I do not love you

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LOUIS

„Manchmal braucht man Abstand von den Menschen, die man liebt. Das heißt nicht, dass man sie dadurch weniger liebt. Manchmal liebt man sie dadurch nur noch mehr."

15. April 2016

Ich konnte nicht fassen, was ich hier tat. Ich hatte schon eine Menge schräger Dinge getan, aber das übertraf wohl alles. Und diese Sache hier hatte einen bitteren Beigeschmack. Einen tödlich bitteren Beigeschmack. Ich musste über meinen eigenen Wortwitz lachen.

Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Sie war mir nicht sonderlich schwer gefallen, was mich eigentlich beunruhigen sollte. Aber seit mir klar war, wie es enden wird, ging es mir besser. Es war als wäre der Schmerz von der Gewissheit außer Gefecht gesetzt worden, dass es bald vorbei sein würde.

Aber bis dahin, gab es eine Menge zu tun. Ich hatte vor zwei Wochen ein ewig langes Telefonat mit Meggie geführt und mit jedem Wort, was sie sprach, wurde mir klar, wie gruselig perfekt sie passte. Sie war kein Engel, aber sie würde in seiner dunkelsten Stunde einer werden.

Harry würde durchdrehen und abstürzen, sobald er es erfahren würde. Das würde ich verhindern. Das war ich ihm schuldig. Stattdessen sollte Harry sich mit all seinen Sünden, Problemen und aufgestauten Gefühlen konfrontieren. Und er würde stärker daraus hervorgehen, als er jetzt war. Aber vor allem würde er mit einer Person aus der Sache herausgehen, die ihn wirklich kannte und hoffentlich auch liebte. Deswegen hatte ich zwei Karten für X- Factor gekauft, die Flugtickets am Jurytisch versteckt und in Orlando den weiteren Hinweis versteckt, der sie nach LA führen würde. Hier war ich jetzt seit ein paar Tagen. Heute war der letzte Tag, bevor ich morgen nach Las Vegas aufbrechen würde. Ich musste noch einige Orte aufsuchen, denn Harry hatte Meggie eine Menge Sünden zu beichten und einige Dinge wieder gut zu machen. Von einigen wusste selbst ich nicht die Details, weil Harry sich in eisernes Schweigen hüllte.

Letztendlich war ich froh Los Angeles verlassen zu können. Die letzten Tage waren ein einziger Streit zwischen meinen und Briannas Anwälten gewesen. Ich hatte Brianna angefleht mich Freddie sehen zu lassen, aber sie hatte komplett abgeblockt. Außerhalb des Verhandlungsraums durfte ich ihr nicht näher kommen als 100 Meter. Sie hatte wirklich eine einstweilige Verfügung gegen mich erwirkt. Es war lächerlich.

Dies war der Grund warum ich jetzt im Begriff war in das Haus einzubrechen, was ich gekauft hatte. Wo die Frau drin schlief, mit der ich Sex gehabt hatte. Wo das Kind lag, dessen Vater ich war.

Ich wollte Freddie noch einmal sehen, bevor ich verschwinden würde. Noch einmal über sein Haar streichen. Einmal seinen leisen Atem hören. Ich wollte nur sehen, ob es ihm gut ging. Denn dann konnte ich unbesorgt gehen.

Ich stieg über die kleine Mauer, die den Garten begrenzte. Und schlich mich zur Terassentür, verzweifelt bemüht den Bewegungsmelder, die das Licht automatisch angehen ließen, auszuweichen. Ich zog das Schlossknacker Set, was ich gestern in einem zwielichtigen Laden erstanden hatte, aus meiner Hosentasche und betete, dass an den Youtube Tutorials doch etwas Wahres dran war. Nach zwanzig Minuten Gefummel am Schloss, sprang es wirklich auf und ich war unglaublich dankbar dafür, dass ich damals nur an der Haustür eine Alarmanlage installieren ließ. Es war pure Faulheit gewesen, aber das Schicksal hatte es gut gemeint. Wenigstens einmal. Oder vielleicht hatte ich schon damals die Vorahnung gehabt, dass es eines Tages nötig sein würde in dieses Haus einzubrechen.

Ich schlich mich durch das Wohnzimmer, an der furchtbaren chromverstählerten Küche vorbei, auf die Brianna so bestanden hatte, die Treppe hoch. Während ich langsam und vorsichtig darauf bedacht, keine Mucks von mir zu geben den Flur entlanglief, hoffte ich, dass Freddie heute Abend ein braves Kind gewesen war und in seinem Zimmer schlief und nicht, wie so oft in den ersten Wochen, nur zwischen Brianna und diesem riesigen Elefantenkissen.

BROKEN SCENE / H. S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt