ELEANOR
"The difference between sex and love is that sex relieves tension and love causes it." – Woody Allen
20. Mai 2016
Alles was ich tun konnte, war ihn anzusehen. Er war immer noch vollkommen. Die hellen Augen, das immer viel zu unperfekt sitzende Haar, es sei denn Lou hatte drei Stunden daran gearbeitet, dass es akzeptabel aussah. Er war immer noch genauso anziehend, wie an dem Tag, an dem wir uns begegnet waren.
Ich hatte mich an jenem Abend entschlossen, mein ersten One Night Stand zu haben, eher aus Verzweiflung, als aus Neugierde. Richard war ein netter Typ gewesen, also hatte ich beschlossen am Ende des Abends ihn nach Hause zu begleiten. Doch dann war Louis in mein Blickfeld geraten. Er stellte sich einfach neben uns, mischte dreist das Gespräch auf und ließ mich von diesem Moment an den ganzen Abend nicht mehr aus den Augen. Er war charmant, humorvoll und unglaublich unbeirrbar, was seine spontane Besessenheit mir gegenüber anging. Irgendwann nach Mitternacht fing meine Haut an zu prickeln und ab um drei Uhr wusste ich nicht mehr wer Richard gewesen war. Ich hatte nie beschlossen mit Louis zusammen sein zu wollen. Es war einfach passiert, als wäre es das natürlichste der Welt. Und niemand konnte zwischen uns geraten. Kein Ozean, keine tausend Meilen und keine Millionen Groupies. Jedenfalls hatte ich das unbeirrbar geglaubt.
Aber als sich das Gegenteil herausstellte, musste ich erkennen, dass wohl niemand in meinem Umfeld so naiv wie ich gewesen war. Ich kriegte keine Entrüstung zu spüren, nur Mitleid. Dabei war es nicht einmal der Grund, warum ich am Boden gewesen war, immer noch bin.
Ich schlief nachts schlecht und Erinnerungen verfolgte mich, sodass ich eher gerädert als erholt morgens aufstand. Das Gute an The Trendpear und der Arbeit mit Mode war, dass das meiste abends stattfand. Ich musste nicht ausgeschlafen sein, es war nicht intellektuell herausfordernd. Es machte nur Spaß. Aber ich spürte, dass ich mehr Freude daran haben würde, wenn die Umstände andere wären. Es waren jetzt fast anderthalb Jahre seit der Trennung und ich hatte gehofft, dass es irgendwann bergauf gehen würde, in irgendeiner Weise. Ich hatte es mit Ablenkung versucht. Mit unglaublich viel Arbeit, zu viele nichtssagende Bettgeschichten, aber es half nichts.
Mehr als einmal hatte ich das Bedürfnis gehabt, zu Drogen zu greifen. Irgendetwas, was mich wieder etwas spüren lassen würde, was wieder etwas Gefühl in meine Fingerspitzen und etwas Wärme in mein Herz zurückgeben würde. Aber das konnte ich meiner Familie und meinen Freunden nicht antun. Die Vernunft hatte gesiegt. Tief im Innern bezweifelte ich auch, dass Drogen mir wirklich helfen würden. Die einzige Droge, die ich brauchte war Louis. Und ich war auf kaltem Entzug. Bis heute.
Ich hatte mit Max gelost, wer zur Jil Sander Modenschau nach New York fliegen durfte und hatte gewonnen. Jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass ich in London festsitzen würde, mit Lani Tarantinofilme gucken und mich darüber beschweren, dass Max die Zeit seines Lebens hatte.
Seine Augen waren leer, seine Haut blass und seine Körperhaltung voller Hoffnungslosigkeit. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Ich hatte inständig gehofft, dass es ihm gut gehen würde. Denn dann hätte ich es vielleicht irgendwie ertragen können, dass er entschieden hatte ohne mich weiterzuleben. Aber alles an Louis sprach dagegen. Und das machte mich wütend. Etwas fing an, in mir zu sprudeln, so sehr, dass ich anfing einen Schleier von Farben zu sehen, die sich immer stärker zusammenzogen.
Ich musste hier weg. Es war mir egal, dass Jil Sanders Chefdesigner hinter mir herrief oder dass ich eigentlich einen Job zu erledigen hatte. Es war egal, dass ich mich die Treppe runter an High Class Model vorbeiquetschte, die sich lautstark beschwerten. Alles was ich tun konnte, war wegkommen, weg von Louis, weg von allen Emotionen, die wieder hochkamen. Ich rannte bestimmt fünf oder sechs Blocks blind und voller nackter Wut, bis ich mich halbwegs abreagiert hatte. Ich keuchte und versuchte verzweifelt wieder Luft zu bekommen, während einige Passanten mir besorgte Blicke zuwarfen.
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BROKEN SCENE / H. S.
FanfictionDo not pity the dead, Harry. Pity the living and above all those, who live without love. - Albus Dumbledore. Louis ist am Ende. Voll von Enttäuschung, Erschöpfung und Abweisung. All dies sieht er auch in Harrys Gesicht wieder gespiegelt und so trif...