Blood / Blut ( Kelay )

56 7 0
                                    

PoV Kedos

Endlich erlöste die Klingel mein trauriges vor sich hin vegetieren. Ich verstand Chemie einfach nicht, würde ich nie. Schnell warf ich meine Sachen achtlos in die Tasche, und verließ als erster den Raum.

Am liebsten wäre ich sofort zu Dario gegangen, doch leider musste ich vorher noch kurz etwas mit meinem Klassenlehrer besprechen. Ungeduldig stand ich vor dem Lehrerzimmer, wartete auf Herr Bergmann. Endlich kam er an mir vorbei, betrat den Raum.

"Herr Bergmann, sie wollten nochmal mit mir sprechen ?" Überrascht drehte er sich um.

"Oh Dominik, da bist du ja. Komm ruhig kurz rein." forderte er mich auf, und ich folgte ihm an einen Tisch, direkt am Fenster. Er bedeutet mir Platz zu nehmen, und setzte sich dann mir gegenüber.        Ich warf einen kurzen Blick aus dem Fenster, und mein Herz hüpfte schnell, als ich Dario unten auf dem Schulhof sah.

"Dominik ?" holte mich mein Gegenüber wieder aus dem Schwärmen. Schnell wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder ihm zu, behielt meinen Freund aber im Auge.

"Ich höre ihnen zu " erwiderte ich knapp.

"Gut.. Ich denke du weißt, warum ich mit dir sprechen möchte ?"

Ich seufzte. Ja, dass wusste ich.

"Wegen der Schlägerei gestern ?" vermutete ich genervt, und beobachtete aus dem Augenwinkel wie Dario sich mit seinem besten Freund Manu unterhielt. Er lachte, und mein Herz schlug schneller bei diesem Anblick. Ich liebte es ihn so glücklich zu sehen, wäre jetzt am liebsten sofort bei ihm gewesen.

"Ja, genau deswegen. Dominik, du musst unbedingt lernen, deine Wut besser unter Kontrolle zu bringen. Ich weiß dass du immer gute Gründe hast.." Er drehte seinen Kopf und schaute kurz aus dem Fenster zu meinem Freund, " aber Gewalt ist nunmal keine Lösung !"

Damit wandte er sich wieder zu mir.

"Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, und ich weiß dass eure Situation alles andere als einfach ist, aber wenn das so weitergeht, werden du und Dario die gemeinsamen Kurse wechseln müssen. Es geht nicht, dass jedes Mal der Unterricht dadurch gestört wird."

Fassungslos schaute ich ihn an. "Aber da können wir doch nichts für ! Dario wird ständig von den anderen provoziert, was sollen wir denn sonst machen ?"

Er warf mir einen traurigen Blick zu. "Ihr sollt Hilfe bei den Lehrern suchen."

Ich schnaubte nur abfällig.

"Und merkwürdigerweise kommt Dario in seiner Klasse auch sehr gut zurecht. Zumindestens hat er sich noch nie beschwert, und seine Lehrer haben auch nie etwas mitbekommen." Das wunderte mich nicht. Seine Mitschüler mobbten ihn auch nie offensichtlich, und wenn, dann in meiner Anwesenheit, um einen Ausraster meinerseits zu erreichen. Aber es war sinnlos, Herr Bergmann würde es sowieso nicht verstehen.

"In Ordnung, ich versuche mich zusammenzureißen. Darf ich jetzt gehen ?" Gerade hatte ich draußen etwas gesehen, was mich beunruhigte...

Die Jungs aus Darios Klasse hatten sich um ihn versammelt, und er wirkte nun wesentlich unglücklicher als noch vor wenigen Momenten. Ungeduldig stand ich auf, und sobald mein Lehrer "Ja " geantwortet hatte, hastete ich aus dem Raum, durch den Flur nach draußen.

"Na, wo ist dein toller Freund denn jetzt ?" hörte ich eine Stimme, und drängelte mich durch die Menge der Zuschauer.

"L-Lass mich los !" sagte Dario, und obwohl er selbstsicher klingen wollte, hörte ich wie seine Stimme zitterte.

Endlich war ich in der Mitte angekommen, und sah wie Manu von zwei Jungs festgehalten wurde, der Rest umkreist meinen Freund. Einer von ihnen hatte ihn an den Schultern gegen die Wand gepresst.

"Macht dich das an, du Schwuchtel ? Stehst du auf sowas ?" Sie lachten und begannen Dario rumzuschubsen.

"Lasst ihn sofort los !" befahl ich, warf meine Tasche auf den Boden, und zog die Jungs von ihm weg.

"Da ist ja seine Mama wieder. Gibst du ihm auch noch die Brust ?" lachte einer von ihnen.

Ich musterte ihn, er war mit mir in mehreren Kursen und wir hatten schon die ein oder andere Auseinandersetzung. Mir fielen Herr Bergmanns Worte ein, weswegen ich kurz tief durchatmete, Dario am Arm mitzog und meine Tasche aufhob, ohne auf seine Worte zu reagieren.

"Was ist los ? Hast du Angst ?" grinste er und lief hinter uns her.

"Ganz sicher nicht." erwiderte ich und schritt einfach weiter über den Schulhof. Das Pulk folgte uns. Plötzlich merkte ich einen Widerstand von Dario ausgehend. Irritiert drehte ich mich zu ihm um, und sah, dass mein selbsterklärter Erzfeind ihn an seinem anderen Arm festhielt.

"Lass...ihn..los" presste ich wütend hervor, doch er ließ sich von meinen Worten nicht beeindrucken. Kurz fixierte er mich, dann wandte er sich Dario zu und gab ihm eine Ohrfeige.

Sofort ließ ich alles fallen, hörte nur noch das Blut in meinen Ohren rauschen und warf mich ohne Zögern auf ihn. Immer wieder schlug ich zu, nahm nichts mehr um mich herum wahr, bis ich von ihm runtergezogen wurde.

"DOMINIK, was geht hier vor sich ?!" Es war Herr Bergmann, welcher mich nun mit hartem Griff festhielt. Ich schaute mich um, vor mir lag der Junge auf dem Boden. Er blutete, war bewusstlos.      Ein wenig abseits hockte Dario, schaute mich geschockt an, Tränen liefen über sein Gesicht.

Scheiße...

Herr Bergmann wies einen der Umstehenden an, einen Krankenwagen zu rufen, dann zog er mich weg vom Geschehen. Ich warf Dario einen letzten Blick zu, bevor ich ins Schulgebäude gezogen wurde.

Ich liebte ihn, so sehr. Und obwohl ich wusste, dass mein Verhalten ein Fehler gewesen war, bereute ich ihn nicht.

Für ihn würde ich es immer wieder machen...


Hundertzwanzig Mal...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt