Fünf Minuten später könnte ich mich schon wieder ohrfeigen, so etwas geschrieben zu haben. Eigentlich bereue ich es schon, seit ich auf absenden gedrückt habe. Wie alt bin ich und wem will ich damit etwas beweisen? Das ist nicht die Ignoranz, mit der ich Ryan. Oh Gott, was, wenn er doch schon von irgendwem meine Nummer hat? Das wäre so ziemlich das Peinlichste, was er mir jetzt zurückschreiben könnte, falls er überhaupt darauf reagiert. Ich würde vermutlich niemals einer fremden Person zurückschreiben, wer weiß denn schon, was das für Verrückte sind. Ja, ganz toll, sagte Tess. Dieser Junge treibt mich wirklich zu den dämlichsten Dingen. Plötzlich piept mein Handy und ich lasse es fast aus der Hand fallen vor Schreck. Er hat mir schon zurückgeschrieben, mein Herz geht auf Hochtouren. Unter anderen Umständen würde ich mir jetzt wirklich Sorgen machen, doch momentan ist die Aufregung einigermaßen berechtigt.
Ähm, kenn ich dich?
Berechtigte Frage, die also bedeutet, dass er meine Nummer nicht hat. Da kommt mir in den Sinn, dass er sie auch gar nicht haben kann, denn mich kennt in dieser Schule so gut wie niemand. Er hätte sie höchstens aus dem Sekretariat haben können, doch so ein Stalker wird er wohl hoffentlich nicht sein. Dann würde er mir echt Angst machen.
Nein, ich denke nicht, aber wir können uns doch kennenlernen :)
Ich saß eine gefühlte Stunde vor der Tastatur und habe überlegt, was ich schreiben könnte, bis schließlich dieser äußerst einfallsreiche Satz rauskam. Das Problem ist, dass ich schon gar nicht mehr so richtig weiß, warum ich das hier eigentlich mache. Kann ich die Zeit nochmal etwas zurückspulen?
Sofort schreibt er mir zurück: Wer bist du?
Die nächste berechtigte Frage. Am liebsten würde ich jetzt mit Cathy antworten, weil ich gerade sauer auf sie bin, dass sie mir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, doch das würde mir wohl eher nichts bringen.
Das will ich dir noch nicht sagen.
Also wenn er jetzt noch zurückschreibt, dann hat er wirklich Langeweile...Er hat geantwortet, natürlich, der hat doch bestimmt sowieso nie etwas zu tun.
Wer zur Hölle bist du?! Entweder du sagst es jetzt oder du kannst es stecken lassen.
Ich will ein neues Handy, eine neue Nummer. Warum denke ich nie richtig nach, bevor ich irgendwas mache? Komm schon, das ist nur Ryan. Warum mache ich mir so einen Kopf darum, er ist mir doch sowieso scheiß egal und was er über mein anonymes Ich denkt.
Ach, du darfst machen, was du willst, aber ich nicht? Ich sage dir nicht mehr, als dass ich ein Mädchen bin.
Der Junge hat scheinbar nichts anderes zu tun, als auf meine Nachrichten zu warten, denn gleich darauf erscheint schon seine nächste.
Was soll das hier werden? Wenn du was von mir willst, dann sag es und DEINEN NAMEN!
Vielleicht will ich was von dir, vielleicht auch nicht. Ich will dich nur etwas kennenlernen. Ich bin zu schüchtern, um dich persönlich anzusprechen.
Ich könnte bei jedem Wort kotzen. Sowas schreiben doch nur Dreizehnjährige.
Wenn du mich so anmachen willst, dann kannst du das vergessen. Ich weiß ja nicht mal, wie du aussiehst und wir definieren kennenlernen wohl etwas anderes.
Igitt, der ist und bleibt ein Idiot.
Es haben wirklich alle Recht damit, dass du ein Arsch bist.
Das lässt er natürlich nicht einfach auf sich sitzen.
Was gibt dir das Recht, dass zu sagen, wenn du noch nie mit mir geredet hast?
Ach komm, als ob du das nicht innerlich selber von dir denkst.
Das geht gerade in die falsche Richtung, aber selbst durch Nachrichten treibt der Kerl mich in den Wahnsinn.
Willst du mich jetzt provozieren?
Vielleicht.
Na schön, dann lass uns das Spiel beginnen.
Schnell gehe ich wieder offline und werfe mein Handy von mir weg, als könnte Ryan sonst noch mitbekommen, dass ich dahinter stecke. Was denk ich mir nur dabei? Gott, Cathy, auf was für nen Schrott hast du mich denn da bitte gebracht? Das ist doch schon zum Scheitern verurteilt.
"Na los. Erzähl schon!" Gleich am nächsten Tag überfällt mich eine weiß rosa gekleidete Cathy. Hat sie da Glitzer im Gesicht oder ist das zu viel Highlighter?
"Ich hab ihn bloß angeschrieben und natürlich nicht gesagt wer ich bin und ich habe ihn wohl ein bisschen provoziert", erkläre ich ihr kurz angebunden.
"Okay, das ist besser als nichts. Ich finde das echt cool von dir, dass du das für mich machst. Küsschen!" Damit haut sie ab zu ihrer Clique, die mich fragenden Gesichtern ansieht. Ich rümpfe nur die Nase und bringe Abstand zwischen uns.
Nicht weit weg stehen Ryan und seine Jungs, die entweder auf ihre Zigaretten oder auf Mädchen konzentriert sind. Nur Ryan sieht mit einem misstrauischen Blick immer wieder zwischen mir und Cathy hin und her. Hat er sogar ein Problem damit, dass ich mit jemandem rede? Ich versuche doch nur, mich zu resozialisieren.Im Russischraum, der noch vollkommen leer ist, werde ich aber schon abgefangen. Hinter mir taucht Ryan auf, wer denn sonst. Ich kann ihm scheinbar nirgends entgehen.
"Sag mal, stalkst du mich?", frage ich genervt.
"Viele Mädchen würden es toll finden, wenn ich ihnen hinterherlaufen würde." Kann ihm mal jemand dieses dumme Grinsen aus dem Gesicht wischen, dass er ununterbrochen auflegt?
"Ich bin aber nicht viele, ich bin ich, falls du es noch nicht gemerkt hast. Sowas nennt sich Individuum. Tut mir leid, aber ohne deinen Traum kaputtmachen zu wollen: Aus uns wird nie ein Paar." Man bemerke natürlich meinen Sarkasmus. Er lacht zumindest.
"Süße, dich bekomme ich auch rum, das wirst du schon sehen. Ich bekomme immer was ich will. Aber was ich dich eigentlich fragen wollte ist, warum du mit Cathy geredet hast."
"Wow, ich habe mit einer Mitschülerin Konversation geführt. Ruft den CIA an! Hast du denn keine eigenen Probleme?" Bei so viel Testosteron bleibt einem fast die Luft weg.
"Du solltest dich nicht mir ihr befreunden. Sie ist nicht so nett wie sie tut."
"Oh, da fällt mir noch jemand ein, mit dem ich nicht einmal reden sollte. Warum sollte dich das interessieren? Ich wüsste nicht, seit wann wir überhaupt etwas miteinander zu tun haben."
"Pass einfach auf. Ich kann auch mal nett sein und wenn ich dir einen gut gemeinten Rat gebe, solltest du dir den zu Herzen nehmen."
Als Antwort bekommt Ryan ein abwertendes Schnauben meinerseits.
"Gut dann geh ich mal. Französisch erwartet mich schon. Und übrigens, nettes Top." Und schwups ist er weg.
Ich habe mein Top von Papa Roach an. Was ist daran so besonders? Ich ziehe fast nur Merchandise an, um meine Liebe gegenüber der Bands auszudrücken, die meinen größten Lebensinhalt darstellen.
Aber was wesentlich wichtiger ist, ist die Frage, warum zur Hölle es Ryan interessiert, mit wem ich mich abgebe und inwiefern diese Leute gut oder schlecht für mich sind. Dann sollte er doch mal bei sich selbst anfangen.
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Fuck you, Bad Boy!
Teen FictionDie 18-jährige Tess ist die Neue an ihrer Schule. Schon wieder. Und es kotzt sie an. Vor allem dieser total heiße...ähm, Entschuldigung...Super dumme Bad Boy trägt nicht gerade zur Freude in ihrem Leben bei. Doch es ist echt verdammt schwer, seiner...