Dreams- Träume (Verzögerter Tumor Epilog)

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PoV GLP

Immer wieder laufe ich durch die endlosen weißen Flure, reiße jede Tür auf, die ich sehe, spähe in Raum um Raum. Doch ich finde ihn einfach nicht...!
"Dario ?!", schreie ich laut, laufe verzweifelt noch schneller.
Aber ich bin alleine, außer mir ist keiner da... Wo ist er?! Er muss hier sein, ich bin mir sicher. Irgendwo hier. Ich muss nur noch weiter suchen.
Ich kämpfe mich vorwärts. Die Hoffnung treibt mich weiter. Die Hoffnung, dass er vielleicht schon hinter der nächsten Tür auf mich wartet.
„DARIO!!!" Auf meine Schreie erhalte ich keine Antwort. Ich bin allein. Zitternd sinke ich zu Boden. Wo ist er nur?!


Ich habe ihm doch versprochen, ihn zu besuchen...! Entschlossen rappele ich mich wieder auf, laufe weiter. Nur nicht aufgeben! Weiterkämpfen. Immer weiter.
Doch die Gänge werden immer enger, immer dunkler. Die Wände rasen auf mich zu, scheinen mich zerdrücken zu wollen.
„Dario?!", rufe ich erneut. Verzweifelung macht sich in mir breit, lähmt mich.
„Ich bin nicht mehr hier, Manu...", höre ich seine Stimme flüstern, und es wird alles dunkel...


Erschrocken reiße ich die Augen auf, setze mich aufrecht hin. Mein Herz klopft wie verrückt, ich bin schweißgebadet und zittere. Wieder dieser Albtraum.
Ich berühre mein Gesicht, es ist nass, ich habe wieder geweint. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Aufgewühlt stehe ich auf und gehe erstmal ins Bad, dusche mich ab.
Versuche zur Normalität zurück zu kommen und die Schrecken des Traums hinter mir zu lassen. Mit tropfenden Haaren setze ich mich wieder ins Bett, denke nach.


Über Dario, über die Zeit, die wir zusammen hatten und die, die er jetzt schon weg ist...
3 Monate, eine gefühlte Ewigkeit... Es heißt, Zeit heile die Wunden, doch ich vermisste ihn mit jedem Tag mehr.
Kaum eine Nacht konnte ich noch durchschlafen, immer wurde ich von diesem Albtraum wach... Doch noch schlimmer als der Traum war die Erkenntnis, wenn ich aufwachte...
Dass er weg war, dass ich ihn nicht mehr finden würde, dass es endgültig zu spät war...


Ich hatte seinen Wunsch erfüllt. So gut es eben möglich war. Ich machte wieder regelmäßig Videos, hatte auf seinem Kanal ein letztes Abschiedsvideo hochgeladen.
Ab und an war ich auf dem TS, redete mit den anderen. Doch es war einfach anders als früher, alles fühlte sich leer an, sinnlos ohne ihn...
Ich gähne, lege mich wieder hin, decke mich zu. Verfalle wieder meiner dummen Angewohnheit, mit ihm zu sprechen.
„Hallo Dario", flüstere ich und lasse meinen Blick durchs Zimmer schwenken, stelle mir vor, er wäre hier irgendwo, würde mir zuhören, mich ansehen und mir zulächeln.


„Bitte sei mir nicht böse. Ich weiß, dass ich dir versprochen habe, stark zu sein...Erinnerst du dich noch an unser Gespräch damals, als du aufgeben wolltest?
Du hattest Angst, dass ohne dich einfach alles weiterlaufen würde...Doch so ist es nicht...Du fehlst so unglaublich, es ist, als würde ein Stück meines Herzens fehlen...
Ich soll mein Leben weiterleben, meintest du...Aber wie soll das gehen?!"
In mir zieht sich alles vor Schmerz zusammen und stumme Tränen rollen wieder über mein Gesicht, bis ich erschöpft einschlafe...


Wieder bin ich im Krankenhaus, wieder suche ich Dario...
Ich muss ihn doch finden, ich habe es ihm versprochen und die Zeit wird knapp...
Wieder laufe ich durch die Gänge, reiße jede Tür auf. Doch alle Räume sind verlassen.
„DARIO!", schreie ich, keine Antwort. Ich renne weiter, finde ihn nicht....


Doch plötzlich öffne ich eine Tür und da ist er. Er liegt in seinem Bett, ganz friedlich, als würde er schlafen...Langsam betrete ich den Raum, nähere mich ihm vorsichtig.
Mag meinen Augen nicht trauen.
„Dario?", flüstere ich, doch er antwortet nicht. Er ist ganz blass, fast weiß wirkt seine Haut. Und er atmet nicht... Bin ich zu spät...?! „Dario!"
Jetzt stehe ich neben ihm, berühre vorsichtig seine Hand, sie ist eiskalt... Ist er...?
„Ich bin tot, Manu. Du kannst nichts mehr tun...", höre ich eine Stimme hinter mir, schnell drehe ich mich um. Es ist Dario, und irgendwie doch nicht.
Es sieht aus wie ein Hologramm, unnatürlich hell und durchscheinend... Ich strecke meine Hand nach ihm aus und tatsächlich, ich kann ihn nicht berühren, fasse einfach durch ihn hindurch.


„D-dario? Was sagst du da? Du...kannst nicht tot sein...", stottere ich. Er lächelt leicht, während er auf seine sterblichen Überreste schaut.
„Manu... Es ist vorbei... Mein Leiden... Glaub mir bitte, ich bin jetzt glücklicher... Du musst es akzeptieren, sonst macht es dich kaputt".
„A-Aber ich... ich habe es dir versprochen! Ich besuche dich...v-vorher noch mal...", schluchze ich. Sanftmütig schüttelt er den Kopf.
„Vergiss das. Du konntest es nicht mehr schaffen, dich trifft keine Schuld..."


Langsam drehe ich mich von ihm weg, blicke wieder zu dem Bett. Werfe ihm einen fragenden Blick zu und er nickt leicht. Ich schaue wieder auf den Körper vor mir, dann umarme ich ihn, so gut es geht.
„Auf Wiedersehen, Dario", flüstere ich und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn.
Dann wende ich mich von ihm ab, das Zimmer ist leer, sein Hologramm weg.
Ich verlasse den Raum, ohne mich noch einmal umzudrehen, schließe die Tür hinter mir.
Als ich das Krankenhaus verlasse höre ein paar Worte wie Wind an mir vorbeiziehen.
„Auf Wiedersehen, Manu..."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 30, 2016 ⏰

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