Einsendung von @@Nebelgeborene - Dankeschön!
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Oma: „In Namibia hat es seit drei Jahren nicht mehr geregnet."
Ich: „Wir sollten einen Regentanz machen."
Oma: „Das machen die Einheimischen ja schon."
Ich: „Und die können das sicher besser als ich."
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Meine Oma legt auf, aber ihre Worte hallen noch in mir nach. Im Gegensatz zu den namibianischen Einheimischen habe ich nie gelernt, einen Regentanz durchzuführen. Ich glaube auch nicht daran. Aber bei manchen Übeln kann man eben nur auf ein Wunder hoffen. Denn ich kann das Wetter nicht verändern. Immerhin bin ich nur ein Mensch.
Aber was kann ich denn dann eigentlich tun?
Momentan wohl gar nichts, schließlich sitze ich nur auf meiner Fensterbank und starre nach draußen, den Telefonhörer noch in der Hand. So, wie ich hier sitze, bin ich nur ein atmendes Wesen hinter einer Glasscheibe.
Ich atme, aber mache mich das gleich zum Menschen? Macht mich das gleich menschlich? Ist es das, was Menschlichkeit ausmacht, mein Denken ausmacht – oder ist da noch etwas anderes?
Draußen auf der Straße sitzt ein Obdachloser. Ich kann ihm kein Dach über dem Kopf bieten, das müssen andere machen – aber ich kann ihm etwas zu Essen kaufen. Ich kann ihm Geld geben. Ich kann mehr tun, als ihn nur anzustarren und froh zu sein, dass ich nicht an seiner Stelle bin.
Ein Kind kommt die Straße hinauf, sitzt auf seinem Fahrrad. Dann fällt es hin, schlägt sich die Knie auf. Ich kann nicht dafür sorgen, dass es sofort nicht mehr wehtut oder aufhört zu bluten – aber ich kann ihm ein Pflaster darauf kleben. Ich kann mehr tun, als nur zuzusehen und zu denken, dass das eben zum Leben dazugehört.
Am Ende der Straße sind einige Flüchtlinge in einer Ferienwohnung untergekommen. Regelmäßig kommen Teenager und auch Erwachsene, besprühen die Wände oder beschimpfen die Einwohner. Ich kann nicht machen, dass all das auf einen Schlag aufhört – aber ich kann eingreifen. Ich kann mehr tun, als stumm zu beobachten und mich zu fragen, warum so etwas passiert.
Ich glaube, ich weiß, was Menschlichkeit ist. Atmen reicht nicht, um Mensch zu sein – um Mensch zu sein, muss ich hinter meiner Glaswand hervorkommen. Jetzt.
Ich bin kein Gott, aber Mensch sein kann reichen.
Entschlossen stehe ich auf und gehe vor die Tür, um das zu sein, was uns Menschen ausmachen sollte.
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Menschen.
Acak«Und am Ende sind wir alle nur noch eins: Menschen!» Eine Sammlung von Texten, die etwas bewirken sollen. © Die Urheberrechte liegen bei den unterschiedlichen Autoren.