Chapter 9

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Die Praxis von Dr. Deaton war sehr geräumig und hell. Zurückhaltend schlich ich hinter Scott und Derek her. Dr. Deaton begüßte uns freundlich und kümmerte sich sofort um Stiles. „Legt ihn vorsichtig auf den Tisch.", sagte er zu Derek und Scott und holte eine Spritze aus einem Schieber. Dann stellte er sich neben Stiles und legte seine Wunde frei. „Die ist wirklich sehr tief, ich muss sie nähen.", stellte er fest und öffnete die Kappe der Spritze. „Scott, hol mir mal bitte Nadel und Faden, Derek, bring das Mädchen raus." Ich schaute auf. Derek nahm meine Hand und zog mich hinter sich aus dem Raum. Noch einmal schaute ich zu Stiles. Sein Gesicht war blass und Schweißtropfen liefen von seiner Stirn. „Wird er überleben?", fragte ich Derek, als wir draußen waren. Er schaute zu Boden. Ich kauerte mich an die Hauswand. Trotz der warmen Temperaturen fror ich. Zitternd zog ich meine Beine ran. Plötzlich legte Derek seine Jacke über meinen Rücken. „Danke.", murmelte ich ihm zu, er nickte. „W..wurdest du auch gebissen?", fragte ich nach einer Weile. Dereks Blick verfinsterte sich. „Nein, ich wurde so geboren.", antwortete er grimmig. „Also waren deine Eltern auch Werwölfe?"„Jessica, ich glaube es ist besser, wenn du nicht weiter nachfragst." Genervt drehte er sich um und lief davon. „Derek,warte." Ich stand auf und rannte ihm hinterher. „Ich möchte doch nur wissen, was ich bin.", schrie ich ihn mit Tränen in den Augen an. Er blieb stehen. „Ich kann dir nicht sagen, was du bist. Du wurdest nicht gebissen, du wirst nicht gesteuert. Ich habe keinen Schimmer, wer oder was du bist." Die Frage 'Wer oder was?' hatte ich mir in den letzten Tagen ständig gestellt und jetzt fing sogar Derek damit an. „Du bist ein Werwolf, du musst mir doch irgendwie helfen können." Schluchzend sah ich ihn an, doch er würdigte mich keines Blickes. „Nur, weil ich ein Werwolf bin, heißt es nicht, dass ich über alles Bescheid weiß. Vergiss bitte, was du erfahren hast. Lebe dein Leben so weiter, wie bisher. Mit deinem Dad." Er wandte seinen Blick wieder nach vorne und lief weiter. Ich wollte ihm hinterher, doch meine Beine blieben wie angewurzelt stehen. Weinend brach ich zusammen. Was verlangte er von mir? Dass ich einfach weiter lebte, mit dem Gedanken, kein normaler Mensch zu sein? Dass ich vergaß, dass Stiles wegen mir schwer verletzt war und niemand wusste,ob er wieder aufwachen würde? Dass ich ihn vielleicht auf dem Gewissen hatte? Ich spürte eine Hand auf meine Schulter und sah auf. Scott nahm mich beschützend in seine Arme. „Es wird alles wieder gut.", flüsterte er und lehnte seinen Kopf gegen meinen. „Warum ich?", fragte ich schluchzend. „Warum ausgerechnet ich?" Er strich über meine Haare. „Niemand kann dir sagen, warum du so bist, aber alles hat einen Grund." Dieser Satz brannte sich in mein Gehirn. „Danke, dass du für mich da bist." Ich schaute ihn an. Über uns öffnete der Himmel seine Tore und es fing wieder an zuregnen. Obwohl es erst früher Mittag sein musste, brannten die Straßenlaternen und es war dunkel. Viel zu dunkel. „Scott, ich habe Angst.", murmelte ich und schaute zum Himmel. „Lass uns reingehen. Dort sind wir sicher." Er nahm meine Hand und wir gingen zur Praxis. Drinnen war es ruhig, sehr ruhig. „Wo ist Dr. Deaton?", fragte ich ängstlich. „Er ist bestimmt bei Stiles. Möchtest du ein Glas Wasser haben?" Ich nickte. Scott ließ meine Hand los und ging durch eine der zahlreichen Türen, die den Flur zierten. Ich setzte mich auf einen der Stühle im Wartezimmer. Mich überkam ein ungutes Gefühl, als Scott nach zehn Minuten immer noch nicht zurückgekehrt war. Also stand ich auf und machte mich auf die Suche nach ihm. „Scott?", flüsterte ich und trat langsam zu der Tür, durch die er vorhin gegangen war. Vorsichtig öffnete ich sie und sah durch den kleinen Spalt. „Scott, sie darf es nicht erfahren." Das war Dr. Deaton. Ich schluckte. „Sie musste in den letzten Tagen so viel durchmachen, lasst ihr Zeit." „Okay, aber irgendwann werden wir ihr es sagen müssen.", sagte Scott zu ihm. Ich schloss die Tür,drehte mich um und rannte aus der Praxis. „Jess, warte!" Scott schien mich bemerkt zu haben und war dicht hinter mir. Ohne zureagieren rannte ich weiter. Immer weiter. Ich wusste nicht, wohin ich rannte. Ich wollte nur noch weg von hier. Aus dieser Stadt. Von Scott. Von Derek. Von Stiles. Es sollte alles wieder wie früher werden. Ich würde ein normales Teenagerleben führen und wieder mit Tyler zusammen kommen. Doch so sehr ich versuchte daran zu glauben,wusste ich, dass es nur Illusionen waren und es nie wieder so werden würde. „Ah!" Ich knickte mit meinem, immer noch etwas angeschwollenem, Fuß um und fiel zu Boden. Mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte ich aufzustehen, doch knickte immer wieder weg.„Jess, ist alles in Ordnung?" Scott stand neben mir und hielt mir seine Hand hin. „Geh, geh einfach.", schrie ich ihn an, doch erdachte nicht mal daran. „Du sollst gehen!" Weinend raffte ich mich auf und humpelte weiter. „Jess, du kannst nicht immer davonlaufen. Es wird dich immer wieder einholen." Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn wütend an. „Was meinst du?" Er kam einen Schritt auf mich zu. „Das kann ich dir nicht sagen, noch nicht." „Lasst mich in Zukunft in Ruhe, okay?" Scott nickte betrübt. „Ich möchte nichts mehr mit euch und eurem übernatürlichem Zeug zu tun haben." Mit diesen Worten drehte ich mich um und lief davon.


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