Chapter 14

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Am nächsten Morgen wachte ich alleine in meinem Bett auf. Statt Scott lag ein kleiner, weißer Zettel neben mir. Ich rieb meine Augen. „Hallo Jess, wenn du diesen Zettel liest, bin ich bereits in der High School und habe dich bei Mr. Carter entschuldigt. Stiles holt dich heute Nachmittag ab und wir treffen uns bei Dr. Deaton in der Praxis. Bis später, Scott." Etwas traurig, aber auch froh über diese Nachricht stand ich auf und zog mich an. Dann frühstückte ich ausgiebig und setzte mich vor den Fernseher. Nachdenklich ließ ich die verschiedenen Sendungen an mir vorbei schweifen. Nachdem, was am Vortag passiert war, wurde es immer wahrscheinlicher, dass ich ebenfalls ein Werwolf war. Stiles hatte mir zwar ein paar Dinge über die wolfsähnlichen Gestalten erzählt, doch ich konnte einfach nicht verstehen, warum ausgerechnet ich, ohne Biss und Kratzer, zum Werwolf geworden war. Meine allergische Reaktion auf den Eisenhut bestätigte jedoch meine schlimmsten Ängste, die mich seit Wochen Tag für Tag begleiteten. Ich wollte unbedingt wissen, was für eine Art Werwolf ich war. Also setzte ich mich an meinen Laptop und suchte im Internet nach Antworten.'Werwölfe? Gibt es sie wirklich?' oder 'Merkwürdiger Todesfall in Beacon Hills' lauteten die Überschriften der Zeitungsartikel. Seufzend lehnte ich mich zurück. Hoffentlich konnte Dr. Deaton mir heute Nachmittag all meine Fragen beantworten. Das Internet half mir leider nicht viel weiter. Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich erwartete niemanden, also ging ich besonders vorsichtig durch den Flur, griff nach dem Baseballschläger meines Dads, der inzwischen wieder auf dem Garderobenschrank lag und schlich Richtung Tür. Mein Herz pochte, als ich durch den Spion an der Tür schaute. 'Peter!', schallte es durch meinen Kopf. Durch das Zittern meiner Hände, fiel der Baseballschläger scheppernd zu Boden. Ich hielt die Luft an. „Jessica, ich weiß, dass du da bist.", flüsterte er und lehnte sich gegen die Tür. Ich ging einen Schritt zurück. Nein,das konnte nicht sein. Woher wusste Peter, dass ich hier wohnte? Wie lange beobachtete er mich schon? Erst jetzt fiel mir ein, dass er in der Schule gestern erwähnt hatte, dass er der Alpha sei. Ich schlug die Hände vors Gesicht, in der Hoffnung, dass das alles nur ein schlechter Traum war. Er war das monströse Wesen, was mich monatelang in meinen Träumen verfolgt hatte. Er war derjenige, der mich vor wenigen Wochen in meinem Haus angegriffen hatte. Ich hatte das Gefühl, meine Beine würde jeden Moment versagen. „Jessica,würdest du so lieb sein und mir bitte die Tür öffnen?" Ich schüttelte den Kopf. Wo sollte ich hin? Stiles und Scott waren in der Schule. Ich war komplett auf mich allein gestellt. Ich atmete tief durch. 'Er braucht deine Hilfe, also kann er dich nicht töten wollen.', sagte ich mir in Gedanken und schritt Richtung Tür. Meine Hand wanderte zitternd zum Türknauf. Als ich ihn umgedreht hatte, stieß Peter die Tür auf und stellte sich dicht vor mich. Ich schluckte. „W..was wollen sie von mir?", fragte ich ängstlich. Er legte seinen Zeigefinger unter mein Kinn und schlug gleichzeitig die Tür mit seinem Fuß zu. „Das weißt du genau.", hauchte er und sein Gesicht kam näher, sodass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. „Du bringst mir Scott und ich lasse dich für immer in Ruhe." „Was wollen sie mit Scott?" Ich war über mich selber erstaunt, dass ich ihm diese Frage stellte, ohne weiter darüber nachzudenken. „Er hätte mir beinah meinen Alphastatus genommen und dafür muss er büßen." Peters Blick verfinsterte sich. Ich konnte ihm Scott nicht ausliefern. Er war mein Freund. „Das kann ich nicht machen.", murmelte ich. Peter griff mit der anderen Hand nach meinem Arm. „Wenn du es nicht tust." Ich spürte einen stechenden Schmerz in meinem Unterarm. Blut floss meine Hand hinunter. Tränen stiegen mir in die Augen. „Dann bist du bald ein Waisenkind." Mit diesen Worten drehte er sich um, öffnete die Tür und verließ das Haus. Ich schaute zu meinem Arm. Blut tropfte auf den Laminatboden. Sein letzter Satz schallte durch meinen Kopf. Nein, ich wollte nicht, dass er meinem Dad etwas antat, aber ich konnte auch Scott nicht verraten. Ich schnappte nach Luft. Erst jetzt wurde mir bewusst, in was für einer brenzligen Situation ich mich befand. Als sich vor meinen Füßen bereits eine riesige Blutlache gebildet hatte, begriff ich, dass ich erst mal meinen Arm verbinden musste.

Als Stiles mich am Nachmittag abholte, war seine erste Frage, was ich an meinem Arm gemacht hatte. Ich wollte ihm die Wahrheit erzählen, doch ich konnte es nicht. „Habe mich geschnitten.", sagte ich überzeugend. Es war eine schlechte Lüge, aber was anderes fiel mir in dem Moment nicht ein. Er nickte und startete den Jeep. In der Praxis angekommen, warteten Dr. Deaton und Scott schon auf uns. Ich brachte ein knappes „Hallo.", hervor. Scott ignorierte mich. 'Sollte er doch.', dachte ich mir und lief an ihm vorbei, Dr. Deaton hinterher. „Was hat sie an ihrem Arm gemacht?", hörte ich Scott Stiles fragen. „Sie hat sich geschnitten.", antwortete er. Scott schaute mir hinterher. Warum konnte ich plötzlich so gut hören? War das auch eine Fähigkeit des Werwolf-Seins? Dr. Deaton führte mich in den Raum, wo ich das letzte Mal aufgewacht war. „Setz dich." Er deutete auf die Liege. Ich nickte dankend. „Also, was haben sie herausgefunden?", fragte ich, bevor Stiles und Scott den Raum betraten. „Du bist, wie du es wahrscheinlich schon gemerkt hast, ein Werwolf." Er bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen. Ich atmete tief durch. „Aber kein normaler.", fuhr er fort. Stiles und Scott stellten sich neben ihn. Stiles schaute mich mitleidig an. Ob Scott ihm von unserem Kuss erzählt hatte? „Du bist auf jeden Fall verwandt mit einem Alpha, aber mehr konnte ich noch nicht herausfinden." Tränen stiegen mir in die Augen. Obwohl ich geahnt hatte, was er mir sagen würde, war ich denoch geschockt. Stiles kam auf mich zu und nahm mich in seine Arme. Scott schaute zu Boden. Am Liebsten hätte ich ihn jetzt umarmt. „Wir schaffen das.", flüsterte Stiles mir ins Ohr. Ich nickte betrübt. „Ich werde dich auf jeden Fall unterstützen.", sagte Scott plötzlich. Ich lächelte ihm dankbar zu. Stiles ließ mich los. Ich stand auf und ging zu Dr. Deaton. „Danke." Er nickte. „Wenn du Fragen hast, bin ich immer für dich da, so wie ich es für Scott bin.", sagte er lächelnd. Zusammen mit Stiles und Scott verließ ich die Praxis. Ich konnte es immer noch nicht fassen, was mir Dr. Deaton gerade gesagt hatte. Dass ich kein Mensch war, sondern ein Werwolf. Dass mein Dad vielleicht gar nicht mein Dad war, sondern ich das Alpha-Gen in mir trug. Was würde mich beim nächsten Vollmond erwarten? Was hatte ich sonst noch für Fähigkeiten, die ein normaler Werwolf nicht besaß? Und wen würde ich Peter opfern?

"I'm the real alpha!"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt