Keine Ahnung, wie lange ich jetzt hier sitze und einfach die Wand anstarre. Ich fühle gerade gar nichts, außer Leere, nachdem ich den letzten Rest aus mir herausgeweint habe. Ich möchte am liebsten für immer in diesem Schuppen bleiben. Auf gar keinen Fall kann ich Ryan heute nochmal unter die Augen treten und schon gar nicht beim Anblick von ihm zusammen mit Cathy. Allgemein keiner Person, denn ich muss echt total verheult aussehen. Meine Mascara sitzt garantiert nicht mehr da, wo sie eigentlich hingehört. Draußen sehe ich einen Schatten in der Dunkelheit herumlaufen, der irgendwas ruft. Dann klingelt mein Handy und ich stoße einen kleinen Schrei aus, weil ich mich so erschrecke. Als ich sehe, wer mich angerufen hat, bevor ich aufgelegt habe, beginnt mein Herz zu rasen. Warum zum Teufel ruft ausgerechnet Ryan an? Er scheint mir der letzte zu sein, der mit mir reden will und mir geht es genauso. Als ich es gerade wegstecken will, nachdem ich den Ton abgeschalten habe, geht auch schon die Tür des Schuppens auf und jemand hält die Taschenlampe seines Handys auf mich.
"Mach das aus!" ,fordere ich, denn es blendet schließlich. Ich muss ein paar Mal blinzeln, damit ich nicht nur schwarze Flecken erkennen kann.
"Endlich! Ich hab schon überall nach dir gesucht." Es ist Ryan, der sich neben mich auf den Boden setzt. Es ist das erste Mal seit Wochen, dass ich ihn reden höre, ohne dass er dabei furchtbar wütend klingt. Ich kann mir keinen Reim daraus machen, was hier vor sich geht. Ihn habe ich als letztes erwartet. Am liebsten würde ich sofort flüchten, doch die Neugier lässt mich hier.
Zusammen hocken wir hier, schweigend, in diesem kleinen dunklen Raum. Es könnte mir nicht unangenehmer sein, neben ihm zu sitzen, schließlich habe ich gerade nicht geweint und wenn er mir nur einmal ins Gesicht gesehen hat, dann weiß er das auch. Nach einer gefühlten Ewigkeit ergreift er dann endlich das Wort. Diese Stille hätte mich letztendlich doch von hier vertrieben.
"Also..." , beginnt er.
"Also?" Wenn er nicht wirklich etwas zu sagen hat, warum muss er dann meine Ruhe stören?
"Keine Ahnung was ich jetzt sagen soll. Ich habe alles verkackt, so wie immer. Es tut mir leid."
"Wenn du jetzt denkst, dass die Sache damit gegessen ist, dann hast du dich geschnitten." ,meine ich mit ausdrucksloser Stimme. Ich bin erstaunt, dass ich das Zittern gut genug unterdrücken kann. Ich bin überrascht von der Frechheit, die er besitzt, sich einfach nach Wochen zu entschuldigen ohne ein weiteres Wort, ohne eine Erklärung.
"Das ist mir schon klar. Gott, ich möchte so viel sagen und weiß einfach nicht, wie ich anfangen soll. Diese ganze Geschichte ist so dumm, dass ich das alles selber nicht mal nachvollziehen kann. Aber das mit uns...Das was ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe und so, dass war keine Lüge."
Ich schnaufe abschätzig. Ich glaube ihm kein Wort. Ich will eigentlich gar nichts mehr hören, aber dann wäre ich nicht besser als er.
"Bitte mach nicht dicht und hör mir zu. Am Anfang war das alles eine total bescheuerte Wette zwischen Cathy und mir." Was? Eine Wette? Wie abartig ist das denn? Mir fällt es immer schwerer, nicht aufzuspringen und zu gehen.
"Ja, ich weiß, dass das ziemlich widerlich ist. Aber da kannte ich dich ja auch noch gar nicht wirklich und ich wusste nicht, was daran auszusetzen ist, wenn man dafür Geld bekommt. Wir haben also gewettet, dass ich dich dazu bekomme, mit mir zusammen zu sein." Ist das sein Ernst? Naja, im Prinzip war genau das von ihm zu erwarten. Ich bin nur enttäuscht, weil ich wirklich dachte, hinter seiner Fassade steckt mehr. Wie dumm konnte ich nur sein?
"Es hat ja auch funktioniert. Nur gab es ein Problem. Ich habe mich ernsthaft in dich verliebt. Vielleicht glaubst du mir das jetzt nicht mal. Am Anfang habe ich dich nur für irgendeine Emo Tussi gehalten, aber du bist so...anders, als alle Mädchen. Du bist perfekt, auf deine eigene verrückte Art und ich habe mich einfach darin verliebt, in dich verliebt. Am Anfang habe ich immer versucht, diese Gefühle zu unterdrücken, das gelang mir dann allerdings nicht. Ich habe wirklich alles in unserer Beziehung so gemeint. Ich liebe dich auch immer noch."
Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich verachte, dass er tatsächlich eine Wette mit Caty abgeschlossen hat. Ich glaube ihm keines seiner Worte, ich werde ihm nie wieder vertrauen können. Vielleicht ist das wieder so ein Spiel, um noch eine tiefere Wunde zu graben. Er ist nicht in der Lage, jemanden mehr zu lieben als sich selbst und schon gar nicht mich.
"Warum hast du mir dann so wehgetan?"
"Deine Mutter hat es herausgefunden und mich gezwungen, dich in Ruhe zu lassen. Sie hat mir nicht geglaubt, dass ich dich wirklich liebe und wollte nicht, dass du es herausfindest. Also musste ich mich von dir trennen. Sei ihr deshalb nicht böse. Sie will nur das beste für dich. Vielleicht hätte ich es als Vater auch nicht anders gemacht. Eltern tun alles, um ihre Kinder zu beschützen. Und scheinbar war es das Beste, wenn ich doch so ein Arsch bin. Ich konnte dir nicht sagen, was ich getan habe, also dachte ich, am einfachsten ist es doch, sich von einer Person zu trennen, wenn man sie hasst. Darum war ich so scheiße zu dir. Ich wollte, dass du mich hasst und mich dann irgendwann vergessen kannst. Auch wenn wir unter einem Dach wohnen. Vielleicht habe ich mir auch ein bisschen eingebildet, dass ich dich nicht mehr lieben würde, wenn ich mir einrede, dass ich dich hasse. Ich habe eher mich gehasst, für all die Dinge die ich zu dir gesagt oder getan habe. Du sahst so verletzt aus. Am liebsten hätte ich dich in den Arm genommen und geküsst. Aber ich wollte das durchziehen. Ich hätte dir früher oder später wirklich wehgetan. Du hättest mich dann vielleicht schon noch mehr geliebt. Ich weiß einfach, dass ich niemals ein guter Freund sein werde. Dazu bin ich nicht gut genug."
Ryan sieht betrübt aus. Mich schockt die ganze Geschichte so, dass ich kaum ein Wort herausbekomme. Ich weiß nicht einmal, ob ich noch atmen kann. Mir stehen auh schon wieder Tränen in den Augen.
"Ich glaube nicht, dass ich mich noch mehr in dich hätte verlieben können. Das habe ich schon zu sehr. Und rede dir nicht ein, dass du nicht gut genug als Freund bist. Wahrscheinlich muss einfach nur die Richtige kommen und ich war es nicht, sonst hättest du meine Mutter ignoriert. Wenn man jemanden wirklich liebt, dann kämpft man um denjenigen, aber das was du gemacht hast, hat gar nichts mehr damit zu tun. Das war einfach nur widerlich."
"Ich will aber keine Andere als dich. Ich liebe dich und würde alles dafür geben, um es nochmal zu versuchen. Diesmal ehrlich. Ich halte es nicht länger aus ohne dich." , sagt Ryan und sieht mich an. Seine Augen sind leicht wässrig. Würde er fasst weinen, wenn er es nicht ernst meint? Das kann ich mir nicht vorstellen, gleichzeitig kann ich trotzdem keinem seiner Worte Glauben schenken. Das Vertrauen zwischen uns ist zu zerstört und meine Wut und Enttäuschung unermesslich.
"Und was sollte das mit Caty?" Nicht so, dass das nicht unwichtig wäre.
"Wir waren mal zusammen. Eigentlich nur sehr kurz und die Beziehung lief alles andere als gut, was man sich auch denken kann, wenn man sie kennt. Außerdem hat sie auch mich betrogen, aber das ist schon eine Weile her. Jedenfalls war sie sehr eifersüchtig und hat mich auch erpresst, wenn ich nicht ihren Freund spiele, wird sie es dir erzählen. Letztendlich hätte ich mir das echt sparen können. Keine Ahnung, warum ich das getan habe. Sie ist eine falsche Schlange. Naja, ich ja auch irgendwie." , erklärt er mir.
Mich überfordert die ganze Situation gerade. Ich bin kaputt und kann kaum noch klar denken.
"Danke, dass du es mir endlich erklärt hast." Das muss ich wenigstens zugeben. Ich bin immerhin froh, dass er nun doch mal geredet hat, so absurd die Geschichte auch klingt.
"Und wie geht es jetzt mit uns weiter?"
"Ich weiß es nicht." Und das stimmt. Ich kann ihm nicht einfach alles ohne Weiteres verzeihen. Ich weiß nicht, ob ich das jemals können werde. Ich brauche viel Zeit, um das zu verarbeiten, was er mir gerade offenbart hat. Ohne ein weiteres Wort verlasse ich den Schuppen. Ich brauche frische Luft.
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Fuck you, Bad Boy!
Teen FictionDie 18-jährige Tess ist die Neue an ihrer Schule. Schon wieder. Und es kotzt sie an. Vor allem dieser total heiße...ähm, Entschuldigung...Super dumme Bad Boy trägt nicht gerade zur Freude in ihrem Leben bei. Doch es ist echt verdammt schwer, seiner...