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Ich passe sowas von null zu Cathy und ihren Freunden. Die Mädchen tragen alle das, was gerade in jedem beliebigen Modegeschäft in den Schaufenstern steht, im Prinzip sehen sie alle gleich aus. Da steche ich mit meinem schwarzen Outfit richtig aus der Masse raus. Ich sehe auf mein Shirt und werde von einer gelben Fratze mit ausgestreckter Zunge angegrinst. Von mir aus dürfte es mir auch ruhig den Stinkefinger zeigen, ich würde es dennoch mit Stolz tragen. Wieder einmal bedauere ich, dass ich nicht schon gelebt habe, als Nirvana noch existierte und Kurt Cobain sich noch nicht für den Freitod entschieden hatte. Es ist komisch von jemandem Fan zu sein, von dem man erst erfahren hat, dass er existierte, nachdem er schon eine Weile unter der Erde verrottet.
Neben den Mädchen, die eigentlich für diesen Abend mitkommen sollten, sind da noch zwei Jungs, mit denen ich noch nie etwas zu tun hatte und die mir nur mal kurzzeitig auf dem Schulflur begegnet sind. Der eine, dessen Namen ich mir nicht einmal merken konnte, sieht durchschnittlich aus, die anderen hängen ihm allerdings nur am Hintern. Sie sollten lieber nicht zu weit reinkriechen, sonst ersticken sie noch. Mein Typ ist er absolut nicht, da mich sein geglättetes Äußeres abschreckt. Der andere Junge, ich dächte, er heißt Tyler, wirkt dagegen um einiges anziehender und wesentlich sympathischer. Obwohl ich blonde Haare bei Jungs sonst nie sonderlich mag, so steht ihm die Haarfarbe hervorragend, noch dazu mit dieser strubbeligen Frisur. Er ist nicht so muskulös wie Ryan, aber wer sagt denn, dass bei Jungs nur Muskeln zählen? Das ist genauso sexistisch wie zu sagen, dass nur Mädchen wie großen Brüsten geil sind.
Wir gehen in ein mexikanisches und mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, als wir den ersten Schritt in das Lokal setzen. Die Nachos rufen nach mir! Da wir zu sechst sind, müssen wir zwei Tische zusammenschieben, an denen sich Tyler sofort ohne zu fragen neben mich setzt, was mir lieber ist, als jeder andere von denen. Warum ich eigentlich mitkommen wollte, weiß ich wirklich nicht mehr, vermutlich war ich durch Ryan so durcheinander, dass ich kaum klar denken konnte. Wahnsinn, selbst jetzt spukt mir sein Name durch den Kopf, dieser Junge ist wie ein nerviger Virus, den ich mir eingefangen habe.

Tyler beginnt ein Gespräch mit mir und ich muss feststellen, dass seine Stimme angenehm rau klingt. Was man ihm hoch anrechnen muss, ist, dass er mich zum Lachen bringt und ich seit langem nicht mehr so viel Spaß an einer Unterhaltung hatte. Tyler scheint mir fast zu perfekt zu sein, warum lerne ich ihn erst jetzt kennen?
"Warum hast du dir die Haare blau gefärbt?", fragt er mich nach einer Weile und zwirbelt eine Strähne meiner Haare zwischen seinen Fingern, während er sie intensiv betrachtet.
"Ich finde es langweilig, immer die gleiche Haarfarbe zu haben und ein bisschen Farbe macht doch gleich fröhlicher. Vor allem wollte ich etwas gegen meine Mutter zu rebellieren." , versuche ich zu erklären.
"Hast du viele Probleme mit deiner Mutter?", will er besorgt wissen.
"Wir gehen uns die meiste Zeit aus dem Weg und ansonsten arten unsere Unterhaltungen meist in Streitereien aus, aber ich halte es aus."
"Kommst du nächste Woche auch mit ins Musiklager?" Ich staune, dass er mir diese Frage stellt, denn ich hätte nicht gedacht, dass er ebenfalls fährt. Es muss also noch einen zweiten Musikkurs geben, von dem ich noch nichts gehört habe.
"Ja, ich habe auch Musik belegt. Ich kann mir nicht viel darunter vorstellen und so wirklich kapieren, was das bringt, tue ich ebenfalls nicht."
"Das tut keiner so richtig, aber es beschwert sich genauso wenig jemand, denn wer freut sich nicht, über eine Woche Schule weniger? Wir müssen uns zu Gruppen zudammenschließen, in denen wir dann Stücke erarbeiten und anschließend präsentieren sollen. Ich bin leider total unmusikalisch, aber Kunst wäre damals das größere Übel gewesen.", lacht Tyler.
"Ich kann gar nicht zeichnen, dafür bin ich relativ musikalisch, zumindest behaupte ich das mal, immerhin spiele ich drei Instrumente. Ich könnte mir gut vorstellen, dass du singen kannst." Bei dieser rauen, tiefen Stimme kann das gar nicht anders sein.
"Selbst wenn, werden wir es wohl niemals herausfinden, ich singe grundsätzlich nicht."
"Na das werden wir noch sehen." Ich grinse ihn herausfordernd an und habe mich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt bei eigentlich fremden Menschen.

Im Kino sitzen wir wieder nebeneinander. Der Film ist uns total egal, eine langweilige 08/15 Komödie, die in den USA im Überfluss produziert werden. Die einzigen Filme, die ich wirklich witzig finde, sind die französischen. Franzosen haben einen grandiosen Humor. Statt dem Film Aufmerksamkeit zu schenken, unterhalten wir uns lieber weiter und entdecken noch ein paar Gemeinsamkeiten. Er wäre ebenfalls nicht hier, hätte ihn der andere Typ, den er kaum kennt, nicht mitgeschleppt, weil Tyler noch was gut bei ihm hatte. Außerdem ist er auch Vegetarier, was ihn noch sympathischer macht.

Tyler bringt mich sogar noch nach Hause, was für ein Gentleman. Mir ist aufgefallen, dass er den ganzen Abend nicht einmal versucht hat, Körperkontakt aufzunehmen. Ich bin kein Fan von Händchenhalten und der Gleichen und entdecke nach Jahre langer Suche einfach keinen Sinn darin. Wenn er mich netzt versuchen würde zu küssen, würde ich es zulassen?
"Der Abend war dank dir echt erträglich. Danke fürs Bringen."
"Ich würde sogar fast schon behaupten, dass ich es schön fand, genauso wie dich." Ich bin überrascht über das plötzliche Kompliment und hätte es am liebsten zurückgegeben. Habe ich gerade noch darüber nachgedacht, ob ich ihn küssen würde? Oh ja, das tue ich und es ist schön, sehr schön sogar. Als ich einen Schritt von ihm weggehe, mache ich mir Sorgen, dass es vielleicht falsch war, die Initiative zu ergreifen.
"Tut mir leid, falls ich dich gerade überrumpelt habe, aber..
"Nein, entschuldige dich nicht dafür. Ich bin froh, dass du es getan hast. Wahrscheinlich hast du mehr Eier in der Hose als ich." Ich liebe seinen Humor und gebe ihm dafür einen kleines Küsschen auf den Mund.
"Gute Nacht." Als ich die Tür hinter mir schließe, grinse ich breit.

Im Wohnzimmer höre ich gekichere und ein leichtes Stöhnen. Mom und Harry haben doch nicht...In unserem Wohnzimmer...Igitt!...Schnell verschwinde ich wieder. Zeit mein Sozialleben ein bisschen aufzubessern, es ist sowieso noch viel zu früh und das eben Gehörte muss ich irgendwie wieder aus meinem Kopf rausbekommen.

Fuck you, Bad Boy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt