Chapter 10

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Die nächsten Wochen versuchte ich mich voll und ganz auf die Highschool zu konzentrieren. Da mein Fuß immer noch verletzt war, konnte ich kein Lacrosse spielen und verbrachte die Nachmittage meistens mit lernen. Scott hielt sich an meine Anweisungen. Stiles war nach zwei Wochen wieder in die Schule zurückgekehrt und auch er versuchte mir aus dem Weg zu gehen. Ich hätte ihn gerne gefragt, wie es ihm ging, doch sobald ich in die Versuchung kam, versuchte ich mich mit anderen Themen abzulenken. Noch immer saß ich alleine in den Pausen. Die Blicke der anderen hingegen hingen jetzt voll und ganz an unserem neuen Mitschüler, Ethan. Mr. Carter hatte ihn uns vor einer Woche vorgestellt und gebeten, ihn gut in die Klasse zu integrieren. Sieht man ja, wie gut das bei mir geklappt hatte. Langsamen Schrittes ging  ich zum Schulbus. 'Wieder einen Schultag geschafft.', dachte ich lächelnd. Bald waren Semesterferien und ich hatte mir vorgenommen,Tyler zu mir einzuladen. Heute wollte ich ihm eine E-Mail schreiben.Hoffentlich antwortete er schnell. Ich konnte es kaum erwarten, ihn endlich wieder zu sehen. „Hey, Jess." Ich drehte mich um und schaute in Stiles' braune Augen. „H..hey." Ich deutete auf den Bus. „Tut mir leid, aber ich habe keine Zeit.", murmelte ich,doch Stiles lachte. „Wir fahren mit dem selben Bus, du Dummkopf."Er zog an mir vorbei und stieg an. Verwirrt lief ich ihm hinterher.Im Bus setzte ich mich ganz hinten hin, direkt neben Stiles. „Und,wie geht es dir so?", brach es aus mir heraus. „Ganz gut, die Wunde ist gut verheilt. Scott hat mir erzählt, dass du mich gerettet hast." Ich wurde rot. „Naja, du bist zu mir nach Hause gekommen und ich habe Scott sofort angerufen und er und Derek haben dich zu  Dr. Deaton gebracht." Stiles nickte. „Ich weiß, trotzdem wäre ich ohne dich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Wäre auch nicht so schlimm." Ich lächelte gezwungen, da ich wusste, dass er das aus Spaß sagte. „Ich muss jetzt raus, bis morgen.", sagte ich nach ein paar Minuten des Schweigens. Ich umarmte ihn kurz und stieg dann aus dem Bus. Es hatte gut getan, wieder mit ihm zu sprechen und doch fühlte mich hin und hergerissen. Einerseits mochte ich Scott und Stiles sehr gern, andererseits wollte ich nicht mit zu den Werwölfen und anderen Geschöpfen gehören. Ich war Jess. Ein normales Teenagermädchen, was sich viel zu schnell verliebte. Oh mein Gott,das hatte ich gerade nicht wirklich gedacht oder etwas doch?Kopfschüttelnd öffnete ich die Haustür und trat in den langen Flur. Mein Dad hatte inzwischen die Küchentür und die Fenster erneuern lassen. Außerdem war er gerade dabei, eine Alarmanlage in unserem Haus zu installieren. Somit fühlte ich mich wenigstens etwas sicherer. Ich stellte meine Tasche vor die Garderobe und bog Richtung Küche. Es duftete nach frisch gekochten Kartoffeln. „Seit wann kochst du?", fragte ich meinen Dad, der am Herd stand. Lächelnd drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange. „Hallo Schätzchen, mein Chef hat mich heute eher gehen lassen und da habe ich mir gedacht,ich beköstige meine Tochter mal." Er grinste mich an. Irgendwie war er heute merkwürdig drauf. Ich schaute zu seinem Arm. „Was hast du da gemacht?", fragte ich misstrauisch. Er versteckte ihn hinter seinem Rücken. „Arbeitsunfall.", antwortete er und widmete sich wieder seinen Kartoffeln. Immer noch etwas verwirrt ging ich in mein Zimmer und öffnete meinen Laptop. Mein Dad kochte sonst nie, außerdem war er normalerweise bis spät in die Nacht arbeiten.Ich versuchte das Drücken in meinem Magen zu ignorieren und öffnete mein E-Mail-Postfach. Sofort machte ich mich daran, Tyler zuschreiben. Nach mehreren Neuanfängen gelang es mir endlich einen einigermaßen ordentlichen Text zu verfassen. „Hey Tyler, du hattest vor ein paar Wochen doch den Vorschlag gemacht, mich mal zu besuchen. Da ihr ja auch bald Semesterferien habt, hatte ich die Idee, dass du eventuell in der ersten Woche kommen könntest, falls du noch Lust dazu hast. Ich würde mich freuen. Schreib mir einfach,wie es dir recht wäre. Jess." Ich klickte auf 'senden' und scrollte dann noch etwas durch meine Mails. Gähnend klappte ich meinen Laptop zu und legte mich auf mein Bett. „Jess, Essen!",rief es nach ein paar Minuten aus der Küche. „Ich komme!" Langsam bewegte ich mich nach unten und setzte mich auf einen Stuhl. Mein Dad werkelte fröhlich mit der Pfanne und dem Topf herum. „Pass auf, dass du dich nicht verbrennst.", warnte ich ihn besorgt. Er stellte sie auf zwei Untersetzer, die auf dem Tisch standen und teilte mir eine Kartoffel und ein Schnitzel aus. „Danke.", sagte ich lächelnd und begann, das Schnitzel zu schneiden. Es schmeckte wirklich vorzüglich. Nachdem ich fertig war, räumte ich alles ab und verabschiedete mich von meinem Dad. „Ich geh noch eine Runde spazieren.", sagte ich und verließ das Haus. Nachdenklich lief ich Richtung Wald, als würde mir eine Stimme sagen: „Folge mir." Es zog mich immer tiefer hinein. Die Äste knackten und die Blätter raschelten unter meinen Füßen. Es war Spätsommer und das merkte man nicht nur an den bunt gefärbten Blättern der Bäume. Fröstelnd zog ich den Kragen meiner Jacke ein Stück höher. Langsam dämmerte es, doch ich wollte nicht umkehren. Ich lief immer weiter, bis ich irgendwann vor einem alten Haus stehen blieb. Es war sehr marode und sah aus, als wäre vor Jahren ein Feuer darin ausgebrochen. Die Dachbalken bogen sich gefährlich in alle Richtungen und die Haustür hing schief in der Verankerung. Vorsichtig stupste ich die Tür an. Knarrend öffnete sie sich. Die Abenteuerlust packte mich. So leise wie möglich betrat ich das Gebäude. Der Putz blätterte von den Wänden und überall waren merkwürdige Zeichen gemalt. Mein Herz pochte und ich hatte das Gefühl, es würde jeden Moment aus meiner Brust springen. Nun trat ich in den ersten Raum. An der Wand hingen alte Fotos. Ich schaute mir eines genauer an. Ein kleiner Junge stand zwischen zwei Erwachsenen und neben ihm stand ebenfalls ein Junge, der ein paar Jahre älter gewesen sein musste, wie er. Ich fing an zu zittern. Es war wirklich gruselig. Der Wind pfiff durch die offenen Fenster und kaputten Stellen des Hauses. Doch ich konnte meinen Blick nicht von dem Bild wenden. Ich sah mir den kleinen Jungen etwas genauer an und überlegte, woher ich das Gesicht kannte. „Das ist doch..", murmelte ich. „Was machst du hier?" Erschrocken drehte ich mich um. „W..wer sind sie?", fragte ich ängstlich und trat einen Schritt zurück. Ein Mann, etwa Mitte Dreißig, funkelte mich wütend an. „Die Frage ist eher, wer bist du?", sagte er und kam auf mich zu.

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