The broken heart

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HARRY

„I wanted the truth, but sometimes the truth hurts."- Ron Pope


5. August 2016

Ich stand seit mehr als fünfzehn Minuten vor der Tür und starrte die Klingel an.

Ich konnte das einfach nicht. Ich wollte das nicht. Seit dem Moment, in dem ich die Adresse gelesen hatte, war mir klar gewesen, dass Louis mir hiermit die größte Herausforderung gestellt hatte. Das, was ich ihr damals angetan hatte, war mehr als ein Fehler im Rausch gewesen. Es hatte gegen die Werte verstoßen, auf die ich meinen Charakter begründete. Ich hatte eine Frau nicht nur betrogen, ich hatte sie verletzt und das auf grausame Art und Weise.

Ich hatte versucht die letzten Jahre so wenig wie möglich daran zu denken. Und wenn ich es tat, brodelte die Scham in mir. Ich hatte noch nie Probleme gehabt einen Mann zu küssen, aber ich hatte Austin damals ausgenutzt. Um meine Skandallust und meine Neugier zu befriedigen. Und damit für Zerwürfnisse innerhalb einer Familie gesorgt. Zwischen Geschwistern.

Ich hatte nicht wissen wollen, was dort hinter geschlossenen Türen in der Familie passiert war und doch stand ich jetzt vor dem Familienanwesen der Familie Swift in Nashville und versuchte mich dem zu stellen, was ich, hätte mich irgendjemand jemals damit konfrontiert, ohne Zögern geleugnet hätte.

Mein Blick ging über den perfekt angebauten Vorgarten bis zur Straße, an der gerade ein junges Paar entlanglief.

Ich war froh, dass Meggie sich geweigert hatte mitzukommen. Offenbar war ihr klar, dass sie bestimmte Abgründe nicht sehen wollte. Stattdessen hatte sie beschlossen mit Luke zu irgendeinem Jahrmarkt zu gehen. Wahrscheinlich sollte ich eifersüchtig sein, doch konnte ich gerade nur an die Hölle denken, die auf mich wartete.

Mir schien, als würde die Tür des Hauses immer näher kommen. Ich wollte nicht wissen, wie Louis es erfahren hatte. Ich wollte einfach nur hier weg. Hastig drehte ich mich um und gerade als ich einen Schritt die kurze Treppe runtertrat, öffnete sich die Tür hinter mir.

Fuck.

Jede meiner Zellen im Körper, schrie danach einfach wegzulaufen. Dreh dich einfach nicht um, Harry. Vielleicht würde es dann nur eine Einbildung bleiben.

„Harry?" Alles in mir erstarrte. Mehrere Sekunden war es komplett still, in der ich nur meinen eigenen Atem wahrnahm. Dann drehte ich mich abrupt um.

Austin sah mich verwirrt an. Mit Jogginghose und Sporttasche versuchte er einen Anlass zu finden, warum ich drei Jahre zu spät auf dieser Fußmatte stand.

Ich bemühte mich um ein Lächeln, aber es sah wohl eher so aus, als würde ich gleich eine Behandlung durch Waterboarding erwarten.

„Hey." Innerlich ohrfeigte ich mich. Ich musste dringend einen besseren Einstieg für Gespräche mit Personen finden, die ich verletzt hatte.

„Ich, also.. ähm... ich will.." Ich schluckte hart. Man sollte meinen, ich hatte während dieses Trips der Vergangenheit gelernt um Verzeihung zu bitten, aber offenbar hatte ich eine psychische Störung. Oder ich war noch nie wirklich charakterstark gewesen.

Doch Austin schien nicht wirklich bereit, meinem Stottern geduldig zu zuhören.

Stattdessen hatte der Zug um seinen Mund eine Härte angenommen, die mich erschreckte.

„Taylor ist in der Küche.", war alles was er sagte, während er an mir vorbeischritt, nicht ohne mich absichtlich hart an der Schulter anzurempeln.

Und schon war er um die Ecke verschwunden. Ich atmete tief ein. Das war nicht ideal gelaufen. Doch die größte Herausforderung lag noch vor mir. Hinter der dunklen Eichentür, die nun nicht mehr verschlossen war, sondern einen kleinen Spalt offen hielt, bereit mich in die Höhle des Löwen einzuladen. Langsam überquerte ich die Schwelle und sah mich im Hausflur um. Es hatte sich nicht viel verändert, seit meinem ersten und letzten Besuch in Nashville um mich damals Taylors Eltern vorzustellen.

BROKEN SCENE / H. S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt