Draußen erschlägt mich die kalte Luft. An meine Jacke habe ich bei dem Schock natürlich nicht gedacht, aber zurück würde ich jetzt nicht nochmal rennen, schon gar nicht nach meinem coolen Abgang. Obwohl es noch September ist und die Tage relativ warm sind, kühlt es sich abends doch ziemlich ab. Ich weiß gar nicht, in welche Richtung Ryan gegangen ist und entdecke ihn so schnell nicht. Mit seinen dunklen Sachen verschluckt ihn die Dämmerung fast. Ich frage mich, warum ich ihn überhaupt suche, eigentlich wollte ich nur weg von Harry und Mom, andererseits ist er in dieser Geschichte nicht weniger ein Opfer als ich, vielleicht könnten wir uns verbünden und gegen diese Verbindung angehen. Bevor ich mir Pläne zusammenschmieden kann, beschließe ich, erstmal mit ihm zu reden.
"Ryan!", schreie ich über die Straße und hoffe, dass hier sonst niemand ist, der mich hören kann. Während ich ihm hinterher hechte, denkt er nicht eine Sekunde daran, sein Tempo etwas zu drosseln oder gar stehen zu bleiben. Ich bin nicht gerade die Schnellste, aber letztendlich erreiche ich ihn doch noch, wodurch ich allerdings ziemlich aus der Puste bin. Habe ich schon erwähnt, dass Ausdauer ebenso wenig zu meinen Stärken gehört? Wir waren noch nie Freunde."Bleibst du jetzt mal endlich stehen und ignorierst mich nicht?", motze ich ihn an und kralle meine Fingernägel in seine Schulter, worauf er sich endlich mal umdreht.
"Tut mir Leid, Prinzessin, aber ich habe gerade wirklich nicht den Nerv, mit dir zu plaudern.", schreit er mich ebenfalls aufgebracht an und schlägt meine Hand weg, jedoch sind meine Reflexe schnell genug, dass ich am Arm packen kann, damit Ryan nicht erneut davonläuft. Er gibt ein genervtes Stöhnen von sich und verleiert die Augen. Möglicherweise sucht er nach seinem abhandengekommenen Verstand.
"Komm mal wieder runter, du beleidigte Lederwurst. Denkst du etwa, mein Traum war es, noch jemanden an der Backe zu haben, der mir sagt, was ich tun soll, geschweige denn dich an der Backe zu haben? Ich wusste ja nicht mal, dass meine Mom einen Freund hat. Aber vielleicht kommt es gar nicht erst so weit, dass wir zusammenziehen, wenn wir es geschickt anstellen. "
"Was meinst du? Dass wir sie wieder auseinander kriegen? Das ist vermutlich der einzige Weg, um dieses Disaster zu verhindern, aber seitdem meine Mutter...Jedenfalls war mein Vater lange nicht mehr so glücklich, schon gar nicht wegen einer Frau. Das kann und will ich nicht zerstören, er hat es verdient. Im Gegensatz zu dir hasse ich meinen Vater nicht.", erklärt er mir und ich bin überrascht, dass Ryan Gefühle haben kann.
"Ich habe nie gesagt, dass ich meine Mutter hasse, wir kommen nur nicht gut miteinander klar und ich dachte, du bist genauso wütend über diese Neuigkeit, warum willst du dann nicht dagegen angehen? Bist du so ein Weichei? Was ist mit eigentlich mit deiner Mutter?" Warum fühlt es sich gerade so an, als hätte Ryan mehr Herz und Verständnis als ich für diese Sache? Ich will nicht das größere Arschloch von uns beiden sein."Das geht dich einen Dreck an und wage es nie wieder, mich als Weichei zu bezeichnen!" Seine Augen glühen vor Wut, mich hat noch nie jemand so angeschrien. Da habe ich wohl eine äußerst empfindliche Stelle getroffen, fast tut es mir schon leid.
Ryan reißt sich endgültig von mir los, diesmal wage ich es nicht, ihn nochmal festzuhalten. In diesem Zustand der Wut schlägt er mich vielleicht noch.
"Tut mir leid, wenn ich zu weit gegangen bin, ich weiß ja nicht, was in dir vorgeht, wenn du nicht darüber redest.", versuche ich ihn wieder zu besänftigen.
"Willst du plötzlich meinen Psychologen spielen? Ich interessiere dich doch sowieso einen Scheißdreck, also lass mich doch einfach in Ruhe." Für einen kurzen Moment bilde ich mir ein, er ist beleidigt, weil ich mich nicht für ihn interessiere, dann kommt mir der Gedanke jedoch unsinnig vor. Der hat schon sich selbst, für wen anders ist da sowieso kein Platz. Wahnsinn, da dachte ich, wir könnten uns wenigstens in dieser Sache einig werden, doch stattdessen werde ich nur angeschrien.
"Na schön, ich kriege das auch ohne dich hin. Bitte, dann bist du mir eben scheiß egal, Hauptsache ich kann meinen Arsch retten." Mit diesen Worten wende ich ihm den Rücken zu und gehe. Ich höre, wie sich Schritte in die entgegengesetzte Richtung bewegen.Zu Hause angekommen überlege ich, was ich tun könnte, damit die beiden nicht zusammen ziehen und wickle mich in einer Decke ein, da ich total durchgefroren bin. Dank meiner Unkreativität fällt mir nichts vernünftiges ein. Ich muss jetzt nicht nur Mom Kopfschmerzen bereiten, sondern muss mir doppelt Mühe geben. Da bekomme ich einen Geistesblitz. Was meine Mutter aus unerklärlichen Gründen am meisten in den Wahnsinn treiben könnte, wären neben Tattoos und Piercings bunte Haare, womit ich mir sogar noch einen Gefallen tue. Im Badezimmer suche ich nach der Dose mit den blauen Directions, die ich mir vor ein paar Wochen mal gekauft habe, in der Hoffnung, sie irgendwann benutzen zu können. Eure Zeit ist gekommen.
Das Ergebnis gefällt mir echt gut. Ich liebe bunte Haare und muss sagen, dass mir das Blau wirklich gut steht. Dadurch, dass meine Haare vorher schon weiß waren, ist es richtig stark.
Unten geht die Tür auf und Mom kichert, sie hat Harry dabei. Ich habe meine Mutter noch nie kichern hören, das klingt irgendwie gruselig. Sie kommen gerade die Treppe hoch, da gehe ich aus dem Bad und in mein Zimmer, sodass sie mich kurz mitbekommen.
"Tessa! Was soll das?" Mom läuft mir aufgebracht hinterher, versucht dabei ihre Stimme leise zu halten, damit Harry ihren Ausraster nicht bekommt.
"Was hast du mit deinen Haaren angestellt?" Sie ist sichtlich wütend, damit wäre die angestrebte Wirkung erfüllt. Ich frage mich, ob jemand anders auch so wütend werden würde, nur weil man seine Haarfarbe verändert hat.
"Ich habe sie mir nur getönt und mag es. Man soll doch immer mal etwas Neues ausprobieren, um sich selbst zu finden.", gebe ich mit einem unschuldigen Lächeln zurück.
"Schatz, ich denke ich sollte besser gehen, oder?", fragt Harry, der durch den Spalt meiner geöffneten Tür schielt. Bei dem Wort Schatz schüttelt es mich.
"Tut mir leid, Harry, aber das wäre jetzt vielleicht besser. Wir sehen uns morgen." Sie geben sich einen leichten Kuss auf dem Mund und schon ist er verschwunden.
"Ist es das was du wolltest? Tess, Harry und ich lieben uns. Und wir werden zusammenziehen, egal auf was für dumme Ideen du kommst."Na das werden wir noch sehen. Wenn sie bei Haaren schon so ausrastet, dann wird sie sich das bei anderen Dingen vielleicht nochmal überlegen.
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Fuck you, Bad Boy!
Teen FictionDie 18-jährige Tess ist die Neue an ihrer Schule. Schon wieder. Und es kotzt sie an. Vor allem dieser total heiße...ähm, Entschuldigung...Super dumme Bad Boy trägt nicht gerade zur Freude in ihrem Leben bei. Doch es ist echt verdammt schwer, seiner...