Die Situation aus meinem Zimmer letztens wiederholt sich. Sobald sein warmer Mund auf meinem liegt, als wäre es das Normalste auf dieser Welt. Anfangs kann ich gar nicht darüber nachdenken, wen ich vor mir habe, ich kann im Prinzip gar nichts denken. Als sich meine Hand ihren Weg zu Ryan's Wange bahnt, ist mir völlig egal, was ich da tue. Ich habe plötzlich das starke Gefühl ihm noch näher zu kommen, ihn ohne irgendwelche Barrieren zu spüren, zu besitzen. Ich habe schon das letzte Mal bemerkt, wie gut er sich anfühlt, doch das Engelchen auf meiner Schulter hatte den Teufel auf der anderen Schulter übertönt. Diesmal ist es anders, der Engel ist zu besoffen, um mich noch von meinen Fehlern abhalten zu können, da verträgt das Teufelchen doch einiges mehr. Für einen Moment wird mir schwindlig, also klammere ich mich noch mehr an Ryan, der mich fest an der Taille gepackt hat. Seine Hände wirken so riesig auf meinem zierlichen Körper. Nach ein paar Sekunden überkommt mich noch ein Schwindelanfall und alles scheint sich in meinem Kopf zu drehen, deshalb lasse ich kurz von Ryan ab und stütze mich an seiner Brust ab. Der Alkohol zeigt gerade mehr als seine übliche Wirkung, was wohl auch Ryan zu merken scheint. Als ich ihn wieder küssen will, hält er mich sofort davon ab.
"Du bist anscheinend ziemlich betrunken, geh lieber nach Hause.", meint er mit strengem Ton, als wäre er mein Vater. Ich ziehe einen beleidigten Schmollmund, lasse mich dennoch von ihm nach draußen bis nach Hause führen. Zumindest glaube ich, dass er mich nach Hause bringt, was eine echte Überraschung wäre, schließlich war er die ganze Zeit so ein Arschloch und jetzt auf einmal soll er so fürsorglich sein? Vielleicht hat der Alkohol meine Wahrnehmung einfach nur stark benebelt. Als ich am nächsten Morgen aufwache, bin ich mir nicht einmal mehr sicher, ob dieser Kuss überhaupt echt war. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn er es nicht war.Am Montag stehe ich mit meinem Koffer wie meine Mitschüler an der Bushaltestelle und warte auf den Bus, der uns in dieses Musiklager bringen soll. Wie erwartet habe ich nichts mehr von Ryan gehört. Es wird peinlich, ihm wieder über den Weg zu laufen, nachdem ich mich ihm so an den Hals geworfen habe, als hätte ich keine Würde. Meine Motivation für dieses Lager hält sich ebenfalls in Grenzen. Zum einen möchte ich nicht und um die Uhr von Leuten belagert sein, die ich nicht ausstehen kann und Busfahrten sind für mich ein Ritt durch die Hölle. Würde ich mir nicht ein paar Tabletten vorher einwerfen, würde das sicher kein Spaß für mich und alle Mitfahrer werden.
Ich bin die Letzte, die in den Bus einsteigt und wie es der böse Zufall so will, befindet sich der letzte freie Platz ausgerechnet neben Ryan, was wahrscheinlich daran liegt, dass er sich auf den beiden Sitzen so breit gemacht hat, dass man gar nicht erst nachfragen würde, ob da noch frei wäre, leider bleibt mir keine andere Wahl. Das zweite Übel sind seine Freunde aus dem Kurs, die neben und hinter ihm sitzen, die reinsten Hohlköpfe aus meiner Sicht, was für mich mindestens die Hälfte der Menschheit ausmacht. Wenn ich Musik höre, muss ich ihr Gelaber ja nicht mit anhören. Auf dem Weg zu ihm komme ich an Tyler vorbei, der mich bedauernd ansieht, weil neben ihm schon ein Mädchen sitzt, das ich nicht kenne. Ich zucke nur lächelnd mit den Schultern und Schuldgefühle überkommen mich. Ihn habe ich schon ganz vergessen, obwohl ich es so schön mit ihm fand. Ryan ist Satan höchst persönlich. Dieser sieht mich bescheuert an, als ich seine Beine zur Seite schiebe und es mir auf dem Platz neben ihm bequem mache.
"Warum sitzt du hier?", fragt er mit bedrohlich genervter Stimme und einem finsteren Blick.
"Oh großer Gott, ich bin es nicht würdig, neben ihm zu sitzen. Man, der Bus ist voll, schon gemerkt, du Vollidiot?" Ich glaube nicht, dass ich das für drei Stunden aushalte.
War das ein Zucken seiner Mundwinkel? Nein, ich bilde mir nur was ein. Ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und drehe so laut Nirvana auf, dass ich nichts mehr von meiner Umwelt mitbekomme und schließe die Augen. Ich wünsche mich an einen anderen Ort, an dem ich mit Kurt Gitarre spielen und ihn von seinem Selbstmord abhalten kann.
Irgendwann schlage ich die Augen auf. Ich spüre eine Schulter, die in meine Wange sticht. Nein, Ryan's Schulter! Ich bin allen Ernstes auf seiner Schulter eingeschlafen und er hat es zugelassen.
"Na Engel, gut geschlafen?", fragt er mich dreckig grinsend. Er genießt es, wenn mich solche Wörter in den Wahnsinn treiben.
Der Bus ist fast leer, wir sind also angekommen."So meine Lieben. Ihr seid alle alt genug um die Regeln zu kennen, aber um sie brechen zu können. Ich gehe stark davon aus, dass ihr Alkohol dabei habt, selbst wenn es strengstens verboten ist. Solange ihr euch nicht betrinkt, dann drücken wir ein Auge zu. Ob ihr es glaubt oder nicht, aber wir waren mal in eurem Alter und wissen, wie das ist. Lasst eure Eltern davon nichts wissen. Rauchen ist erlaubt, ihr seid volljährig, das können wir euch nicht verbieten. Drogen sind absolut verboten und das meinen wir auch so. Ansonsten versucht bitte, nicht schwanger zu werden. Ja, dass hier ist wie eine Klassenfahrt, also kann man euch von sowas nicht abhalten. Es wurde oft genug über Verhütung geredet, denkt also daran." Ich bin ehrlich überrascht, meine Lehrer waren bisher nie so locker.
"Ihr bekommt jetzt alle ein Zimmer zugeteilt, die Tagespläne findet ihr dort. Dann viel Spaß!" Ich schätze unsere Gruppe auf etwa 35 Schüler, die sich alle zur Zimmerschlüsselvergabe stürzen.Ich habe mein Zimmer zugeteilt bekommen und will gerade gehen, doch ich werde aufgehalten.
"Tessa, kannst du nochmal herkommen?", ruft mir meine Musiklehrerin hinterher.
"Was gibt's?", entgegne ich genervt. Ich möchte einfach für ein paar Minuten für mich sein.
"Es gibt da ein kleines Problem mit der Zimmeraufteilung. Es sind schon alle Zimmer belegt, außer ein Doppelzimmer. Es sind aber nur noch ein Junge und ein Mädchen übrig. Darum wäre es nett, wenn du mit Stella tauschen könntest."
"Ich soll mit einem Jungen in einem Zimmer schlafen? Warum?"
"Ich kenne Harry, er ist ein Alter Freund von mir. Deshalb weiß ich auch das von ihm und deiner Mom. Ihr werdet bald sowieso zusammenleben, soweit ich weiß, also dürfte es nicht ganz so dramatisch sein, schließlich seid ihr doch sowas wie Geschwister."
Moment, redet sie von Ryan? Herr im Himmel!
"Habe ich eine Wahl?"
Ihre Antwort ist ein Kopfschütteln. Ich reiße ihr den Schlüssel aus der Hand und gehe auf mein neues Zimmer. Oder doch eher meine neue Hölle.
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Fuck you, Bad Boy!
Fiksi RemajaDie 18-jährige Tess ist die Neue an ihrer Schule. Schon wieder. Und es kotzt sie an. Vor allem dieser total heiße...ähm, Entschuldigung...Super dumme Bad Boy trägt nicht gerade zur Freude in ihrem Leben bei. Doch es ist echt verdammt schwer, seiner...