Insanity / Wahnsinn (Kelay Teil 3 )

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Dario :

Es war Wahnsinn. Unser Vorhaben. In Absprache mit dem Psychater hatten wir beschlossen, dass ich Dominik auch gegen dessen Willen treffen sollte. Es war das einzige, was ihn jetzt noch retten konnte, doch es war auch ein zweischneidiges Schwert. Im schlimmsten Fall könnte er ausrasten, und alles würde nur noch schlimmer werden. Aber das Risiko mussten wir eingehen... Jetzt saß ich also im Besucherraum, knetete nervös meine schwitzigen Hände.. Wie würde er reagieren..?

Ich spitzte meine Ohren und achtete auf jedes kleine Geräusch. Jeden Moment könnte er durch die Tür kommen.. Unruhig stand ich auf und lief durch den Raum. Mein Herz schlug so laut, dass ich überzeugt war, man müsse es durch die Wand hören können. Ich hatte nichts geplant. Was sollte ich ihm sagen..?

Mir wurde jetzt erst wieder bewusst, wie sehr ich ihn vermisste. Er musste einfach kommen. Ich musste ihn sehen, auch wenn es schwerwiegende Folgen haben könnte...

Dominik :

Irgendetwas war anders als sonst. Ich spürte es einfach. Sie verheimlichten mir etwas.. Und es war nicht meine Paranoia, da war ich mir sicher..

Es klopfte, und ein Mann betrat meine Zelle. Ich kannte ihn, er führte mich immer gesichert durch das Gebäude, wenn ich zum Therapeuten musste. Also wollte dieser wohl wieder etwas von mir. Hoffentlich nicht wieder die ewige Diskussion wegen dem Kontakt zu...ihm. Genervt ließ ich mir die Handschellen anlegen und folgte ihm dann durch die Flure. Doch diesmal gingen wir einen anderen Weg als sonst. Einen,den ich noch nicht kannte...

"Wohin gehen wir ?" fragte ich nervös, und blieb sofort stehen.

"Das darf ich dir nicht sagen. Komm bitte, es ist nicht mehr weit. " Zögerlich setzte ich mich wieder in Bewegung. Wo führte er mich hin...? Aprupt blieb er vor einer schweren Metalltür stehen.

"Besuchsraum " las ich, und eine kalte Welle schwappte durch meinen Körper. Aber... Sie würden es doch nicht gegen meinen Willen machen, oder ? Oder...? Bevor ich Einspruch erheben konnte, hatte er die Tür bereits geöffnet und mich hineingeschoben.

Schnell sah ich mich im Raum um, er war genauso hell und freundlich wie meine Zelle. Ein wenig Tageslicht schien durch zwei große Fenster, beleuchtete jemanden, der hinausgesehen hatte und sich bei dem Geräusch der öffnenden Türe umgedreht hatte.

Dario...

Ich war unfähig mich zu bewegen, konnte nur dort stehen und ihn fassungslos anschauen. Dann drehte ich mich um, und wollte wieder aus dem Raum raus, doch die Tür war in der Zwischenzeit abgesperrt worden. Waren sie völlig verrückt, mich mit ihm alleine in einem Raum zu lassen ?! Wütend hämmerte ich gegen die Tür, versuchte auszublenden, dass Dario mit im Raum war, konzentrierte mich nur darauf, hier heraus zu kommen.

"MACHT DIESE VERDAMMTE TÜR AUF !! SEID IHR VOLLKOMMEN BESCHEUERT ?!! LASST MICH HIER RAUS !!"

Sauer holte ich Luft, ignorierte die andere Person immer noch. Wollte keinem Teil von mir Gelegenheit geben, über die Möglichkeiten nachzudenken, nun wo er mir schutzlos ausgeliefert war. Ich musste hier raus, schnell. Bevor ich die Kontrolle verlieren würde.

"D-Dominik ?" hörte ich Dario leise hinter mir flüstern.

Mein Herz schrie als ich seine Stimme hörte. Erinnerungen prasselten auf mich ein, drohten mich zu überwältigen. Ich drehte mich nicht um, schloß nur die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Holte tief Luft.

"Hör zu, Dario. Du musst hier raus. Sofort. Sag denen dass du rauswillst. Hier sind vermutlich überall Überwachungskameras. Die lassen dich gehen, wenn du das denen sagst. "

Ich versuchte mich abzulenken. Bloß nicht darüber nachzudenken. Weiter klopfte ich gegen die Tür.

"LASST IHN HIER RAUS" schrie ich wieder.

Dario :

Es wäre gelogen, wenn ich gesagt hätte, dass ich gerade keine Angst hatte. Doch ich vertraute ihm. Dominik würde es schaffen, sich gegen sein zweites Ich durchzusetzen. Er musste es schaffen, es war seine einzige Chance. Sein Psychater hatte mich gewarnt, dass es gefährlich werden würde. Natürlich würden sie alles überwachen, und eingreifen, falls er mich angreifen würde. Doch ein Restrisiko bestand.

Trotzdem hatte ich nicht gezögert. Wir mussten es versuchen. Auch wenn es verrückt war, Wahnsinn begegnete man am Besten mit noch mehr Wahnsinn. Ich betrachtete ihn, wie er gerade verzweifelt an die Tür klopfte, und bat, herausgelassen zu werden. Er hatte sich stark verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war noch dünner und blaßer geworden. Doch was mich am Meisten geschockt hatte, waren seine Augen gewesen, als sein Blick mich kurz gestreift hatte.

Leer. Und Ausdruckslos. Kalt.

Traurig erinnerte ich mich daran, wie sie früher geglänzt und geleuchtet hatten. Wo war dieser Dominik geblieben ? Vorsichtig ging ich auf ihn zu, er stand immer noch mit dem Rücken zu mir an der Tür.

"Bleib da stehen !" wies er mich scharf an, ohne sich umzudrehen.

Erschrocken leistete ich seiner Anweisung Folge. Seine Schärfe verletzte mich. Warum war er so kalt, so abweisend zu mir ? Ich war nun nur noch eine Armlänge von ihm entfernt. Aus einem alten Instinkt heraus, legte ich eine Hand auf seine Schulter. Er versteifte sich, dann drehte er sich langsam um. Als ich sein Gesicht sah erschrak ich.

Aus seinen Augen sprach nun blanker Wahnsinn.


Hundertzwanzig Mal...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt