BROKEN SCENE / H. S.

For whom the bell tolls

LOUIS

„Boom. Gone. We move on. Even if we try to forget, love will remember us."

20. Mai 2016

„Also, Mr. Tomlinson. Wir werden Sie sofort informieren, wenn wir einen Käufer für ihr Appartement finden. Ich bedauere es dennoch, dass sie diese Immobilie nicht weiter behalten wollen. Sie waren bestimmt der beste Eigentümer, den wir je hatten."

Aus meiner Kehle kam ein heiseres Lachen. Das lag nur daran, dass ich nie hier gewesen war. Vor zwei Jahren hatte ich mir eine Wohnung im 25ten Stock eines Luxusbaus gekauft und war seitdem vielleicht dreimal hier gewesen. Ich hatte gedacht, dass es cool wäre, eine Bleibe in New York zu haben, aber am Ende war ich wenn ich überhaupt diese Stadt betreten hatte, in Hotels abgestiegen.

Ich sah durch die große Fensterfront nach unten auf den regen Verkehr.

Irgendwas an der Stadt stieß mich immer mehr ab. Aber vielleicht war es auch das Gefühl, dass ich meine Zeit in dieser unglaublichen anonymen brodelnden Hölle vergeudete. Ich sehnte mich nach England zurück. Gleichzeitig vermisste ich nichts. Weder meine Familie, noch die Jungs. Ich wollte keinen von ihnen weder sehen, noch mit ihnen sprechen. Aber vielleicht hatte ich auch zu sehr Angst, dass sie es mir ansehen könnten. Es gab wenige Menschen, die mich wirklich kannten. Aber wenn selbst Taylor meinen Todeswunsch bemerkt hatte, würde ich es nicht verstecken können. Aber ich wollte mich nicht aufhalten lassen. Niemand würde mich mittlerweile aufhalten können. Jedenfalls glaubte ich das.

Ich verabschiedete mich von Mr. Ryan, der mir versprach „das Baby ganz schnell an den Mann zu bringen", und machte mich auf den Weg Richtung Hyde Park. Es war Harrys letzter Hinweis. In Holmes Chapel würde nichts mehr auf ihn warten, als Ruhe, seine Familie und hoffentlich etwas Glück.

Ich irrte lange umher, bis ich den Ort von damals wiederfand. Langsam ließ ich mich auf den Stein, auf dem wir damals auf den Sonnenaufgang gewartet hatten.

Ich holte das Foto heraus. Ich hatte ewig gebraucht, bis ich es in meinem Gewirr von Dateien auf meinem Computer gefunden hatte. Aber schließlich war es aufgetaucht und ich war zum nächsten Laden gerannt um es zu etwas Greifbarem zu machen.

Sehnsüchtig starrte ich darauf und blendete dabei jegliche Geräusche meiner Umwelt aus. Links war ich, die Augen halb geschlossen, mit einem müden Lächeln auf den Lippen. Rechts Harry der eine bescheuerte Grimasse machte, eine Locke, die ihm widerspenstig ins Gesicht hing. In der Mitte Eleanor. Lächelnd, mit strahlenden Augen, ihren Kopf in meine Richtung geneigt. Wunderschön. Es war der Sommer 2012 und wir waren seit einem halben Jahr zusammen gewesen. Es war der unbeschwerteste Sommer gewesen. Der Rummel um uns ging gerade erst richtig los und wir genossen es noch. Es war ein riesiger Spaß. Es war der Sommer, in dem ich nie geglaubt hätte, dass es jemals kaputt gehen könnte. Ich hatte sie so geliebt. Wer hätte gedacht, dass vier Jahre später alles so in Scherben liegen könnte?

Ich betrachtete das Bild voller Sehnsucht. Wenn ich die Zeit nur zurückdrehen könnte. Ich würde genau zu diesem Augenblick zurückkehren. Dieser Moment, in dem ich wusste, dass ich die beiden besten Menschen meines Lebens an meiner Seite hatte. Die beiden Menschen mit denen ich den Rest meines Daseins verbringen wollte.

Ich holte den Kugelschreiber heraus und setzte an der Rückseite des Fotos an. Anne Cox Adresse würde die letzte Nachricht sein.

Fahr nach Hause, Harry. Koche mit deiner Mutter. Spiel mit Gemma so viel „Mensch ärgere dich nicht", bis sie sich Tage in ihrem Zimmer einschließt, weil du aus irgendeinem Grund immer gewinnst.

Ein seltsamer Ton erreichte meine Ohren. Ich starrte eine Weile ins Leere, bis ich begriff, dass es mein Handy war.

Ich kramte in meiner Hosentasche, bis ich das Telefonat endlich annehmen konnte.