurden immer schlimmer und deswegen beschlossen wir ins Krankenhaus zu fahren.

Nach einer scheinbar endlosen Zeit kam der Arzt zu uns und übermittelte die schreckliche Nachricht.
Noah hatte einen Herzfehler, den man mit einer Operation nicht mehr heilen konnte. Für uns alle brach eine Welt zusammen.
Noah war immer so lieb und zuvorkommend gewesen. Warum traf ihn diese Last?
Der Arzt hatte uns gesagt wir sollen die letzten Monate als ganze Familie genießen und uns im stillen von Noah verabschieden.
Jeder von uns verarbeitete diese Nachricht anders.

Mom verlor ihr positives Denken.

Dad machte sich Selbstvorwürfe für alles, was er tat.

Noah versuchte das positive in den letzten Momenten mit uns zu sehen. Er verbrachte sehr viel Zeit mit seinen Freunden und überwand auch manche Ängste.

Und ich? Ich verkroch mich. Noah war für mich ein überaus wichtiger Mensch. Ihn zu verlieren wollte ich mir in meinen schlimmsten Albträumen nicht ausmalen. Jetzt war dieser Albtraum wirklichkeit und ich wusste nicht damit umzugehen.

Wir hatten noch zwei Monate als ganze Familie. Zwei Monate die viel zu kurz waren. Wie verabschiedet man sich von einem Sterbenden?

Ich rappelte mich zusammen und begann täglich außergewöhnliches mit Noah zu unternehmen. Sachen, die wir vorher noch nie gemacht hatten und Sachen zu denen wir nie mehr kommen würden.

Zu früh waren unsere zwei Monate vorbei. Noahs Zustand war täglich schlechter geworden in den letzten Wochen. Er lag nun in seinem Bett, weil sein Körper ihm nicht mehr bieten konnte.
Zu früh.
Zu jung.
Nach einem harten Kampf schlief mein geliebter Bruder an unserer Seite ein und wachte nie wieder auf. Er ließ uns allein auf der Erde zurück und entschwand in eine andere Welt. In eine bessere Welt. Eine Welt ohne Schmerzen, Krankheiten und Rückschläge...

Nach Noahs Tod zog ich mich noch mehr zurück als nach seiner Diagnose. Ich entfernte mich immer mehr von meinen Eltern.

Eines Abends fand ich mich in einer Bar wieder. Aus lauter Frust, der an mir nagte, trank ich mir meine Gefühle weg. Ich lernte einen Typen kennen und wir wollten uns wieder sehen. Nüchtern.
Also verabredeten wir uns.

David war ein wundervoller Mensch. Er berücksichtigte, dass ich voller Trauer war. Doch seine offene Art entlockte noch andere Gefühle als nur Trauer.
Wir trafen uns immer öfter.
Tage, Wochen, Monate verstrichen.
Ich begann Gefühle für David zu entwickeln.
Und ihm ging es nicht anders.
Er lud mich, fünf Monate nach denen wir uns kennengelernt hatten, auf ein Date ein.
Er kam mir immer näher. Bei jedem anderen würde ich ausweichen, aber wieso sollte ich denn? Er war mir so wichtig geworden. Ich vertraute ihm. Mehr als irgenjemand anderem. Eine große, weiche Hand nahm meine kleine Hand. Sofort strömte eine wundervolle Wärme in meinen Körper. Seine Augen blickten in meine. Ich konnte in seine Seele sehen. Seine Gefühle erkennen. Und dann sagte er diesen einen Satz, den ich nie wieder vergessen würde. Nie wieder!
"Ich habe mich in dich verliebt, Mia. Unwiederruflich... Ich weiß nicht, ob es dir genauso geht, aber... Willst du mit mir zusammen sein?"
Natürlich sagte ich "Ja".
Wer hätte das in diesem Moment nicht gemacht!
Doch schon kurze Zeit später begann ich meine Entscheidung zu bereuen. David hatte sich verändert. Er behandelte mich als wäre ich nur ein Betthäschen von ihm. Und ich hatte den Verdacht, dass dies auch der Fall war.
Diese Beziehung hielt nicht lange. Höchstens zwei Monate. Eigentlich traurig. Zuvor hatten David und ich uns so gut verstanden, dass ich manchmal sogar verdrängen konnte, dass ich Noah verloren hatte.
Aber nach der Trennung verfiel ich wieder in mein tiefes schwarzes Loch.
Ich vertraute keinem Jungen mehr.
Ich zog mich zurück und meine schulischen Leistungen ließen auch zu wünschen übrig.
Mein Leben machte für mich keinen Sinn mehr.
Meinen Eltern fiel auf, dass ich mich anders verhielt. Sie versuchten mich aus dem schwarzen Loch zu holen. Und sie schafften es. Ich begann zu vergessen. Und lernte zu verdrängen. David hatte ich so gut wie aus meinem Gedächtnis gelöscht. Er war es für mich nicht mehr wert.
Ich lebte wieder voll und ganz. Ich genoss mein Leben und war dankbar gesund zu sein...

... David... Ich wollte nie mehr meine Gedanken an ihn verschwenden. Aber meine Vergangenheit half mir, mein Leben vor diesem Unfall wieder hervor zu rufen.
Ich konnte mich an ein Mädchen mit braunen Haaren erinnern. Vermutlich Irina.
Auch meine Eltern sah ich nun wieder deutlich vor meinen inneren Augen.
Und da war auch ein junger Mann. Sein Name war, wenn ich mich nicht täuschte, Felix. Und das war dieser Mann, der eben zu mir gesprochen hatte. Da war ich mir sicher.

Meine Erinnerungen waren wieder da. Ich wusste wieder wer ich war. Doch leider musste ich auch wieder an David denken. Hoffentlich würde das mit Felix anders vorgehen. Auch wenn ich es verdrängt hatte, erleben wollte ich diese seelischen Schmerzen nicht wieder.

Aber eines wusste ich ganz genau.
Ich wollte mit Felix reden und ihm sagen, dass er sich keine Vorwürfe machen soll.
Vielleicht würde ich ihm ja wieder so vertrauen wie vor dem Unfall. Und dann wäre alles gut. Wie bei Filmen.
Ein Happy End.

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