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Während ich ziellos durch die Straßen laufe, lasse ich die frische Luft und Bring Me The Horizon meine Gedanken aus dem Kopf davontreiben. Ich möchte jetzt über nichts nachdenken müssen und wenigstens einmal den Kopf abschalten können. Da ich noch nicht allzu lange in dieser Stadt wohne, entdecke ich einige Ecken, von deren Existenz vorher noch nie erfahren hatte. Das Viertel, in dem ich schlussendlich lande und wo ich mir mal eine Pause gönne, ist im Gegensatz zum Rest der Stadt überraschend belebt. Eine Menge Leute, die ich ungefähr auf mein Alter und etwas älter schätze, treiben sich hier rum. Entweder strömen sie ins Kino, in die Bar oder in den Club, der seine Aufmerksamkeit auf mich zieht durch die herausdringende Musik, die ich deutlich durch meine stark aufgedrehten Kopfhörer vernehmen kann. Eigentlich ist der Musikstil gar nicht meins, er klingt für meinen Geschmack zu sehr nach Hüftenschwingen und Freude. Ich brauche normalerweise etwas Aggressives, doch der Rythmus lässt tatsächlich meinen Kopf entgegen des Taktes der Musik von meinem Handy wackeln.
Ich gehe auf den Club zu, obwohl ich zu feige bin, dort allein einen Fuß hineinzusetzen. Wird man dann nicht komisch angeguckt und was soll ich da mit mir anfangen? Ich mag oft eine große Klappe haben, aber wenn es um soziale Kompetenzen geht, bin ich eine wahre Niete. Ansprechen würde ich erst recht niemanden und noch dazu befinden sich in Clubs immer viel zu viele Menschen auf einem Fleck. Zumindest stelle ich mir das so vor, schließlich betrete ich maximal Bars. Ich hasse große Ansammlungen von , vor allem wenn ich so gut wie niemanden kenne. Die Schule ist in diesem Zusammenhang für mich schon schlimm genug. Ich möchte gerade umkehren und mich von der dummen Idee abhalten, entsprungen aus meiner Neugierde, einen Schritt in diesen Club zu setzen. Um die Situation noch perfekter zu machen und die geringe Wahrscheinlichkeit auszutricksen, Ryan ausgerechnet jetzt hier anzutreffen, tritt genau das in Kraft. Natürlich falle ich ihm genauso schnell auf wie er mir.
"Willst du etwa feiern gehen? Ich habe dich hier noch nie gesehen.", fragt er mich mit hochgezogener Augenbraue und spöttischem Ton. Der werte Herr lässt sich also wieder dazu herab, eines seiner ach so kostbaren Worte an mich zu richten.
"Nein, weißt du. Ich stehe hier einfach nur rum und warte auf den Weltfrieden.", gebe ich patzig zurück. Er darf ruhig denken, ich wäre mutig genug, allein einen Fuß in diesen Club zu setzen.
"Wow, es gibt auf diesem Planeten wirklich Mädchen, die dich anmotzen? Womit hast du das denn geschafft?", wundert sich einer seiner Kumpels über Ryan's anscheinend doch nicht so umwerfenden Charme.
"So würde ich das jetzt nicht sagen, nachdem was letztens in ihrem Zimmer passiert ist." Das hat Ryan jetzt nicht wirklich vor all seinen Freunden gesagt, oder? Das, was in meinem Kopf schon gar nicht mehr unter Realität abgespeichert ist, weil es mir zu unangenehm ist und mein Selbstwertgefühl verletzt, plaudert Ryan fröhlich vor ihnen aus, nur um zu zeigen, dass ich ihm noch nicht endgültig die Eier abgerissen habe. Bei dem perversen Grinsen seiner Freunde wird mir klar, dass sie das ganze missverstehen und noch viel mehr hineininterpretieren, als einen Kuss, den ich allerdings beendet hatte. Ein Fakt, den er scheinbar nicht für erwähnenswert hält. Ich könnte ihn jetzt und hier sofort kastrieren.
Ryan, dieses ignorante Arschgesicht dreht sich einfach um und geht, sein Rudel schließt sich ihm an.
"Kommst du mit?", fragt mich der Junge, der vorhin die Bemerkung über meinen Kommentar von sich gegeben hat. Ich zögere eine ganze Weile, denke jedoch nicht wirklich darüber nach, ob ich das will oder nicht, sondern antworte mit dem ersten Wort, das mir durch den Kopf schießt. Kurze Zeit später betrete ich das erste Mal in meinem Leben einen Club.

In dem Laden riecht es nach Schweiß, Alkohol und Zigaretten, es ist so stickig, dass ich anfangs kaum atmen kann. Wie erwartet ist es extrem laut und von den Mengen an Menschen will ich gar nicht erst sprechen.
"Willst du was trinken?", fragt mich der selbe Junge von eben.
"Ja, klar, warum nicht. Gin Tonic?" Zum einen trinke ich das am liebsten, zum anderen ist das etwas, was es überall gibt und ich weiß nicht, was ich hier sonst bestellen könnte. Als er mit meinem Glas nach fünf Minuten, die mir wie eine halbe Stunde vorkamen, zurückkommt, muss ich aufpassen, dass ich nicht alles auf einmal austrinke. Wenn ich den ganzen Abend nur hier rumstehen und trinken werde, dann muss mich jemand nach Hause tragen.

Nach dem ersten Glas trinke ich noch einen zweiten und einen dritten. Ich habe zum Glück eine recht hohe Toleranzgrenze, was den Alkohol trifft, trotzdem bin ich angetrunken genug, um mich von dem Jungen, der sich als Alex outet, auf die Tanzfläche zu ziehen. Die Musik zwingt einen regelrecht dazu, mit seinen Hüften zu schwingen und ich gucke mir bei den anderen Mädchen ab, was diese mit ihrem Körper alles anstellen und versuche mich beim Nachstellen nicht zu sehr zu blamieren.
"Baby, du machst hier ja alle ganz scharf. Lass uns eine ruhige Ecke suchen.", flüstert mir Alex ins Ohr, als er sich von hinten an mich presst und mir eine angewiderte Gänsehaut verschafft. Glücklicherweise wird Alex von jemanden abgelöst und er geht, doch dieser jemand ist natürlich niemand geringeres als Ryan. Ein Übel wurde gegen das nächste eingetauscht.
"Du tanzt viel besser als erwartet, gar nicht so kratzbürstig, wie du an sich bist."
"Was willst du Ryan?", frage ich genervt. Ich werde bestimmt nicht mit ihm tanzen, also gehe ich zur Bar. Ryan macht Gott sei Dank keine Anstalten mir hinterherzulaufen.

Nachdem ich noch einen Gin Tonic getrunken habe, fühle ch mich wieder ein Stück beschwipster. In einer Ecke sehe ich Ryan schon wieder an einem x-beliebigen Mädchen kleben. Ich kann einfach nicht dem Versuch widerstehen und gehe gespielt wütend auf beide zu.
"Geht's noch?", schreit mich das Mädchen aufgebracht an, als ich sie von ihm wegzerre.
"Ryan,wie kannst du das mir und dem Baby nur antun?" Ich bin eine miserable Schauspielerin und dazu hört man auch noch mein Lallen, doch das Mädchen scheint dumm genug oder zu betrunken zu sein, kauft es mir ab und haut ab. Es hat mehr als gut getan, Ryan die Tour so richtig schön zu versauen. Grinsend drehe ich mich weg und will wieder gehen, doch da zieht er mich zu sich und nimmt sich wieder einmal sein nicht vorhandenes Recht heraus, mich zu küssen.

Fuck you, Bad Boy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt